Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
nicht mehr Herr seiner Sinne war. Denn jede noch so heldenhafte Mission seines Verstandes, ihn vor dem Absturz in die Verdammnis zu retten, schien kläglich zum Scheitern verurteilt.
Mehr und mehr verwandelten sich seine Bußgebete in Fürbitten, in denen er den Allmächtigen um Verständnis für seine missliche Lage und um mildtätige Unterstützung bat.
Seiner Sehnsucht nach Anteilnahme, Aufmerksamkeit und Liebe hatte er bis zu jenem Zeitpunkt, an dem diese Frau in sein Leben getreten war, heldenhaft widerstanden. Doch nur ein einziger, sorgsam beschriebener Zettel hatte dieser Horde finsterer Fabelwesen Tür und Tor geöffnet, damit sie fortan seine Seele traktierten.
In ihrem letzten Brief hatte sie ihn zu einem Treffen gedrängt – bald und an einem geheimen Ort.
Früh am Morgen war in Struans innerer Festung die letzte Barriere gefallen. Mit einem kaum merklichen Kopfnicken hatte er ihrem fragenden Blick im Vorbeigehen zugestimmt; im vollen Bewusstsein, dass ihn diese Begegnung nicht nur sein Herz und seinen Verstand kosten konnte, sondern auch seine Seele.
Obwohl der Mai erst in wenigen Tagen Einzug halten würde, schien die Sonne warm und freundlich, als Struan an einem Samstagnachmittag nach der Non seinen schwarzen Hengst eine viertel Meile nördlich der Stadt über jene Kuppe lenkte, die den Weg zum abgemachten Treffpunkt markierte.
Während er an frisch sprießenden Weizenfeldern und tiefdunklem Eichenwald vorbeiritt, betrachtete er es als eine Fügung des Himmels, dass ihm niemand gefolgt war. Die Bauern der Umgebung hatten ihre Aussaat längst erledigt, und das Vieh stand bis zum Abend, wenn es gemolken wurde, unbeaufsichtigt auf der Weide. Und auch die übrigen Straßen und Wege wirkten wie leergefegt, weil die meisten sich wohl auf das Hochfest Mariens vorbereiteten, indem sie ihre Hausaltäre mit frischen Frühlingsblumen schmückten und Opfergaben für die Bedürftigen vorbereiteten. Der Mai war nicht nur der Monat der Gottesmutter, sondern auch der Verliebten, das wusste selbst Struan, dessen heidnische Vorfahren in Schottland und Irland in der Nacht zum 1. Mai Beltane gefeiert hatten. Wobei sie sich, wie es hieß, mancherorts noch immer ungeniert fleischlicher Lust hingaben.
Vielleicht hat die Heilige Jungfrau ja Verständnis für meine verzweifelte Lage, dachte er bei sich und – was er kaum zu hoffen wagte – unterstützte sein aberwitziges Vorhaben.
Die verfallene Schäferhütte befand sich ein ganzes Stück abseits der umliegenden Weiler und eignete sich nicht als Unterschlupf angesichts der im April üblichen Wetterkapriolen. Auf dem Dach fehlten einige Schindeln, und die Wände waren zu dünn, um die Wärme auf Dauer im Innern bewahren zu können.
Nachdem er von seinem beeindruckenden Great Horse abgestiegen war, führte er den schnaubenden Hengst hinter das windschiefe Gebäude, wo bereits, fest angebunden an einem Gatter, eine kleine Fuchsstute verharrte. Stoisch ertrug sie ein paar Fliegen, die sich wieder und wieder an der Feuchtigkeit ihrer Augen labten. Nur ab und an versuchte sie, heftig mit dem Kopf schüttelnd, die lästige Plage zu verscheuchen. Struan band die Zügel um einen verwitterten Holzpfeiler und klopfte seinem Hengst auf den Hals.
»Ich wünsch dir viel Spaß mit dem Mädel«, flüsterte er ihm lächelnd ins Ohr.
Er hingegen war sich nicht so sicher, ob er Spaß haben würde, bei dem, was ihn in der Hütte erwartete.
Seit sein Entschluss feststand, hierherzukommen, fragte er sich unentwegt, was er sich von diesem Treffen versprach. Zu einem Ergebnis war er nicht gekommen. In Gedanken war er viel zu beschäftigt damit, sein schlechtes Gewissen im Zaum zu halten. Er hatte in der Verwaltung der Komturei ein Gesuch auf Abwesenheit stellen müssen und war dabei gezwungen gewesen, zu einer – wie er sich beruhigte – Notlüge zu greifen. Er hatte sich krankgemeldet und um Erlaubnis gebeten, den Heiler aufzusuchen. Dem alten Templerveteranen war es als Eremit gestattet, außerhalb der Templerniederlassung von Bar-sur-Aube zu wohnen und den Ordensbrüdern medizinische Hilfe zu leisten.
Aber wenn er am Nachmittag zurückkehrte und Gero und den anderen Kameraden begegnete, würde er gezwungen sein, ihnen die Unwahrheit zu sagen, falls sie ihn fragten, was er als weitaus schwieriger empfand. Schließlich war Gero sein bester Freund, ihn zu belügen fiel ihm besonders schwer. Aber auch er durfte nicht erfahren, dass er sich mit einer Frau eingelassen hatte.
Denn
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