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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Aussätzigen in Frankfurt die Almosen einsammelte. Wie es ihre Christenpflicht war, hatte ihm Katharina schon häufig etwas gegeben, wenn er mit seiner Schelle auf der Gasse unterwegs war. Doch sie mochte den vierschrötigen Kerl nicht sonderlich. Er hatte so etwas Verschlagenes und galt ebenfalls als Trunkenbold.
    Na, das ist mir ja eine feine Gesellschaft , mokierte sie sich im Stillen und kaschierte ihr spontanes Grinsen durch Gähnen.
    In diesem Augenblick ergriff Leonhard Stefenelli das Wort: »Das, meine lieben Brüder und Schwestern des Todes, ist die Totenmagd Katharina Bacher. Da sie durch Beruf und Herkunft dem Königreich des Todes nahesteht, soll sie die Weihen der Bruderschaft empfangen. Lasst sie uns willkommen heißen: In morte sumus! «, rief er so laut, dass es durch das ganze Gewölbe hallte.
    »Sumus in morte!« , dröhnte es gravitätisch aus fünf Kehlen zurück.
    »Im Tode sind wir. – Erst wenn wir die Fesseln der Vergänglichkeit abgelegt haben, kommt der wahre Mensch zum Vorschein. Dir, liebe Schwester, die dem Tode zwar nahe, aber von der großen Erleuchtung noch nicht durchdrungen ist, will ich die Geheimnisse seines Königreiches nahebringen. Denn König Tod hat mich damals, als ich an der Pest erkrankte, überleben lassen, damit ich euch lehren kann. Nur deswegen trage ich noch mein irdisches Gewand, ich bin nichts anderes als sein ergebener Diener. – Lasset uns nun derer gedenken, denen die große Ehre zuteil wurde, von der Knechtschaft des Lebens für immer erlöst zu sein. Sie werden auf der anderen Seite auf uns warten und uns alle dereinst in die ewige Glückseligkeit geleiten«, skandierte der Meister feierlich und legte eine kurze, besinnliche Pause ein, ehe er weitersprach: »Unser Bruder Anselmus Stefenelli, mein Ziehvater, treuer Verbündeter und Mentor, du warst der Erste der Bruderschaft, der mit wachem Geiste die Last alles Irdischen hinter sich ließ. In morte sumus! «
    »Sumus in morte!« , echoten die Brüder des Todes.
    »Unsere Schwester Mechthild Stockarn, die dem Tode schon im Leben so nahe war. Deine Sehnsucht wurde erfüllt. In morte sumus! «
    »Sumus in morte!«
    »Unser Bruder Tobias Borndörfer, ein einfacher Mann schlichten Gemütes, der aber erleuchtet wurde von der Weisheit des großen Erlösers. In morte sumus! «
    »Sumus in morte!« , ertönte es im Chor.
    »Ihr alle, die ihr freiwillig und offenen Herzens in sein düsteres Königreich eingegangen seid, steht uns bei! Steht uns bei in dem letzten Augenblick, der uns alle noch von der Ewigkeit trennt! Und stärkt den Geist desjenigen, der auserkoren wurde, als Nächster durch die Pforte zu schreiten.«
    Aller Augen richteten sich sogleich auf Kilian von Hattstein, der sich erhob und sich ehrfürchtig vor dem Meister verneigte, um anschließend das schwarze Samtbanner auf dem Tisch zu küssen. Der Meister und die restlichen Mitglieder der Bruderschaft taten es ihm gleich, und alle verharrten minutenlang in dieser Position. Katharina neigte ebenfalls ihren Kopf auf die schwarze Samtdecke, obgleich ihr angesichts des krankhaften Wahns und der hoffnungslosen Verblendung, denen Meister wie Gefolgschaft gleichermaßen erlegen waren, regelrecht die Haare zu Berge standen. Doch sie würde schon Mittel und Wege finden, den Wahnsinnigen zu entkommen …
    »Bruder Kilian, das Los hat dich auserkoren, das Diesseits als Nächster für immer zu verlassen«, durchbrach Stefenelli die andächtige Stille.
    »So sei es, Meister«, erwiderte dieser mit leiser Stimme. Er war kreidebleich geworden.
    »Du warst mir immer ein treuer Mitstreiter, Bruder Kilian. Dir verdankt unsere Bruderschaft ihr geistiges Fundament, indem du uns alle mit dem geheimen Evangelium des Jakobus vertraut gemacht hast. Darum will ich dir auch dein Straucheln verzeihen, mit dem du uns alle sehr enttäuscht hast, und hoffe, dass du unserer Gemeinschaft nun wieder mit ganzem Herzen angehörst.«
    Stefenelli bedachte Kilian von Hattstein mit einem prüfenden Blick, der nicht frei von Tadel war. Auch die anderen Anwesenden betrachteten den ehemaligen Mönch mit abschätzigen Mienen. Katharina war angesichts dieser Eröffnung mehr als hellhörig geworden. Der brave Graurock soll gestrauchelt sein?, dachte sie entgeistert.
    Kilian räusperte sich und erklärte mit bebender Stimme: »Ich bin ein treuer Diener von König Tod und stehe voll und ganz zu meiner Bestimmung.«
    »Recht so, Bruder«, sagte Stefenelli einlenkend. »Dir ward ja der Auftrag

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