Das Geheimnis der schönen Catherine
von Anfang an Tante Rose genannt?«
»Es ist aber so«, sagte Maggie grimmig, »dass Miss Catherine bis vor kurzem überhaupt nicht wusste, wer sie ist. Das Leben, das sie mit dem sauberen Gentleman – Ihrem Bruder, Madam – führte, bestand aus lauter Rollenwechseln. Miss Catherine wusste nicht, dass sie wirklich eine Singleton ist. Sie hat so viele falsche Namen getragen und ist in so viele Rollen geschlüpft, dass ich ehrlich gestaunt habe, wie sie sich das alles überhaupt merken konnte.« Maggie sah verzweifelt aus.
»Ihr Vater hat Miss Catherine angelogen, Madam, er hat sie die ganze Zeit angelogen. Von seinem Sterbebett aus hat er sie dann noch nach London geschickt, mit einem gefährlichen Auftrag, nachdem er ihr seine Version der Wahrheit erzählt hat – die, wie sich hier dann herausgestellt hat, ein einziges Lügenmärchen war. Sehen Sie, Miss Catherine dachte, Sie wären eine alte, äh, Freundin ihres Vaters.« Hugo zog die Augenbrauen hoch. Er hatte die kleine Pause vor dem Wort Freundin durchaus bemerkt. Was für ein Leben Catherine geführt haben musste, wenn ihr eine Mätresse glaubhafter erschien als eine Tante. »Aber …«
»Und es war auch nicht gerade hilfreich, dass Sie nie über Mr. Singleton gesprochen haben, Miss Rose. Jetzt, wo Mr. Cranmore zurückgekommen ist, verstehe ich natürlich, warum …« Maggie sah ein bisschen verlegen aus, als Miss Rose die Röte in die Wangen stieg. »Es tut mir Leid, Madam, aber Dienstboten klatschen eben. Und ich mache Ihnen auch gar keine Vorwürfe, dass Sie über die ganze Geschichte nicht reden wollten. Aber vielleicht können Sie jetzt verstehen, wie Miss Catherine auf die Idee kam, dass Sie gar nicht miteinander verwandt sind … dass auch Sie nur eine Rolle spielen – Miss Catherines sauberem Herrn Papa zuliebe.« Verstört biss Rose sich auf die Lippen. »Oh ja, das kann ich schon verstehen. Du meine Güte, ach, du meine Güte, was für ein furchtbares Durcheinander das alles ist.« Sie seufzte. »Mein Bruder hat schon immer eine Spur der Verwüstung hinter sich zurückgelassen.« Hugo unterbrach sie. »Nun, es gibt keinen Grund, warum das so bleiben sollte. Wir holen sie zurück, Miss Rose, machen Sie sich keine Sorgen. Maggie, wollen Sie mich begleiten? Wir versuchen es zuerst in London.« Maggie sah ihn einen Augenblick scharf an, als wollte sie seine Beweggründe einschätzen. »Sie versuchen nicht zufällig, Miss Catherine an den Galgen zu bringen, oder?«
»Was?« rief Rose entsetzt aus. »Sir William wird Ihnen alles erklären, Miss Rose.« Hugo sah Maggie ruhig an. »Und niemand wird versuchen, Miss Catherine an den Galgen zu bringen, Maggie. Das verspreche ich Ihnen. Und auch ich pflege meine Versprechen zu halten.« Maggie lächelte plötzlich und sprang mit neuem Elan auf die Beine. »Dann komme ich mit Ihnen, Sir, und zwar sehr gerne.« Während sie in der Kutsche nach London ratterten, erzählte Maggie Mr. Devenish alles über Catherine, was er in ihren Augen wissen musste. »Ihr Vater war ein Schuft durch und durch, aber er war charmant, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Sie schnaubte verächtlich. »Nicht dass ich seinem Charme jemals verfallen wäre, aber einer Menge Leute ging das so – Männern wie Frauen. Und Miss Catherine, nun, was ihn betraf, war sie einfach blind. Sie liebte ihn trotz allem, was er tat. Das ist ihre große Schwäche – für jemanden, den sie liebt, würde sie alles tun.«
Maggie warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. »Da müssen Sie aufpassen.« Hugo starrte geradeaus. Er wollte sich nicht zu sehr an die Vorstellung gewöhnen, dass Catherine ihn möglicherweise liebte. Er würde es nicht ertragen können, wenn er sich doch täuschte. »Miss Catherine hat ein weiches Herz und mehr Mut, als für eine Frau gut ist. Die Leute, denen sie am Herzen liegt, müssten sie hin und wieder vor sich selbst beschützen. Mr. Singleton wusste ganz genau, wie er sie zu nehmen hatte und wie er sie an ihrem schwächsten Punkt treffen konnte. Und er hatte keinerlei Skrupel, sie für seine Zwecke auszunutzen.« Hugo warf ihr einen schnellen Blick zu, den Maggie richtig interpretierte. »Nein, das dann doch nicht, Sir. Wenigstens das hat er ihr erspart, auch wenn er sie einmal fast an einen indischen Prinzen verkauft hätte. Aber Miss Catherine rannte weg und versteckte sich, weswegen dann nichts aus der Sache wurde.« Sie fügte hinzu: »Aber das war vor meiner Zeit. Und ich weiß nicht, ob ihr Vater sie wirklich
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