Das Geheimnis der Perle
wissen musste. Sie konnte nur hoffen, dass Alicia sich nicht verweigern würde. „Könntest du mir bitte Simons Adresse geben, Alicia? Wenn du willst, sage ich ihm auch nicht, woher ich sie habe.“
„Werden die Bullen dann auch mit ihm sprechen?“
„Nur wir beide. Das verspreche ich.“
Alicia dachte einen Moment nach, ehe sie die Schultern zuckte. „Na schön. Aber sagen Sie Matthew nichts davon. Ich mag ihn nämlich. Und ich will nicht, dass er sauer auf mich ist.“
„Die zukünftige Mrs Matthew Llewellyn?“ Cullen hielt Liana die Tür auf. Er würde sich durch den Verkehr von San Francisco kämpfen, weil Liana inzwischen auch vor dem Autofahren Angst hatte.
Sie schnallte sich an. „Sie ist ein nettes Mädchen, aber sie sollte auf das Piercing verzichten.“
Cullen schlüpfte schnell auf den Fahrersitz und ließ denMotor an. „Alles in Ordnung mit dir?“
„Mir geht’s gut.“ Liana hielt sich besser, als sie erwartet hatte.
Er warf ihr das gleiche Lächeln zu, mit dem er Alicia bedacht hatte. Zu viele Jahre hatte Cullen sie mit seinem Lächeln betört. Und als er sie am vergangenen Abend geküsst hatte, hatte sie gespürt, wie wenig sich daran geändert hatte.
Liana erklärte Cullen den Weg in die Green Street in Russian Hill; dort wohnte Simon laut Alicia.
„Ich wünschte, wir hätten noch einmal mit Tante Mei sprechen können.“ Morgens hatte Liana zweimal bei ihrer Tante angerufen. Betty hatte ihr beide Male erklärt, ihre Tante würde sich nicht wohlfühlen und brauche Ruhe. Liana hatte ihr Fragen zu ihrer Geschichte stellen wollen und zu deren Bedeutung für Matthew. Aber offenbar hatte Mei alles gesagt, was sie hatte preisgeben wollen.
„Hat Matthew dir gegenüber nie den Namen Simon erwähnt?“, fragte Cullen, als sie Richtung Osten fuhren.
„Alicia schon, aber Simon, nein.“ Auch wenn er in halsbrecherischem Tempo fuhr, fühlte sie sich sicher. „Und dir gegenüber? Hat er da mal von Simon gesprochen?“
„Nein.“
„Graham meint, dass ich ihn wie ein kleines Kind behandele. Vielleicht hilft Simon ihm dabei, sich von mir zu lösen. Vielleicht fühlt er sich erwachsener, wenn ich nichts von diesem Freund weiß.“
„Oder er wusste, dass du ihn nicht schätzen würdest.“
„Ich habe seine Freunde nie abgelehnt, Cullen.“
„Das glaube ich dir. Aber vielleicht hat er dir auch nie jemanden wie Simon vorgestellt.“
„Vermutlich, aber er zieht die verrückten Typen an. Das hat er von dir. Fremde gibt es nicht für ihn. Er versteht sich mit allen.“
„So siehst du mich also?“
„Ich habe dich immer darum beneidet und wollte auch so sein. Aber ich hatte Angst, den falschen Leuten zu vertrauen.“
„Und das hast du auch. Du hast mir vertraut.“ Cullen verfiel in Schweigen. „Was hast du gewollt, als du mich geheiratet hast, Lee?“, fragte er schließlich.
Sie dachte eine Weile nach. „Einen starken Mann. Jemand, auf den ich zählen kann. Mit dem ich leben kann.“
„Diesen Mann hat es gegeben, aber ich hatte ihn so tief vergraben, dass ich Jahre brauchte, um ihn zu finden.“
Sie konnte ihm nicht widersprechen, ohne einen neuen Streit heraufzubeschwören. Dass sie überhaupt über ihre Beziehung sprachen, zeigte schon, wie sehr Cullen sich tatsächlich geändert hatte.
„Was wolltest du, als du mich geheiratet hast?“, fragte sie ihn ebenfalls.
„Einen Freigeist. Jemanden, der keine Anforderungen stellt. Eine Frau mit Selbstbewusstsein, die nichts verlangen würde, was ich nicht zu geben bereit war.“
Ihre Brust zog sich schmerzhaft zusammen.
„Du bist diese Frau, Lee. Du bist mir in die Wildnis von Australien gefolgt. Du hast aus nichts alles gemacht.“
„Ich habe Todesängste ausgestanden.“
„Aber du hast es trotzdem versucht.“
„Weil ich glaubte, wir würden uns zusammen etwas aufbauen.“
„Und das hat mich zu Tode geängstigt.“
„Dann war von Anfang an der Wurm drin.“ „Vielleicht. Hätten wir die Vergangenheit vergessen, hätten wir vielleicht den Mut gehabt, zu uns selbst zu stehen. So hätten wir es vielleicht schaffen können.“
„Mut? Davon ist bei mir nicht mehr viel übrig geblieben.“ „Aber du machst weiter. Du gibst nicht auf. Ich nenne so etwas Mut, Lee.“
Tränen stiegen in ihr auf. Sie war es nicht gewohnt, für ihre größte Schwäche Lob zu erhalten.
Er nahm den Blick nicht von der Straße, aber er streckte die Hand aus und legte sie auf ihre.
Simon Van Valkenburg lebte im Erdgeschoss eines
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