Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
Haar und einer randlosen Brille.
»Tut mir leid, junge Dame«, sagte er kopfschüttelnd, »aber das wird wohl nicht funktionieren. Wir zeigen jeden Ladendieb an, ganz gleich, welchen Wert der gestohlene Gegenstand hat. Und da du minderjährig bist, wird dem Polizeichef gar nichts anderes übrig bleiben, als deine Mutter zu informieren.«
Kim spürte, wie ihr die Tränen kamen. Wie hatte sie bloß so dumm sein können, sich auf diese Mutprobe einzulassen? Das hatte sie nun davon, dass sie unbedingt mit dem beliebtesten Mädchen der Schule befreundet sein wollte!
Sie konnte sich schon denken, wie ihre Mutter reagieren würde, wenn sie von dieser Aktion erfuhr. Es würde das zarte Gespinst des Vertrauens, das sich in letzter Zeit wieder zwischen ihnen entwickelt hatte, mit einem Schlag zerstören. Und das Schlimmste daran war, dass sie selbst die Schuld an dem Schlamassel trug. Sie konnte es ihrer Mutter nicht einmal verübeln, wenn sie wütend wurde. Außerdem hatte Shelly im Augenblick schon genug um die Ohren, auch ohne dass ihre Tochter ihr noch mehr Stress machte. Kim hätte sich selbst ohrfeigen können für ihre Dummheit. Aber jetzt war es zu spät – passiert war passiert.
Megan schien zu spüren, wie aufgewühlt sie war, denn sie griff unter dem Tisch hinweg nach ihrer Hand und drückte sie. »Ist das denn wirklich nötig, Mr Mulligan?«, fragte sie dann. »Kim wird so was bestimmt nie wieder tun, versprochen! Und es geht doch nur um ein Paar Ohrringe für fünf Dollar …«
Kim saß da und starrte einfach nur ins Leere. In ihremKopf herrschte ein heilloses Durcheinander, sie hatte das Gefühl, völlig die Kontrolle verloren zu haben. Am liebsten hätte sie losgeheult wie ein Schlosshund, doch sie war innerlich wie betäubt. Sie konnte nicht einmal etwas zu ihrer Verteidigung sagen – was auch?
Der Besitzer des Kaufhauses fuhr sich seufzend durchs Haar. »Bedaure, aber ich kann so ein Verhalten nicht tolerieren. Wenn ich einmal eine Ausnahme mache, dann kann ich meinen Laden auch gleich schließen. Ich …« Er hielt inne, als es an der Tür klopfte. »Ja bitte?«
»Walter? Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich?«
Als Kim eine bekannte Stimme hörte, drehte sie sich überrascht auf dem Stuhl herum. »Josh, was machst du denn hier?« Sie konnte sich zwar nicht erklären, wie er erfahren haben sollte, dass sie in Schwierigkeiten steckte, aber sie war auf jeden Fall froh, ihn zu sehen. Aufschluchzend sprang sie auf, lief auf ihn zu und flog in seine Arme. »Bitte, du musst mir helfen! Ich hab total Mist gebaut und …« Nun kamen ihr doch die Tränen.
Beruhigend tätschelte Josh ihr den Rücken. »Schhhhh … Nicht weinen, Kleines, wir bringen das schon wieder in Ordnung.«
»Wirklich?« Durch einen dichten Tränenschleier blickte sie zu ihm auf. »Versprichst du mir das?«
Er lächelte. »Lass mich nur machen …« Damit wandte er sich an den Besitzer des Kaufhauses. »Walter, ich würde gern kurz unter vier Augen mit Ihnen sprechen, wäre das möglich?«
»Aber sicher, Josh«, erwiderte er und stand auf. »Wollen wir rüber in mein Büro gehen?«
Die beiden Männer verschwanden im Nebenzimmer, und plötzlich war Kim noch aufgeregter als vorhin schon. Nervös lief sie im Raum auf und ab. Das Herz klopfte ihr bis zumHals, und immer wieder kaute sie unruhig auf ihren dunkellila lackierten Fingernägeln herum.
»Meinst du, Mr Wood kriegt es hin, dass du keinen Ärger bekommst?«, sprach Megan genau das aus, was auch Kim die ganze Zeit im Kopf herumging. »Mr Mulligan schien ziemlich sauer zu sein …«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Kim und fuhr sich mit einem leisen Aufstöhnen durchs Haar. »Ich weiß es wirklich nicht – aber wenn er es nicht schafft, bin ich voll geliefert!«
Knapp zehn Minuten und eine gefühlte Ewigkeit später öffnete sich die Tür, und Mr Mulligan und Josh kamen zurück. »Wir sind uns also einig?«, fragte Josh.
Mulligan seufzte. »Also schön, ich mache eine Ausnahme – aber nur dieses eine Mal, verstanden?«
Kim riss die Augen auf. »Bedeutet das, wir können gehen? Ich bekomme keinen Ärger?«
»Na los«, sagte der Kaufhausbesitzer. »Verschwindet schon. Aber dass mir so etwas nicht noch einmal vorkommt, hört ihr? Meine Angestellten bekommen die Anweisung, euch und eure Freunde im Auge zu behalten.«
Die Erleichterung war so groß, das Kim schon wieder die Tränen kamen. Hastig wischte sie sich mit dem Handrücken über die Augen. »Danke«, stieß
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