Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Bracht
Vom Netzwerk:
schenkte Gianni und sich ein. Als er seinen Becher hob und etwas sagen wollte, wehrte der Koch ab, ohne die Zwiebelstücke vor sich auf dem Tisch aus den Augen zu lassen. Rocco knurrte unwillig und nahm einen tiefen Zug.
    »Ich weiß, warum du hier bist, mein Junge«, begann Gianni das Gespräch, »und glaube mir, es freut mich, dass du mir beistehen willst. Aber es ist zu spät. Ich bin … alt.«
    Bei den letzten Worten hatten sich Tränen in seinen Augen gesammelt. Um Haltung zu bewahren, griff Gianni nach seinem Holzbecher und blickte hinein. Entsetzt sah Rocco, dass der alte Koch weinte. Natürlich stand es ihm als dem Jüngeren nicht zu, den Küchenmeister zu belehren, aber Rocco konnte es nicht ertragen, ihn so verzweifelt zu sehen.
    »Ich tue alles für dich, Gianni, das weißt du. Was ich kann, habe ich von dir gelernt. Von dir als Koch und von dir als Vater. So geht es doch nicht weiter! Sag mir, wie ich dir helfen kann, ich schwöre dir, ich werde es tun.«
    Feierlich hob Rocco seinen Becher. Gianni wischte sich die Augen und schaute seinen Ziehsohn scheu an. Dann glitt ein Lächeln über seine Züge. Energisch griff er nach dem Weinkrug, schenkte ihnen beiden nach und blickte Rocco offen ins Gesicht.
    »Du weißt, dass ich nur einen Wunsch habe, Rocco: Finde Bella und bring sie zurück, sonst werden wir alle nicht mehr lange leben!«
    Jetzt war es Rocco, dessen Augen feucht schimmerten. Ergriffen fiel er dem Koch um den Hals und drückte ihn an sich.
    »Das werde ich, Koch, das werde ich«, sagte er entschlossen und wollte gerade den Becher an die Lippen setzen, da wurde die Tür zur Küche aufgestoßen. Erschrocken drehten sich die beiden Männer um. Eine kleine, elegante Gestalt kam schnellen Schrittes auf sie zu. Es war Mahmut, der Leibdiener des Conte. Seine schwarzen Augen funkelten ähnlich wie die Ascanios, wenn er in Wut war. Und Mahmut war ein Mann, der schnell in Wut geriet. Aber heute war sein Blick sanft, fast flehend. Er faltete die Hände vor dem Wams und sagte leise:
    »Der Conte wünscht gezuckerte Früchte. Sofort.«
    Gianni und Rocco sahen einander an; ihrem Blick war ihre Ratlosigkeit anzumerken. Der alte Koch ergriff als Erster das Wort. Langsam erhob er sich und stand nun Bauch an Bauch mit Mahmut, dem dieser spätabendliche Besuch in der Küche offenbar alles andere als Freude bereitete. Er räusperte sich wieder und wieder und schaute zu Boden.
    »Ich bin zu alt für Scherze dieser Art«, erwiderte Gianni ruhig und ging zur Vorratskammer, wo er hinter einer kleinen Tür verschwand. Als er wieder hervorkam, hatte er einen Korb mit Pflaumen und Birnen dabei.
    »Schau genau hin, Mahmut, diese Früchte gibt es zurzeit. Die können wir zuckern, karamellisieren, in Sahne backen. Sua Nobiltà mag sich etwas aussuchen. Sag ihm das, in aller Demut. Und nun geh.«
    Ohne sich weiter um den Diener zu kümmern, setzte sich Gianni wieder zu Rocco an den Tisch.
    »Das wird dem Conte nicht gefallen«, gab Rocco zu bedenken. Der alte Koch nickte zustimmend und begann, eine Birne zu schälen.
    »Aber es ist Herbst, und etwas anderes wächst hier nicht. Und in Siena und Florenz auch nicht.«
    Rocco schwieg und nahm sich auch eine Frucht aus dem Korb. Bella hätte gewusst, was man aus alldem hätte zaubern können. Er schloss die Augen und stellte sich vor, sie säße bei ihm und sie würden sich die Ideen für Rezepte zuwerfen wie Kinder einen Ball. Bella … er vermisste sie unsäglich. Wieder flog die Tür auf.
    »Der Conte kann nicht schlafen. Er will keine Pflaumen, keine Birnen, er will sofort eine köstliche Speise mit exquisiten Früchten. Sofort!«
    Mahmut stand in der Türzarge und atmete laut; er war ganz außer Atem. Anscheinend hatte Ascanio ihn unter Flüchen zurück in die Küche gejagt. Gianni machte ihm ein Zeichen, sich zu ihnen an den Tisch zu setzen.
    »Trink einen Schluck mit uns, Muselmann, dein Gott wird es dir nicht übelnehmen.«
    Rocco war indes aufgesprungen und hatte einen Becher für den Araber geholt; wenn die Diener der Küche auch wenig Kontakt zu den anderen Bediensteten hatten, so war Ascanios Leibdiener hier immer gern gesehen. Er war trotz seiner gehobenen Position am Hof nicht eingebildet und verhielt sich den Küchendienern gegenüber immer höflich – es sei denn, er war in Wut, dann war mit ihm kein Wort zu reden. Mahmut nickte und ließ sich erschöpft auf einen Stuhl fallen. Er drehte den Becher in seinen Händen und sagte leise:
    »Lass dir etwas einfallen,

Weitere Kostenlose Bücher