Das Geheimnis der Puppe
quälte ich mich von Seite zu Seite. Ende Februar rief Wolfgang mich noch spätabends an, um von einem Gespräch mit einem Filmproduzenten zu schwärmen. Der hatte ein reges Interesse am Haus auf dem Hügel gezeigt. Bis dahin waren zwei von meinen Taschenbüchern verfilmt worden. Videoproduktionen, bei denen man mehr Wert auf die schockierenden Elemente als auf den Inhalt selbst gelegt hatte. Bei diesem dritten Angebot ging es um einen Kinofilm. Es war noch eine sehr diffuse Angelegenheit. Aber Wolfgang war seiner Sache sicher und vertrat die Ansicht, diesmal solle ich das Drehbuch selbst schreiben.
»Du weißt schließlich am besten, worauf es ankommt«, sagte er. Wolfgang klammerte sich an das kleine Wörtchen sanft vor dem Grauen.
»Bei dem Stoff müssen wir vorsichtig sei.«, meinte er. Nur zur Probe und zum Beweis meiner Fähigkeiten, sollte ich drei oder vier Szenen schreiben, vorher natürlich ein umfassendes Exposé. Es war eine große Umstellung. Mit Phantasie allein war es nicht abgetan. Ich gab mir wirklich Mühe, aber ich schaffte es einfach nicht, das Haus aufs Papier zu bringen. Ich brauchte eine konkrete Vorlage, die Kulisse sozusagen. Glücklicherweise hatte ich das Haus im Roman nicht allzu exakt beschrieben. Unheimlich, drohend, düster, so etwas mußte sich finden lassen. Auch Wolfgang war der Meinung, es könnte für die weiteren Verhandlungen vielleicht von Vorteil sein, wenn wir das entsprechende Haus gleich mit dem Entwurf der ersten Szenen präsentieren könnten. Und so fuhren wir Sonntag für Sonntag hinaus auf die Dörfer. Während Danny einen gemütlichen Nachmittag mal bei diesen, mal bei jenen Großeltern verbrachte, schauten Laura und ich uns verlassene Gehöfte an, schlichen um halbverfallene Fachwerkhäuser. Ein passendes Filmmotiv fanden wir nicht. Aber Laura kam auf den Geschmack.
»Wir sollten raus aus der Stadt, Tom, was meinst du? Alleine schon wegen der Kinder. Ein Häuschen im Grünen, ein kleiner Garten. Wir können es uns doch jetzt leisten. Und wir beide hätten auch mehr Platz.«
Wenn Laura sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ist sie unerbittlich. Sie schreckt nicht einmal davor zurück, mich nachts aus dem Schlaf zu reißen.
»Du kannst sagen, was du willst, Tom, aber du brauchst unbedingt wieder ein Arbeitszimmer. Wenn erst zwei kleine Kinder um dich herumtoben, dann möchte ich aber erleben, wie du noch einen vernünftigen Satz zu Papier bringst. Und jetzt komm endlich ins Bett, sonst tut dir morgen der Rücken weh. Ich habe dir doch gleich gesagt, du kannst nicht die ganze Nacht durcharbeiten.«
Es sprach vieles dafür, mehr Platz, mehr Ruhe, ein kleiner Garten, in dem Danny auch einmal ohne Aufsicht herumtoben konnte, in dem ich vielleicht auf genau auf die Einfälle kam, die ich im Wohnzimmer vermißte. Aber es sprach auch einiges dagegen. Nach der Geburt des zweiten Kindes wollte Laura eine berufliche Pause einlegen. Die Vorstellung, daß dann alles von mir abhing, bereitete mir Alpträume. Laura lachte mich aus, verwies auf Kontoauszüge, Depotscheine, rechnete mir vor, wie reich wir bereits waren und wie sich unser Reichtum noch vermehren würde. Sicher, zur Zeit flossen die Einkünfte in relativ großen Summen. Wir hatten tatsächlich ein kleines Vermögen angehäuft. Aber das brauchte ich auch, es hielt mir den Rücken frei. Ich sprach mit Wolfgang darüber, der war ganz und gar der gleichen Meinung wie Laura.
»Was willst du denn noch, Tom? Es läuft doch. Du bist jetzt schon gut im Geschäft. Wenn das Haus auf dem Hügel ins Kino kommt, brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen.«
Dann empfahl er mir ein Maklerbüro. Das Angebot dort entsprach nicht ganz unseren Vorstellungen. Wenn schon, denn schon. Wir hatten uns eines dieser kleinen Dörfer in den Kopf gesetzt. Laura wegen der vermeintlichen Freiheit, ich wegen der Preise und natürlich wegen der Ruhe. Man war fair, verwies uns an einen Makler in Bedburg. So kamen wir zu Dressler. Ein Mann in den Fünfzigern, mit dem Rest eines Haarkranzes um den blanken, braungebrannten Schädel. Sein Büro betrieb er zusammen mit seiner Frau. Bis auf das bei ihm fehlende Haar waren sich beide so ähnlich, daß sie Geschwister hätten sein können. Mir waren bereits leise Zweifel gekommen, auch auf dem Land war es nicht eben billig. Und als Limit hatte ich Laura dreihunderttausend gesetzt. Die eine Hälfte als Eigenkapital, die andere als Hypothek, das traute ich mir noch zu, mehr auf keinen Fall. Mir saß eben
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