Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
staubigen, steinigen Landstraße, die alsbald anstieg und sich serpentinenreich dem Berg Filerimos entgegenschlängelte. Dabei war die Straße von mächtigen Pinien und Zypressen gesäumt, die den Männern ein wenig Schatten spendeten. Keiner der Männer sagte etwas, nur Vogelgezwitscher und das Zirpen der Zikaden waren zu hören. An manchen Stellen war es so heiß, dass die Luft flimmerte und wie eine milchig wabernde Masse erschien. Der Duft von Thymian, Rosmarin, Minze und vielen anderen Kräutern, die am Wegrand wuchsen, lenkte Matthias ein wenig ab. Je mehr sie sich dem Plateau näherten, kamen sie vorbei an den Überresten antiker Bauten, die einst die Insel beherrschten. Schließlich gaben Zypressen und Pinien den Blick frei auf ein Kloster und die Kirche. Deutlich sichtbar hob sich von der Kirche das Relief des Johanniterkreuzes ab. Stellenweise waren noch die Reste einer Festungsmauer zu sehen und der Platz vor der Kirche war übersät mit antiken Säulenstümpfen und Bruchstücken antiker Statuen. Die Männer blieben stehen.
»Maurus, erkläre ihnen bitte mit Dimitris Hilfe, dass wir ausschwärmen und das Kloster langsam einkreisen werden. Sollten der Pater und dieser abtrünnige Jesuit noch hier sein, will ich nicht, dass sie uns entwischen.«
Auf ein Handzeichen Matthias’ schwärmten Nuris Mannen aus, um sich im Kreis, immer enger werdend, der Klosteranlage und der Kirche zu nähern. Doch nichts und niemand war zu sehen. Schließlich hatten sie das Kloster erreicht.
Dimitri erklärte ihnen, dass in dem Kloster zurzeit noch zwei oder drei Mönche leben. Genau wusste er es nicht. Die übrigen sind von den Türken vertrieben worden, hatten ihr Heil auf anderen Inseln gesucht.
»Durchsucht das Kloster, durchsucht die Kirche, durchsucht jeden Raum!«, befahl Matthias.
Doch wieder nichts!
»Langsam glaube ich, dass sie gar nicht hier sind«, zweifelte Matthias an ihrer Mission.
»Die Männer haben noch nicht alles durchsucht. Vielleicht finden wir sie ja noch«, glaubte Maurus, der Matthias Mut machen wollte.
»Efendi, Efendi – Herr! Herr!«, schallte es plötzlich über den Platz vor dem Kloster und einer von Nuris Männern kam angerannt. Aufgeregt teilte er Dimitri etwas mit, der es wiederum Maurus erklärte.
»Sie haben einen Toten gefunden, sagt der Mann.«
Sie folgten dem Mann nach links über das Gelände ein Stück den Hang hinunter. Dort fanden sie zu ihrer großen Überraschung eine Höhlenkirche vor, deren Wände mit Fresken geschmückt waren, die Szenen aus dem Leben Christi zeigten. Auf dem Boden vor einem kleinen Altar lag der tote Pater Theophil. Sein Hals wies merkwürdige Würgemale auf.
»Oudenaarde hat den armen Teufel stranguliert. So wie es aussieht mit einer Kette.«
»Nein!«, sprach Maurus entschieden dazwischen und Bitterkeit lag in seiner Stimme.
»Es war ein Rosenkranz, den er als Mordwerkzeug benutzt hat. In Villers hat er mehrere Mönche auf die gleiche Weise getötet. Romary, ich meine Marinus, hat es ebenfalls gesehen.«
»Es dürfte zwecklos sein, diesen falschen Jesuiten weiter zu suchen. Wir wissen ja, wo er hin will, sein Ziel dürfte Patmos sein. Lasst uns umkehren, dann sind wir gegen Abend zurück in der Stadt. Maurus, Dimitri soll Nuri fragen, ob die Dau bereit ist zum Auslaufen.«
Nuri nickte Matthias zu.
»Was machen wir mit dem toten Pater? Wir können ihn ja schlecht mitnehmen«, gab Maurus zu bedenken. Doch noch ehe Matthias etwas dazu sagen konnte, hörten sie draußen einen Mann rufen. Als sie vor die Felsenkirche traten, sahen sie einen orthodoxen Mönch mit langem weißem Bart und seinem schwarzen Ornat. Maurus bat ihn, näher zu kommen. Der Mann schlotterte am ganzen Leib, war blass und schien entsetzliche Angst zu haben. Nur mühsam gelang es Maurus, ihn zu befragen.
»Der alte Mann sagt, er habe den Teufel gesehen. Er habe mit dem Toten gerungen und ihm schließlich etwas entrissen. Was es war, konnte er nicht sehen. Dann sei er in Richtung Lalyssos geflohen.«
»Frag Dimitri, ob es dort einen Hafen gibt.«
Der Grieche bejahte.
»Dann wird er versuchen, dort ein Schiff zu bekommen. Bitte den Alten, den Toten beizusetzen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Kapitel 43
Patmos, Das verbotene Evangelium
Die Sonne versteckte sich noch hinter dem Horizont, der aber schon von einem gelben Band überspannt war, als die Dau den Hafenort Skala ansteuerte, der in einer langgestreckten felsigen Bucht lag. Manche der Häuser direkt am Hafen
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