Das geheimnisvolle Tuch
dann geschieht etwas“, schlug Marxusta vor.
Lombard schalt sich selbst, dass er nicht auf diese Idee gekommen war. Er schickte die Hände nach oben, wobei Drialin die Höhe korrigierte.
Dann waren die fliegenden Hände im Strahl.
Nichts geschah.
„Das kann doch nicht sein“, sagte Marxusta enttäuscht und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Das Nachdenken, was der Strahl wohl für eine Bedeutung habe, schien ihn mehr anzustrengen, als er zugeben mochte.
Lombard versuchte es mit den Händen noch einige Male, um dann hoffnungslos aufzugeben. Marxusta trat wieder vor den Sarg. Er betrachtete ihn erneut voller Ehrfurcht, aber auch großer Neugierde. Wenn er doch nur die Schrift entziffern könnte, deren Zeichen für ihn unerklärbar waren. Trotzdem kam es ihm vor, als habe er sie schon irgendwo, irgendwann einmal gesehen.
„Der Kelch muss doch auch eine Bedeutung haben“, mutmaßte er und dabei kam ihm ein Verdacht. Er betrachtete noch einmal den Kelch mit seiner Malerei genauer und dann war er überzeugt von dem, was er dachte und er sagte es laut: „Wisst ihr, dass wir unbewusst in die Höhle der Weisheit gekommen sind? Es ist eine der Höhlen, die wir finden müssen.“
Sie traten hinter Marxusta und sahen ebenfalls auf den Kelch.
„Woher weißt du das?“, wollte Lombard wissen, die anderen warteten auch gespannt auf die Erklärung.
„Das Eingravierte hier auf dem Kelch ist für mich der Beweis. Seht ihr den Vogel?“ Er drehte sich um und sah Vanessa an. „Du kennst ihn sicher. Tritt nur näher heran und betrachte ihn genau.“ Er ergriff Vanessas Hand und zog sie zu sich an den Kelch. „Siehst du, was das ist?“
Sie nickte. „Ja, eine Eule.“
Marxusta klopfte ihr auf die Schulter und sah sie von der Seite erwartungsvoll an. „Welche Bedeutung hat der Vogel noch bei euch auf Erden?“
„Es ist eine Eule. Weiter nichts.“ Vanessa verstand seine Frage nicht.
Der Zauberer nickte und sagte dann: „Und was symbolisiert eine Eule bei euch Menschen?“
„Die Weisheit. Stimmt. Wir sind in der Höhle der Weisheit!“, rief Vanessa erregt.
Doch Drialin dämpfte die Freude. Sie zupfte Marxusta an der Bekleidung und sagte: „Meister, Ihr verwechselt da etwas. Wir suchen nicht die Höhle der Weisheit, sondern die der Wahrheit.“
Marxusta sah zu ihr nach unten, dabei wurde seine Stirn faltig. „Ja, stimmt, kleine Freundin. In der Tat. Ich habe mich da wohl geirrt. Dieses Symbol der Menschen hat mich zu einem Trugschluss kommen lassen. Die Freude hatte wohl meine Sinne getrübt.“
Sie konnten seine Enttäuschung nicht nur sehen, sondern auch fühlen. Er aber hatte sich schnell von der Tatsache, sich geirrt zu haben, erholt und meinte nur: „Wie dem auch sei. Wir haben jedenfalls die Ehre, eine der größten Entdeckungen gemacht zu haben, seit das Zauberreich besteht. Allerdings“, räumte er ein, „ist es mir ein Rätsel, wieso die Erde eine Rolle spielt. Kommen diese Wesen von dort?“ Er konnte diese Frage selbst nicht beantworten.
„Ich glaube, dass das Objekt auf dem Berg mit den Gegenständen vorne in der Höhle eine gewisse Rolle spielt“, meinte Lombard und brachte dadurch wieder Bewegung in die Gesellschaft, die ein wenig erstarrt war, wegen der Ungewissheit, wie man hier weiterkommen könnte.
„Was meinst du? Dieses Ding, das in der Hand heiß wird?“, fragte Marxusta. „Wie willst du ihn denn hierher bringen und wo sollen wir ihn denn platzieren und was soll er bewirken? Vielleicht ist er nur eine Abschreckung, um nicht die wertvollen Sachen zu rauben?“ Viele Fragen auf einmal, die der alte Mann an Lombard stellte. Aber es zeugte auch von der momentanen Rat- und Hilflosigkeit des Zauberers.
„Denke an meine Hände“, bemerkte Lombard nur.
„Die würden auch verbrennen. Oder bist du etwa gefeit gegen Hitze?“
„Doch nicht meine richtigen Hände, ich meine die fliegenden. Denen macht die Hitze nichts aus. Allerdings können sie heiße Dinge auch nur begrenzt halten. Wenn sie glühend werden, würden sie sich nach einiger Zeit verbrennen.“
Marxusta gab zweifelnd zu bedenken: „Hast du es denn schon probiert, ob sie hitzetauglich sind?“
Lombard schmunzelte: „Allerdings. Wenn ich im Wald mal kein Lagerfeuer anzünden konnte, sind sie weggeflogen und kamen mit Glut zurück. Sie hatten sie bei einem anderen Lager gestohlen.“
„Feuer gestohlen?“, fragte Marxusta und musste herzhaft lachen. Die übrigen sahen verblüfft den Heiterkeitsausbruch des
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