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Das Geheimnis der Krähentochter

Das Geheimnis der Krähentochter

Titel: Das Geheimnis der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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von der Tauber seinen Ring um Offenburg geschlossen. Dort wird
der Oberst uns von Nutzen sein.«
    Nachdenklich rieb Anselmo sich das Kinn. »Auf den Straßen herrscht
ebenfalls genügend Gefahr. Wir könnten auf Patrouillen beider Seiten treffen.«
    »Ihn hierzulassen«, schimpfte Balthasar, »das schmeckt mir
überhaupt nicht. Nur wenn wir ihn unter Kontrolle haben, kann er keinen Schaden
anrichten.«
    Anselmo blickte Bernina an. »Wie ist deine Meinung?«
    Sie sah zu Falkenberg, der ihren Blick spöttisch erwiderte. »Er
hat einen großen Anteil daran, dass wir alle in dieser Situation sind«, sagte
sie schließlich. »Vielleicht hilft er uns ja irgendwie dabei, diesen Ort wieder
zu verlassen. Freiwillig oder unfreiwillig.«
    Erst jetzt füllte die Stimme des Obersts den Raum, selbstbewusst,
gelassen, überheblich, wie Bernina sie früher oft gehört hatte. »Auf die
Gesellschaft einer so schönen Frau würde ich doch nie verzichten. Aber Hilfe,
meine liebste Bernina, die solltest du nicht von mir erwarten.«
    Sie verloren keine Zeit mehr. Balthasar
schwang sich eine Tasche mit Proviant über die Schulter. Der Arzt hatte nach
einem letzten Rundgang ein paar seiner Instrumente und Habseligkeiten in einer
weiteren Tasche verstaut, die über Balthasars andere Schulter gelegt wurde.
Poppel gefiel es ganz und gar nicht, verwundete Männer einfach so
zurückzulassen, das sah Bernina ihm an. Und dennoch war sie froh, dass er
diesen Entschluss getroffen hatte. »Andere Ärzte werden sich um die Soldaten
kümmern, Herr Poppel«, versuchte sie ihn darin noch etwas mehr zu bestärken.
»Sie haben schon so vielen Menschen geholfen.«
    Anselmo überlegte noch, ob er eine der Musketen mitnehmen sollte,
die Balthasar den gefangenen Soldaten abgenommen hatte. Doch dann entschied er
sich dagegen. »Ich will fliehen«, murmelte er leise. »Nicht jemanden töten.«
    Als sie den Turm verließen, dieses hohe Gebäude mit den
gespenstisch erleuchteten Fenstern, grub sich das erste, noch schwache Flackern
des kommenden Tages in die Dunkelheit der vergehenden Nacht.
    Anselmo ging voran, gestützt von Bernina, da er in den Tagen vor
seiner Verletzung die Straßen Offenburgs wenigstens ein bisschen kennengelernt
hatte. Jedenfalls besser als der dichtauf folgende Poppel, der gleich nach
seiner Ankunft in der Stadt damit beschäftigt gewesen war, den Turm in ein
Lazarett zu verwandeln. Gleich hinter ihm ging Oberst Jakob von Falkenberg,
wiegend, unbeteiligt sein Schritt, obwohl Balthasar nahe bei ihm war und die
Mündung einer Pistole ununterbrochen auf seinen Rücken richtete.
    Sie durchquerten die Stadt über schmale
Seitengassen, so wie Bernina auch zu dem Turm gelangt war. Noch war alles
ruhig, noch war die Gewalt nicht zurückgekehrt. Zerstörte Gebäude neben
Häusern, die noch völlig instand waren, eine Gasse, in der Tote lagen. Raben
hockten auf ihnen, pickten in ihre Körper. Die Luft stank nach Blut und
Verwesung, war verseucht vom Krieg.
    Bernina fühlte, wie unsicher Anselmo auf den Beinen war, dass
jeder Schritt eine Anstrengung für ihn bedeutete – aber auch die
Entschlossenheit nahm sie wahr, die er ausstrahlte. Und so sehr sie sich auf
ihn konzentrierte, der schwere rasselnde Atem des Arztes entging ihr dennoch
nicht.
    Gerade als die letzten Bauten am Ende der Stadt in Sicht kamen und
Bernina von einem Gefühl der Zuversicht erfasst wurde, wuchsen aus der
wabernden Dunkelheit plötzlich fremde Gestalten.
    »Halt! Stehen bleiben!«
    Sie hielten an.
    »Das sind kaiserliche Soldaten«, sagte Anselmo leise. »Nichts wie
weg!«
    Gleichzeitig liefen sie los. Schüsse bellten auf. Doch erneut
erwies sich Anselmo als sicherer Führer. Er rannte voran, von einer Gasse in
die nächste, schneller, als Bernina es ihm zugetraut hätte.
    Hinter ihnen erklangen die Schritte der Soldaten, die sofort die
Verfolgung aufgenommen hatten.
    Sie erreichten den Hinterhof eines flachen, verlassen daliegenden
Gebäudes. Anselmo machte sich an der Hintertür zu schaffen, und im Nu hatte er
sie aufbekommen.
    »Das ist ein Wirtshaus«, sagte er zu den anderen. »Der Besitzer
ist kurz vor Beginn der Schlacht aus Offenburg geflüchtet. Hier können wir uns
eine Weile verstecken. Die Soldaten werden jetzt jeden Stein in jeder Gasse hier
umdrehen.«
    »Versuchen wir es trotzdem noch einmal«, schlug Balthasar vor.
    Ganz in der Nähe erklangen Stimmen, die sich mit Rufen und Pfiffen
verständigten.
    »Da sind sie auch schon«, sagte Anselmo. »Rein

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