Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
das bloß?
»Das habe ich übrigens ernst gemeint«, sagte er. »Ich würde mich freuen, wenn wir zum Du übergehen könnten. Nach allem, was wir gestern Abend zusammen durchgemacht haben, wäre es doch albern, noch so förmlich miteinander umzugehen …«
Shelly zögerte, nickte aber schließlich. »Also schön, versuchen wir’s«, erwiderte sie. »Ich bin Shelly.«
»Freut mich«, erwiderte Josh. »Was meinst du, wollen wir ein Stück spazieren gehen?«, schlug er dann vor. »Die Nacht ist so schön …«
Dankbar ging Shelly auf seinen Vorschlag ein. Sie liefen eine Weile schweigend dicht nebeneinander, jedoch ohne sich zu berühren.
Shellys Herz klopfte aufgeregt. So schien es ihr immer zu ergehen, wenn sie in seiner Nähe war. Aber warum nur? Es passte überhaupt nicht zu ihr, sich von einem Mann, den sie kaum kannte, derart beeindrucken zu lassen. Sie warf einen unauffälligen Blick in seine Richtung. Er sah gut aus, keine Frage, aber davon ließ sie sich spätestens seit Adrian nicht mehr blenden. Warum gelang es ihm dann trotzdem so mühelos, sie aus dem Konzept zu bringen? Sie war froh, dass er im fahlen Schein des Mondes nicht sehen konnte, wie nervös sie war. Doch Josh verhielt sich ihr gegenüber wie ein perfekter Gentleman. Er erklärte ihr einige der Werkzeuge und Maschinen, die überall auf dem Grundstück herumstanden, und als er einmal dabei versehentlich ihren Arm streifte, zuckte sie wie automatisch zurück. Dabei trat sie auf einen Stein, rutschte ab und geriet ins Straucheln.
Josh reagierte blitzschnell: Er fing Shelly auf, ehe sie stürzen konnte, und hielt sie fest in seinen Armen. Er war ihr jetzt so nah, dass sie unwillkürlich seinen männlich-herben Duft einatmete: eine betörende Mischung aus frischem Schweiß und After Shave, die ihr fast die Sinne raubte.
Sein Blick hielt den ihren gefangen. Seine graublauen Augen schienen von innen heraus zu leuchten. Sicher handelte es sich dabei nur eine Auswirkung des Mondlichts, aber es war ungemein fesselnd. Wie ein Schwamm sog Shelly jedesDetail seines Gesichts in sich auf. Er besaß erstaunlich lange Wimpern, was seiner durch die gerade markante Nase und das kantige Kinn mit dem gepflegten Dreitagebart geprägten archaischen Männlichkeit etwas Sanftes verlieh.
Als seine Lippen sich auf die ihren senkten, erlag Shelly dem Rausch des Augenblicks. Sein Kuss war süß und aufregend, die Gefühle, die er in ihr auslöste, neu und zugleich ungemein vertraut. Die Geräusche der Nacht traten zurück, bis sie nur noch das Klopfen ihres eigenen Herzens hörte – und dann tauchte plötzlich Adrian vor ihrem geistigen Auge auf.
Abrupt löste sie sich von Josh und trat hastig ein, zwei Schritte zurück. Sie brauchte diesen räumlichen Abstand. Sie wusste nicht, ob sie dem Verlangen, das noch immer heftig durch ihre Adern pulsierte, sonst würde widerstehen können.
»Das … wir sollten das lieber nicht tun«, stieß sie heiser aus. Ihre Stimme klang selbst für ihre eigenen Ohren seltsam rau. »Es ist schon spät …«
Josh nickte knapp. »Du hast recht, ich werde jetzt lieber gehen. Ich … Gute Nacht.«
Er drehte sich um und ging, ohne sich noch einmal nach ihr umzusehen, zu seinem Wagen. Keine zwei Minuten später waren die Rücklichter des Jeeps in der Dunkelheit der Nacht verschwunden.
Shelly atmete tief durch, doch auch das half ihr nicht dabei, dem Aufruhr der Gefühle in ihrem Inneren zu bezähmen. Sie wusste, sie täte besser daran, diesen Mann nicht noch einmal so nahe an sich herankommen zu lassen.
Das Problem war nur, dass sie nicht wusste, ob sie diesen Vorsatz tatsächlich würde einhalten können.
Josh raste durch die Nacht. Der Fahrtwind zerzauste sein Haar und kühlte sein Gesicht. Leider half er ihm nicht dabei, das Feuer unter Kontrolle zu bringen, das Shellys Kuss in ihm entfacht hatte.
Von wegen Shellys Kuss – du hast sie geküsst, schon vergessen?
Ja, es stimmte, die Initiative war von ihm ausgegangen. Da war etwas an Shelly Makepeace, das ihn faszinierte. In ihrer Gegenwart kam es vor, dass er alles andere um sich herum vergaß. In solchen Momenten dachte er nicht mehr an seine großen Pläne und auch nicht an die Wasserstelle, deren Nutzungsmöglichkeit für Emerald Downs eine Frage der Existenz darstellte.
Und ganz gewiss nicht an Helen.
Reiß dich zusammen, Joshua! Das zwischen dir und Shelly kann einfach nicht funktionieren. Du solltest die Reißleine ziehen, ehe du dich zu sehr in diese unselige Sache
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