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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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gehen, kam ihr das feudale Transportmittel heute doch sehr gelegen. In der von Domestiken getragenen Sänfte war sie unbehelligt und vor neugierigen wie zudringlichen Blicken geschützt.
    Einige Minuten, nachdem die Sänfte sich in Bewegung gesetzt hatte, schob Anna den Vorhang einen Spaltbreit zur Seite und lugte hinaus. Sie gewahrte den weiten Platz des Rossmarkts, der wie leer gefegt war. Alle sind sie zum Rabenstein geeilt, um nur ja nichts von dem grausamen Schauspiel zu verpassen, diese Barbaren, dachte sie grimmig.
    Unmut und Abscheu waren auch ihre vorherrschenden Gefühle, als sie wenig später auf dem Richtplatz angelangt waren. In den Gesichtern der Zuschauer, ob auf dem Platz oder bei den vornehmen Damen und Herren auf der Sitztribüne, spiegelte sich unverhohlene Sensationsgier. In den Mienen ihrer Eltern indessen stand vor allem selbstgerechte Genugtuung, was Anna gleichermaßen mit Groll erfüllte.
    Suchend spähte Anna ins Hinrichtungspublikum, aber sie konnte Katharina nirgendwo erblicken. Plötzlich entstand Unruhe in der Menge, sie hörte Schmährufe und unflätige Bemerkungen, und dann entdeckte sie unterhalb des Schafotts Katharina, gegen die sich die Hasstiraden der Menge richteten. Gestützt von einem korpulenten Kahlkopf, in welchem Anna den Ehemann der Totengräbertochter vermutete, und bewacht von zwei stämmigen Stangenknechten, war die Freundin nur noch wie ein blasses Abbild ihrer selbst. Anna stiegen bei ihrem jämmerlichen Anblick Tränen des Mitleids in die Augen. So bleich und ausgezehrt, die sonst so strahlenden, lebendigen Augen nur noch leer und apathisch, kam ihr Katharina vor wie ein Geist aus dem Totenreich. Sie sah, dass die Totenmagd einen Kopfverband trug, und hätte vor Empörung beinahe laut aufgeschrien. »Diese Schurken haben sie misshandelt!«, murmelte sie zornig, was ihr einen tadelnden Blick der Mutter eintrug.
    Im nächsten Moment war lautes Trommelgewirbel zu vernehmen, ein Zeichen, dass die Hinrichtung in Kürze beginnen würde. Schon näherte sich der Schinderkarren mit dem Delinquenten, von den Henkersbütteln gezogen, dem Blutgerüst. Ihm voran schritt eine schlanke, hünenhafte Gestalt in blutroten Beinlingen und grünen Schnabelschuhen, auf den schulterlangen schneeweißen Haaren ein rotes Samtbarett. In panischer Furcht wichen die Menschen vor dem Henker zurück. Auch Anna stockte vor Entsetzen regelrecht das Blut in den Adern.
    *
    Als Katharina das geschundene Häuflein Elend in blutdurchtränkten Lumpen auf dem Schinderkarren erblickte, hätte keine Betäubung der Welt mehr ausgereicht, ihren unbändigen Schmerz zu mildern. Sie schrie in gellender Verzweiflung auf und hörte nicht mehr auf zu schreien. Dann wollte sie auf den Schinderkarren zustürzen, um zum Vater zu gelangen, und es bedurfte der ganzen Kraft von Ruprecht Bacher sowie drei stattlichen Stangenknechten, die grazile Frau in Schach zu halten.
    »Vater, Vater!«, wimmerte sie, während sie sich in Ruprechts starken Armen aufbäumte wie eine Irrsinnige. »Was hat man dir nur angetan?«
    Auch dem Nachtwächter strömten beim jämmerlichen Anblick seines einzigen Freundes die Tränen über die stoppeligen Wangen. »Heini«, schluchzte er mit tränenerstickter Stimme, »es tut mir so leid …«
    Doch Heinrich Sahl schien bewusstlos zu sein und von alledem nichts mitzubekommen. Nur röchelnde Atemzüge drangen aus seinem weit geöffneten Mund.
    Während der Henker an ihnen vorüberschritt, hielt er kurz inne, beugte sich zu Katharina herunter und flüsterte ihr etwas zu. Die Totengräbertochter schrie auf wie ein waidwundes Tier, barg ihr Gesicht in den Händen und wurde von heftigen Weinkrämpfen geschüttelt.
    *
    Der Angstmann hatte dem Verurteilten am Abend vor seiner Hinrichtung die traurige Nachricht überbracht, sein letzter Wunsch, noch einmal seine Tochter zu sehen, ließe sich nicht erfüllen, weil Katharina verletzt im Hospital liege. Um den lauthals schluchzenden Mann ein wenig zu trösten, fragte ihn der Züchtiger, ob er denn außerdem noch einen Wunsch habe. Heinrich Sahl hatte nur tieftraurig den Kopf geschüttelt.
    Erst als der Henker schon die Zellentür geöffnet hatte und mit resignierter Miene den Kerker verlassen wollte, gab der Gefangene ein unverständliches Stammeln von sich. Meister Hans schloss die Tür, ging ein paar Schritte auf den Unglückseligen zu und erkundigte sich mit sanfter Stimme: »Was habt Ihr soeben gesagt?«
    Der ausgemergelte Totengräber nahm all seine

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