Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
Limonen. Und …«
Nun war es di Nanini, der den Kopf schief hielt. In halbstrengem Ton fragte er:
»Und woher weißt du das alles, Sohn?«
Dieser lachte gut gelaunt auf.
»Eine Marketenderin hat es mir erzählt. Im Vertrauen. Ascanios Koch kauft bei ihr seine Gewürze.«
»Im Vertrauen.«
Der Principe blickte seinem Sohn fest in die Augen. Fabrizios Lächeln wurde unsicher.
»Was hast du ihr dafür gegeben, Sohn?«
Der junge Bursche errötete.
»Keinen einzigen Silberling, Vater.«
Fabrizio spürte den Blick des Fürsten immer noch auf sich ruhen und wand sich verlegen.
»Es war eine schöne Nacht, Herr.«
Di Nanini seufzte. Sein Sohn war kein Knabe mehr.
»Das glaube ich dir. Aber ein künftiger Principe von Siena fragt keine Marktfrauen aus. Und er legt sich auch nicht zu ihnen. Ich will so etwas nie wieder von dir hören, Sohn. Lieber verzichte ich auf Geschichten von gefüllten Kranichen. Und nun lass mich allein. Ich muss nachdenken.«
Aus dem Augenwinkel sah der Fürst, wie der junge Adelige betreten die Halle verließ. Fabrizio war nicht irgendein Sohn dieser Stadt. Es wurde Zeit, ihn auf seine Aufgaben als Fürst von Siena vorzubereiten. Bislang hatte er die Freiheit eines wilden Fohlens genossen. Nun war es angebracht, ihn an Zaumzeug und Sattel zu gewöhnen. Er nahm einen Schluck Wein, konnte sich an seinem Geschmack jedoch nicht erfreuen. Schal schien er ihm und gewöhnlich. Fabrizio sollte sich nicht in der Liebe zu einer Frau verlieren, zu keiner Frau, sollte nicht so leiden, wie er gelitten hatte. Er trank einen weiteren Schluck und nahm die Klappe ab, die sein entstelltes linkes Auge bedeckte. Es war wohl der Wille eines zürnenden Gottes, dachte er düster, ihn mit diesem Schmerz Tag um Tag an seine große Sünde zu erinnern, die zugleich das schönste Geschenk seines Lebens gewesen war, von seinem Sohn einmal abgesehen. Aber er würde nie verstehen, warum er überfallen worden war, die Schurken hatten nichts geraubt, allein sein Augenlicht hatten sie ihm genommen. Mit einer entschiedenen Bewegung legte er die Augenklappe wieder an, dann winkte er seinem Leibdiener.
»Sag meinem Sohn, ich möchte ihn sprechen. Und hol mir Massimo, den Koch.«
»Schweinenetz«, echote der Koch und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. Fabrizio nickte eifrig.
»Habt Ihr das Mahl auch gekostet, Herr?«
»Nein«, antwortete dieser wahrheitsgemäß, »aber ich habe Nobili aus Lucca gesprochen, und sie alle waren voll des Lobes. Mach mir die Freude, Koch. Mach deinem Herrn, dem Fürsten, eine Freude.«
Massimo lächelte schief. Zwischen seinen beiden oberen Schneidezähnen klaffte eine Lücke, die seinem Lachen immer etwas Jungenhaftes verlieh. Er war ein kleiner, flinker Mann mit kahlem Schädel und großen runden Augen, über denen sich die buschigen dunklen Augenbrauen jetzt kummervoll zusammenzogen. Er wusste, der Fürst und sein Sohn waren ihm wohlgesinnt, aber einen Fehler konnte er sich dennoch nicht erlauben. Seine Herrschaft zu enttäuschen hätte schlimme Folgen für ihn, dessen war er sich bewusst. Obwohl er sich langsam in sein Schicksal fügte, versuchte er zumindest, etwas Zeit zu gewinnen, und fragte mit harmlosem Augenaufschlag:
»Hat man Euch von den Kräutern erzählt, Herr? Waren sie frisch? Getrocknet? Geröstet? In Öl eingelegt? Ohne die richtige Kräutermischung ist das Ganze ein schwieriges Unterfangen.«
Er machte eine ausladende Handbewegung. Fabrizio trat einen Schritt vor und tippte dem Koch auf die Brust.
»Das weiß ich nicht, Koch, und du weißt, dass dem so ist. Und deshalb wirst du alle vier Varianten zubereiten. Dann wissen wir nach dem Mahl, welche Mischung die treffende ist.«
Während er das sagte, konnte er sich einen munteren Unterton nicht verkneifen. Er hatte streng klingen wollen, so wie sein Vater es von ihm erwartete, aber es fiel ihm schwer, mit Menschen, die er mochte, so umzugehen. Massimo war nur ein paar Jahre älter als er und in Kindertagen wie ein großer Bruder für ihn gewesen. Mit ihm war er durch die Pinienwälder gestreift, hatte sich ganz nah an Wildschweine herangepirscht oder Kaninchen gejagt und die Beute am Lagerfeuer gebraten. Von Massimo wusste er, seit wann sein Vater das linke Auge bedeckt hielt, und er konnte sich noch genau an die Nacht erinnern, als sie beide auf dem abgeernteten Feld hinter den Stallungen lagen und in einem wunderschönen Sternenhimmel die Gestirne suchten, die am hellsten strahlten. Auf diesen Sternen,
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