Das Geheimnis der Haarnadel
Sie in den Dreck ziehen, was ihm gewiß nicht schwerfallen wird.<
Als er fort war, stürzten wir uns auf das Kärtchen, das er uns hingeworfen hatte. Es war eine gewöhnliche Visitenkarte, auf der der Name >Mr. William Crofts< geschrieben stand und eine respektable, gute Adresse in Mayfair. Ich wußte nicht woher, aber irgendwie kam mir der Name bekannt vor; doch beschlossen wir, ihn, nachdem er uns so sehr empfohlen worden war, als unseren nächsten Gast einzuladen.
Seine äußere Erscheinung versprach einiges. Er war gut und zurückhaltend gekleidet – eindeutig Saville Row. Doch das Gesicht und die Hände, die aus diesem dezenten Tuch hervorragten, waren wunderbar beunruhigend. Er war kräftig gebaut, zweifellos ein brutaler Mensch, doch die Augen, und er hatte große Augen, waren sehr wachsam – leblos und dabei doch außerordentlich aufmerksam. Auch der Mund hatte, obwohl er grob war, ein angenehm humorvolles Zucken. Keine Frage, er war ein gerissener Mensch, und hinter der Maske eines simplen Schlägers verbarg sich eine außerordentliche Arglist. Er war genau der Richtige für uns, und er schien gern bereit, uns zu unterhalten.
Er begann mit den üblichen Räuberpistolen, die er gutgelaunt und mit einem gewissen Geschick erzählte; als wir Beifall spendeten, fügte er einige farbigere Berichte hinzu. Dann, mit der Bemerkung, daß er es ja offensichtlich mit Erwachsenen zu tun habe, hob er an, uns aus der wirklichen Unterwelt zu erzählen. Während er seine Beispiele zu illustrieren begann, mußte ich wieder darüber nachdenken, daß er Crofts heißen sollte; ich glaubte es nicht so recht, doch gefiel mir dabei die ruhige Unverfrorenheit dieses Mannes. Auf den Titel eines Baronet hatte er verzichtet, denn das wäre wohl doch zu offensichtlich gewesen, aber ansonsten hatte er sich den Namen eines noch grimmigeren Partners der ansonsten grimmigsten Gestalt George Bernard Shaws ausgesucht, Mrs. Warren – oder vielleicht war es auch der Name, der sich ihn ausgesucht hatte. Er begann mit einer wunderbaren Mischung aus Sentiment, Geschäftssinn und Wollust von seinen >Hotels< zu erzählen. Und noch ehe wir wußten, wie uns geschah, bot er uns schon an, eines davon aufzusuchen.
>Wir müssen sorgfältig sein bei der Wahl unserer Kundschaft, sagte er und schwang dabei bedeutungsvoll seine Zigarre wie ein Buchmacher. Persönlicher Service, persönliche Empfehlung; alles überaus geschmackvoll – die Zimmer, die Küche, bis hin zu den Kleidern der Mädchen und ihrer Konversation; vollendete Gentlemen auf der einen Seite, und die andere hält vollendete Damen bereit. Das ist ein großes, aufwendiges Geschäft. Es gibt nichts, was zum Wohlergehen des einen und zum wohlverdienten Profit des anderen Partners beitragen könnte, woran unsere Firma nicht gedacht hätte.<
Halb waren wir noch begeistert von dem abscheulichen Heuchlertum dieses Mannes mit seinem Unterton von Verschlagenheit und Brutalität, allmählich aber machte sich die Empfindung breit, daß wir genug gehört hatten. Aber natürlich wagte keiner von uns, sein Hasenherz zu entblößen und sich damit dem Spott der anderen auszusetzen.
Schließlich bemerkte er, daß unsere Aufmerksamkeit nachließ und meinte mit einem Scherz, der uns beinahe in die Flanke gefahren wäre: >Na, vielleicht sind die Herren zu modern, um sich für die gewöhnliche, ehrliche Ware zu interessieren, mit der ich handle. Das hätte ich mir auch denken können – ich selbst bin ja nur einer von den einfachen Menschen, die am glücklichsten mit dem Leben eines englischen Landadligen wären, wenn nur die Steuerbehörden mich ließen daß Ihre Vorlieben doch allzu abwegig für meinen Geschmack sein würden<, und damit nahm er einen großen Schluck puren Whiskys. >Nun, da Sie Ihren eigenen Geschmack haben, was Süßigkeiten angeht, und dieser mit Sicherheit nicht der meinige ist und ich so etwas auch gewiß nicht zu bieten habe, werden Sie vielleicht eher an Investitionen und Profit interessiert sein. Man könnte eine ganze Menge verdienen, mit einem ziemlich geringen Einsätze.<
Er blickte in die Runde, um zu sehen, ob Habgier vielleicht Erfolg hatte, wo Lust, wie er befürchtete, versagt hatte. Ich glaube, einer von uns traf eine Verabredung mit ihm. Ich verspürte, dessen bin ich gewiß, nicht das geringste moralische Vorurteil gegen ihn, nur daß dieser Bursche einem ein wenig zu nahe kam und daß man, wenn man ihm jemals in die Finger geriete, wahrscheinlich von einem sehr
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