Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
die meiste Zeit des Jahres die Sonne schien und es niemals richtig kalt wurde. Und auch wenn es nicht Jerusalem war, so galt Zypern doch als heiliges Land, weil es den Christen aus Jerusalem und Umgebung ein würdiger Fluchtpunkt war, was man auch am letzten König von Jerusalem erkennen konnte, der dort mit seiner Familie Zuflucht gesucht hatte.
Im Hintergrund der Stadt erhoben sich zahlreiche Berge, über denen ein milchiger Dunst lag, und die heiße Luft über staubigen Straßen flirrte so sehr, dass sich Pflanzen, Menschen, Tiere, aber auch Gebäude darin spiegelten.
Von weitem sah man unzählige mehrstöckige Paläste, die sich an diverse Hänge schmiegten. Allem Anschein nach Niederlassungen reicher Handelshäuser oder betuchter Hofschranzen des Königs. Dazwischen lagen die Festungen diverser Ritterorden. Die Landschaft war karg und wurde lediglich von Dattelpalmen, Oliven- und Johannisbrotbäumen gesäumt, wie einer der Seeleute Gero erklärte. „Wenn Ihr demnächst Unterhaltung sucht, müsst Ihr in die Hafenspelunken gehen“, erklärte ihm Kommandant Le Puy im Vorbeigehen. „Da wimmelt es nur so von willigen Mädchen“, raunte er Gero mit einem Grinsen zu. „Stattlichen Ordensrittern erweisen sie ihre Dienste mitunter sogar umsonst. Wobei ich noch nicht gehört habe, dass dieser Vorteil auch Novizen gewährt wird. Da sind die Damen schon standesbewusst.“
„Ich habe, was das betrifft, ohnehin keinen Bedarf“, erklärte Gero entschlossen und betrachtete zweifelnd die mehrstöckigen Gasthäuser, in denen Händler und Seeleute schon früh am Morgen ihren Wein tranken. Davor verkauften Händler frisch gefangenen Fisch und eine Vielzahl an buntem Obst und Gemüse.
Eine Idylle, die ihn beinah vergessen ließ, warum er und die anderen überhaupt hierhergekommen waren, und die grausamen Geschichten verdrängte, mit denen Kommandant Le Puy ihm und den übrigen Kameraden während der Überfahrt eingeheizt hatte. Vom Verlust des Heiligen Landes, bei dem er 1291 in Akko selbst dabei gewesen war, als der Überfall der Truppen des Sultans al-Ashraf die Stadt in einen Höllenschlund verwandelt hatte. „Überall waren zerhackte Leichen zu sehen“, verkündete er ernst. „Die Aasgeier konnten gar nicht so schnell fressen, wie sich ihnen das verfaulte Fleisch darbot. Nur wenige haben es geschafft, dort lebend herauszukommen. Die letzten Überlebenden haben sich damals auf der Flucht vor den Mameluken auf jene Landzunge retten können, auf der sich die ehemalige Templerburg erhob. Als sie sich in Sicherheit glaubten, haben die Heiden eine List angewandt, um in die Burg einzudringen. Dumm nur, dass diese Schwachköpfe das Fundament vorher unterhöhlt hatten. Als es nach Nichteinhaltung des angekündigten freien Abzugs für die Christen zum Kampf kam, ist das ganze Gebäude mit Mann und Maus eingestürzt. Für diejenigen, die unter Mauern und Balken begraben wurden, muss es ein grausamer, qualvoller Tod gewesen sein, weil niemand mehr da war, der sie aus dem Schutt hätte rausholen können. Viele sind mit schweren Verletzungen verblutet oder in den Tagen danach verdurstet, weil sie eingeklemmt waren. Manchmal denke ich, ich höre ihre Schreie immer noch.“
Als Erster Offizier hatte Le Puy damals auf der „Faucon“ unter Kommandant Roger de Flor gedient und mit dafür Sorge getragen, dass so viele Flüchtlinge wie möglich nach Zypern evakuiert worden waren. Darunter viele Schwerverletzte und vergewaltigte Frauen, die den Heiden nur um Haaresbreite entkommen waren. Gero hatte sich die Frage gestellt, ob Le Puy dabei auch Lissy und seinen Vater gesehen hatte. Aber er wollte den Kommandant nicht darauf ansprechen, weil er dann die ganze Geschichte hätte zum Besten geben müssen, die vermutlich für den Rest der Mannschaft noch interessanter gewesen wäre als die des Schiffsführers.
„Merkwürdig“, sinnierte der Le Puy, der immer noch neben ihm stand und die abgeladenen Schiffe betrachtete. „Auf einem ist das Banner des Großmeisters gehisst. Das bedeutet, auch er müsste von Antarados zurückgekehrt sein. Oder zumindest sein Schiff.“
„Was hat das zu bedeuten?“ Gero sah ihn fragend an.
„Das bedeutet im schlechtesten Fall, dass der Orden den angekündigten Einmarsch der Mongolen um ein weiteres Mal verpasst hat und nach neuen Alternativen gesucht werden muss, wie wir die Heiden am erfolgreichsten angreifen können.“
Nachdem das versiegelte Schiffsportal geöffnet worden war, musste Gero mit den
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