Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
erinnerte sie vage an das eines Fuchses. Das Tier hatte eine lange, dünne Schnauze und im Verhältnis zum Kopf recht große Ohren. Sein Körper war schlank, seine Beine lang und sein grau-braunes Fell struppig.
Der Kojote warf ihr einen letzten Blick zu, dann verschwand er, so lautlos und schnell, wie er gekommen war, zwischen den Kiefern.
Serena atmete erleichtert auf.
»Die wilden Tiere sind die Hüter der Wildnis«, erklärte Shane. »Aber nun komm, wir haben unser Ziel fast erreicht.« Er nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich.
Und tatsächlich, kurze Zeit später endete der Pfad. Serena sah sich suchend um. Sie befanden sich etwas unterhalb des Gipfels. Die Kiefern und Büsche waren an dieser Stelle über und über mit langen Schnüren aus bunten prayer ties behängt. In einiger Entfernung saß ein junger Indianer im Schneidersitz auf dem Boden. Er hatte die Augen geschlossen und sang eine leise Melodie.
Zu Serenas Überraschung zog Shane nun ebenfalls eine Schnur aus seiner Jackentasche, an der bunte prayer ties befestigt waren.
»Sie ist nicht lang«, sagte er leise. »Ich hatte nicht viel Zeit, um Vorbereitungen zu treffen. Aber sei versichert, dass ich mit jedem Gebet, das ich gesprochen habe, während ich die prayer ties anfertigte, für Fabians und dein Wohlergehen gebetet habe. Und dafür, dass wir ihn bald finden werden.«
Shane ging zu einer der Kiefern hinüber und hielt kurz inne. Serena konnte nicht sehen, was er tat, aber sie war sich sicher, dass er in diesem Moment ein Gebet sprach. Sie wusste es, weil es auch ihr in diesem Augenblick das einzig Richtige schien.
Sie senkte den Kopf.
»Lieber Gott«, flüsterte sie, »ich bitte dich von ganzem Herzen, lass es Fabian gutgehen, und bitte lass mich ihn sehr bald finden. Amen.«
Shane hängte seine prayer ties in die Zweige der Kiefer und kehrte zu Serena zurück.
»Fabian ist nicht hier, Shane. Was sollen wir jetzt tun?«, flüsterte Serena entmutigt. Lauter zu sprechen schien ihr an diesem besonderen Ort nicht angebracht.
»Jetzt setzen wir uns eine Weile hier hin und warten, dass die Adler unsere Gebete zu Great Spirit tragen«, erwiderte Shane mit sanfter Stimme. »Dann werden wir bald eine Antwort wissen.«
Sie setzten sich auf den warmen Waldboden. Der heiße Wind strich sanft durch die hohen Kiefern. Ihr leises, stetiges Rauschen war alles, was die Stille durchbrach. Serena blickte schweigend hinaus auf die scheinbar endlose Weite der Prärie, und für einen kurzen Moment vergaß sie den Grund für ihren Besuch am Bear Butte. Was für ein herrlicher Anblick sich ihr bot, welcher Friede sich in ihrem Herzen einstellte! All ihre Sorgen fielen von ihr ab, und ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
Plötzlich ertönte ein metallisches Klicken. Es wirkte ungewohnt laut und war deutlich aus dem Rauschen des Windes herauszuhören. Es schien mehr als fehl am Platz.
»Was ist das für ein Geräusch?«, fragte Serena irritiert.
Shane blickte sich kurz um, dann sagte er grinsend: »Das solltest du eigentlich kennen. Es sind die Touristen drüben auf dem anderen Pfad. Sie machen mit ihren teuren Teleobjektiven Fotos von richtigen Indianern beim Beten an ihrem heiligen Ort .«
»Und das findest du amüsant? Sollten diese Leute nicht besser eure Privatsphäre respektieren?«
Shane zuckte mit den Schultern.
»Früher haben sie unsere Vorfahren mit Gewehren und Pistolen beschossen, weil sie ihnen im Weg waren. Heute schießen sie mit ihren Kameras Fotos von uns, um zu Hause bei den Nachbarn damit zu prahlen, dass sie einen der letzten echten Indianer gesehen haben. Findest du das nicht zum Lachen?«
»Nicht wirklich. Ich finde es eher traurig.«
»Du nimmst die Sache zu ernst«, sagte Shane.
Der junge Indianer, der etwas entfernt von ihnen gesessen und gebetet hatte, erhob sich nun und machte sich auf den Rückweg. Als er an Serena und Shane vorbeiging, hob er zum Abschied die Hand.
»Bye, Shane. Ich bin sicher, dass du findest, wonach du suchst.« Ein breites Grinsen stand auf seinem Gesicht.
»Mach´s gut, Albert, und nochmals vielen Dank für alles«, erwiderte Shane.
»Du kennst ihn?«, erkundigte Serena sich verwundert, als der junge Mann außer Sichtweite war.
»Sicher. Er hat mich von Sturgis aus im Auto mitgenommen.«
»Ich hatte mich schon gefragt, wie du hierhergekommen bist.«
»Ich bin von Calgary nach Sturgis geflogen«, berichtete Shane. »Dort habe ich Albert getroffen. Er ist Cheyenne. Er wollte ebenfalls nach
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