Das Geheimnis der schönen Catherine
drinnen so einen Schreck eingejagt hat.« Sie sah zu ihm auf. »Woher weißt du …?«
»Sei nicht albern. Ich habe ein Auge auf dich«, erwiderte er schlicht. »Die beiden Bilder sahen nicht besonders ungewöhnlich aus, aber irgendetwas an ihnen hat dir die Fassung geraubt.« Er sah sie erwartungsvoll an. Ihre blauen Augen blickten betrübt und verwirrt. »Ja«, entgegnete sie schließlich. Schon bald hatten sie einen kleinen, kreisrunden Kräutergarten erreicht, der von roten Backsteinmauern umgeben war. In der Mitte des kreisförmigen Gartens stand eine Bank.
Widerstrebend setzte er seine kostbare Last darauf ab. Einen Moment saßen sie schweigend nebeneinander. Hugo hielt Catherines Hand, um den Kontakt zu ihr nicht ganz zu verlieren. Es schien ihr nichts auszumachen, sie umklammerte sie sogar und lehnte den Kopf an seine Schulter.
Gedankenverloren starrte sie in den Himmel. Sie sah verwirrt und unglücklich aus. Völlig verstört. Die Stille des Kräutergartens umgab sie. Viele der Kräuter blühten gerade, und Bienen summten von Blüte zu Blüte. In der Ferne zwitscherten Vögel. Die Sonne heizte die Steine ringsum auf, und eine sanfte Brise spielte mit Catherines dunklen Locken. Er wartete darauf, dass sie ihm erzählte, was sie so durcheinander gebracht hatte. Und gleichzeitig wünschte er sich, dass dieser Moment der Stille niemals enden würde. Sanft streichelte er ihre Hand. »Ich habe meinen Vater auf den Bildern erkannt«, sagte sie schließlich. Er wartete auf eine Erklärung, doch sie sagte nichts weiter. Kleine Schmetterlinge flogen zu den Blumen, die aus der Ziegelmauer wuchsen. »Ja und?« fragte er.
»Wirklich – es war Papa. Ich bin mir ganz sicher.«
»Hmm.« Hugo war verwirrt. »Du meinst auf den Bildern von Reynolds?« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, wer die Bilder gemalt hat, aber mein Vater war darauf zu sehen.« Sie wandte Hugo das Gesicht zu, und er war überrascht über den Kummer, der in ihrem Blick lag. Sie klammerte sich noch immer fest an seine Hand und gab sie nicht frei. Ihm wurde bewusst, dass sie es gar nicht merkte. Selbst wenn er ihr Gesicht nicht gesehen hätte, hätte er an ihrer ruhelosen Hand gespürt, wie aufgewühlt sie war. »Papa!« wiederholte sie, als überstiege das ihren Verstand. »Ja, aber wen hast du denn erwartet?« Hugo war verblüfft. »Ich weiß nicht – irgendjemanden. Roses Bruder eben.«
»Aber …« Er brach ab. »Du meinst«, meinte er langsam, »du dachtest, Roses lang verloren geglaubter Bruder wäre jemand anders als dein Vater?« Sie nickte.
Tränen glitzerten in ihren Augen. »Du wusstest nicht, dass Rose deine Tante ist?« Sie schüttelte traurig ihren Kopf. »Keine richtige Tante, dachte ich.« Sie lehnte sich an ihn. »Oh Gott, was habe ich getan? Warum hat er mir das nicht gesagt?«
»Dein Vater?« Sie nickte wieder. »Mein Leben lang gab es nur Vater und mich. Später, als ich dreizehn war, kam Maggie, meine Kammerzofe, zu uns.« Er runzelte die Stirn und wollte etwas fragen, doch er besann sich anders. Da schien es irgendein Geheimnis zu geben. Aber jetzt war nicht die richtige Zeit, um Fragen zu stellen. »Papa sagte immer, dass ich außer ihm keine Verwandten hätte.«
»Aber du hast dich Rose als ihre Nichte vorgestellt.«
»Ich dachte …« Sie errötete leicht. »Er hat sie als Tante bezeichnet, aber …«, sie sah ihn nicht an, »… es gab viele Frauen, die ich Tante nennen musste. Sie kamen und gingen, solange ich mich erinnern kann.« Sie schauderte.
»Von einer Rose hatte ich nie gehört. Ich dachte … ich dachte …« Ihre Hand verkrampfte sich. Hugo legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an sich. »Ich verstehe.« Ärgerlich entzog sie sich ihm.
»Nein! Du verstehst gar nichts! Du weißt nichts! Du weißt nicht, was ich getan habe!« Bitterkeit lag in ihrer Stimme. »Ich verstehe mehr, als du glaubst«, versicherte er ihr. Sie blickte ihn trotzig an. Er begann, ihr mit leiser Stimme zu erzählen, was er über sie wusste, seit er Nachforschungen über ihre Herkunft angestellt hatte. Catherine stöhnte, ließ die Schultern sinken und legte die Hände vors Gesicht. »Du hast herausgefunden, dass ich keine Erbin bin?« Er schüttelte den Kopf. »Nein. Aber es gab auch keinen Beweis dafür, dass du eine Erbin bist, und es ist sehr schwer, deine Spuren zu verfolgen. Aber ich wusste es trotzdem.« Plötzlich richtete Catherine sich auf und sagte langsam: »Ich dachte, es wäre nur wieder einer seiner
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