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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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loser Birnen übrig war. Clara kaufte ein neues Radio,
damit Alba Pedro Tercero hören konnte, sooft sie Lust hatte,
und Trueba tat, als hätte er nichts gemerkt.
Es war die Epoche des Königs der Dampftöpfe. Pedro Tercero
erfuhr von seiner Existenz und bekam einen Anfall von
Eifersucht, der völlig unbegründet war, wenn man seinen
Einfluß auf Bianca mit der schüchternen Belagerung des
jüdischen Geschäftsmannes verglich. Wie schon so oft, bat er
Bianca auch diesmal, das Haus der Trueba und die Einsamkeit
ihrer Werkstatt samt mongoloiden Kindern und müßigen
Señoritas aufzugeben und ein für allemal zu ihm zu kommen
und diese hemmungslose Liebe auszuleben, die sie seit ihrer
Kindheit hatten verbergen müssen. Aber Bianca konnte sich
nicht dazu entschließen. Sie wußte, daß sie von ihrem
Gesellschaftskreis ausgeschlossen werden und die Stellung, die
sie in ihm einnahm, verlieren würde, wenn sie zu Pedro Tercero
zog, und andererseits war ihr klar, daß sie nicht die geringste
Chance hatte, im Freundeskreis von Pedro Tercero anzukommen
oder sich in das bescheidene Leben in einer Arbeitersiedlung zu
finden. Jahre später, als Alba alt genug war, diese Seite im
Leben ihrer Mutter zu analysieren, kam sie zu dem Schluß, daß
sie einfach deshalb nicht zu Pedro Tercero zog, weil ihre Liebe
dazu nicht ausreichte, denn es gab im Hause Trueba nichts, was
nicht auch er ihr hätte geben können. Bianca war eine arme
Frau, die nur dann über ein wenig Geld verfügte, wenn sie eine
Weihnachtskrippe verkaufte. Ihre spärlichen Einkünfte
verbrauchte sie fast ganz für Arztrechnungen, denn ihre
Fähigkeit, an eingebildeten Krankheiten zu leiden, hatte durch
die Arbeit und die Not nicht abgenommen, sondern wuchs im
Gegenteil von Jahr zu Jahr. Sie war bemüht, nichts von ihrem
Vater zu erbitten, damit sie ihm keine Gelegenheit gab, sie zu
demütigen. Ab und zu kaufte ihr Clara oder Jaime ein Kleid
oder sie gaben ihr einen kleinen Betrag für ihre persönlichen
Bedürfnisse, aber in der Regel verfügte sie kaum über das Geld,
sich ein Paar Strümpfe zu kaufen. Ihre Armut stand in schroffem
Gegensatz zu den gestickten Kleidern und den maßgefertigten
Schuhen, mit denen Senator Trueba seine Enkelin beschenkte.
Ihr Leben war hart. Sie stand winters wie sommers um sechs
Uhr morgens auf. Eine Wachstuchschürze umgebunden und
Holzpantinen an den Füßen, heizte sie um diese Zeit den
Keramikofen in der Werkstatt, richtete die Arbeitstische her und
knetete, die Arme bis zu den Ellbogen im rauhen, kalten Lehm,
die Tonerde für ihre Unterrichtsstunden. Das war der Grund,
weshalb sie immer gesprungene Nägel und eine rissige Haut
hatte und sich mit der Zeit ihre Finger verkrümmten. Zu dieser
Stunde fühlte sie sich inspiriert und von niemandem gestört, so
daß sie den Tag mit dem Modellieren der Monstertiere für ihre
Krippen beginnen konnte. Danach mußte sie sich um das Haus,
die Dienstboten, die Einkäufe kümmern, bis zum Beginn ihrer
Unterrichtsstunden. Ihre Schüler waren Kinder aus guter
Familie, die nichts zu tun hatten und Kunsthandwerk als eine
Modebeschäftigung betrieben, die eleganter war als das Stricken
für die Armen, mit dem sich ihre Großmütter beschäftigten.
Die Idee, Kurse für mongoloide Kinder abzuhalten, hatte sich
durch Zufall ergeben. Eines Tages kam eine alte Freundin von
Clara ins Haus der Trueba, die ihren Enkel mitbrachte. Es war
ein dicker, weichlicher Halbwüchsiger mit einem runden,
friedsamen Mondgesicht und einem Ausdruck unerschütterlicher
Zärtlichkeit in seinen orientalischen Augen. Er war fünfzehn
Jahre alt, aber Alba fand bald heraus, daß er sich wie ein Baby
benahm. Clara bat ihre Enkelin, mit dem Jungen im Garten zu
spielen und aufzupassen, daß er sich nicht schmutzig machte,
nicht im Brunnen ertrank, keine Erde aß und nicht an seinem
Hosenschlitz fummelte. Angesichts der Unmöglichkeit, sich in
irgendeiner zusammenhängenden Sprache mit ihm zu
verständigen, wurde es ihr bald langweilig, ihn zu
beaufsichtigen, und sie führte ihn in die Töpferwerkstatt, wo
ihm Bianca eine Schürze umband, damit er sich nicht schmutzig
machte und nicht mit Wasser vollspritzte, und seine Hände auf
einen Batzen Tonerde legte. Der Junge vergnügte sich damit
drei Stunden lang, ohne zu geifern, sich vollzupinkeln und mit
dem Kopf gegen die Wand zu stoßen. Er schaffte es, ein paar
plumpe Tonfiguren zu formen, die er anschließend seiner
Großmutter als Geschenk

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