Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
Ohren nicht zu trauen.
»Aber warum haben sie ihre Meinung dann so plötzlich geändert?«
»Hast du das nicht gemerkt?« Shane blickte auf. »Du hast gesagt, dass du aus Deutschland kommst. Ein Nazi auf Urlaub – sorry, aber für die meisten Nordamerikaner seid ihr Deutschen immer noch das und nichts anderes – ist allemal besser als ein lokaler Dieb und Taugenichts. Das sind hier übliche Synonyme für Indianer «, setzte Shane hinzu. Es war das erste Mal, dass Verbitterung in seiner Stimmer lag.
Serena sah ihn lange an.
»Nun weiß ich gar nicht, ob ich lieber ein Nazi auf Urlaub oder ein lokaler Dieb und Taugenichts sein möchte«, sagte sie und strich ihm mitfühlend über den Arm.
»Ja, das ist in der Tat eine schwere Entscheidung«, stellte Shane fest. Seine Augen funkelten schon wieder schelmisch. »Vielleicht solltest du lieber beim Nazi auf Urlaub -Image bleiben. Dann können wir ein breiter gefächertes Spektrum von Vorurteilen genießen.«
Serena klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.
»Dein dickes Fell möchte ich haben.«
»Vielleicht bekommen wir noch den Wetterbericht mit«, sagte Shane eine Weile später nach einem Blick auf seine Uhr und schaltete das Radio ein. Die Nachrichten waren fast vorüber. Gerade sagte der Sprecher: »… über die oil sands im Norden Albertas. Und nun noch eine Meldung aus Calgary. Dort mehren sich die Übergriffe von Kojoten auf Haustiere. Letzte Nacht hat ein Kojote in einem Vorort eine zehn Kilogramm schwere Katze getötet und sie vor den Augen der entsetzten Besitzerin aufgefressen. Die Kojoten werden zu einem immer größeren Problem für die Stadt, und der Stadtrat überlegt, was gegen die Plage unternommen werden kann. Eines ist sicher: Etwas muss geschehen. Und nun zum Wetter: Sonnenschein, Sonnenschein, Sonnenschein. Lassen Sie es sich gutgehen, liebe Hörerinnen und Hörer, und genießen Sie die schönen Sommertage …«
Shane schaltete das Radio aus.
»Die Jäger schießen die Kojoten ab, sobald sich einer von ihnen blicken lässt. Trotzdem bekommen sie die sogenannte Plage nicht in Griff.« Er schüttelte missbilligend den Kopf. »Die meisten Leute kennen und ehren den Geist der Kojoten nicht. Sie erkennen nicht an, dass die Kojoten zu einer der wenigen wilden Tierarten gehören, die die Herrschaft der Menschen ertragen kann. Die meisten freilebenden Rassen sind seit der Ankunft der Weißen verschwunden, und die Zivilisation hat ihren Platz eingenommen. Aber was immer die Menschen auch gegen die Kojoten unternehmen, sie können sie nicht bezwingen. Sie bleiben frei.«
Serena hörte seinen Worten schweigend zu. Shane hatte ihr seine Haltung zu den Kojoten bereits vor ein paar Tagen erklärt. Aber ihr war nicht wirklich bewusst gewesen, wie allgegenwärtig und allumfassend dieses Problem zu sein schien. Die Kojoten rückten für sie immer mehr in den Status von Freiheitskämpfern, von Rebellen oder Überlebenskünstlern, und sie konnte nicht anders als ihnen Glück wünschen.
Dann erinnerte Serena sich an etwas.
»Shane, der Nachrichtensprecher sagte etwas von oil sands . Was ist das?«
»Oh, das – das ist ein anderes heikles Thema. Im Norden Albertas, hauptsächlich in der Gegend um Fort McMurray, hat man riesige Ölvorkommen entdeckt. Aber das Öl befindet sich nicht unter der Erde, sondern gleich an der Oberfläche. Also holzt man skrupellos die Wälder nieder, um an das Öl heranzukommen. Doch das ist noch nicht alles«, fügte er bitter hinzu. »Das Öl ist mit großen Mengen Sand vermischt. Um das Öl vom Sand zu trennen, benötigt man ungeheure Mengen an Wasser. Und das wird einfach aus den umliegenden Flüssen genommen.«
»Aber das hat doch sicher verheerende Auswirkungen auf die Natur«, warf Serena entsetzt ein.
»Den Berichten der Firmen und der Regierung nach zu urteilen, hat es das nicht«, sagte Shane. »Aber auch hier gilt, dass den Leuten nicht die Wahrheit gesagt wird. Die Indianer, deren Heimat seit Urzeiten in den Gebieten liegt, in denen sich die Ölvorkommen befinden, berichten, dass der Wasserspiegel der Flüsse sinkt. Manchmal so stark, dass das Wasser ganz versiegt. In allen Fällen hat sich die Qualität des Wassers so sehr verschlechtert, dass Menschen wie Tiere davon krank werden. Ganz zu schweigen von den Wäldern, die für immer zerstört sind.«
»Aber wenn das alles bekannt ist, warum unternimmt man nichts dagegen?«, ereiferte Serena sich.
»Die Investmentfirmen sind sehr mächtig, Reena. Sie haben
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