Das Gluehende Grab
tun? Love Sex?«
Schweigen in
der Leitung. Dann knallte das Mädchen den Hörer
auf.
Dóra
legte die dicke Aktenmappe beiseite. Sie hatte genug von der
endlosen Aufzählung aller möglichen und unmöglichen
Gegenstände aus den ausgegrabenen Häusern. Sie war immer
noch auf nichts gestoßen, das wichtig für Markús
sein könnte. Bei Kjartan und Daði war eine riesige Menge
zerbrochener Glasflaschen gefunden worden – bei dem einen in
der Garage und bei dem anderen in der Abstellkammer. Wahrscheinlich
hatten sie hektisch versucht, sämtliche Hinweise auf
Alkoholvorräte zu beseitigen, als sich der Verdacht gegen sie
erhärtete. Es gab noch keine Liste von Markús’
Elternhaus, da es noch nicht komplett leergeräumt war.
Dóra hatte dort jedoch keine Flaschen oder Glasscherben
gesehen. Und Kjartans Aussage, Magnús sei nicht an der
Schmuggelei beteiligt gewesen, hatte sehr überzeugend
geklungen. Sie spürte ein schmerzhaftes Ziehen in den
Schultern und musste aufstehen, um sich zu
strecken.
Dóra
ging im Wohnzimmer herum und schwenkte die Arme, um die
Blutzirkulation in Gang zu bringen. Anschließend setzte sie
sich wieder und nahm einen Papierschnipsel vom Couchtisch. Darauf
standen Name und Telefonnummer von Adolfs Verteidigerin in dem
Vergewaltigungsfall. Der Prozess stand kurz bevor, und Dóra
hatte den Namen auf den internen Seiten des Bezirksgerichts
Reykjavík gefunden. Sie wollte wissen, ob es eine Verbindung
zwischen dem Mord an Alda und der Vergewaltigung gab. Auch wenn
Markús nicht mehr länger verdächtigt wurde, seine
Jugendliebe umgebracht zu haben, hatte Dóra das Gefühl,
dass die beiden Fälle miteinander zu tun hatten.
Glücklicherweise kannte sie den Namen der Verteidigerin; sie
hatten gemeinsam Jura studiert. Schwieriger war es allerdings, sie
zu erreichen, denn es war ständig besetzt. Dóra machte
noch einen allerletzten Versuch, bevor es zu spät zum Anrufen
war.
Der Ehemann
kam an den Apparat und seufzte laut, bevor er seine Frau rief. Dem
Geräusch nach zu urteilen, legte er den Hörer ziemlich
unsanft ab. Nach kurzem Warten wurde der Hörer wieder
hochgenommen. »Svala«, sagte eine müde
Stimme.
»Hi,
hier ist Dóra. Von der Uni.«
»Ach,
hallo«, sagte die Frau jetzt viel munterer.
»Schön, dass du anrufst. Wann haben wir uns eigentlich
zum letzten Mal getroffen?«
»Puh,
viel zu lange her.« Sie tauschten sich über die letzten
Neuigkeiten aus, und dann kam Dóra zum Thema. »Ich
arbeite an einem merkwürdigen Fall, bei dem der Name eines
Mandanten von dir aufgetaucht ist.«
»Oh«,
sagte Svala. »Wer denn? Ich hab viel zu
viele.«
»Adolf
Daðason. Der Zusammenhang ist ziemlich speziell, so wie der
ganze Fall. Es geht unter anderem um die Tätowierung einer
jungen Frau namens Halldóra Dögg Einarsdóttir.
Die hat eben, als ich sie angerufen habe, fast einen Anfall
bekommen. Sie war der festen Überzeugung, ich würde
für Adolf arbeiten.«
»An
welchem Fall arbeitest du denn eigentlich?«, fragte Svala
hastig. »Etwa an dem mit der
Krankenschwester?«
Dóra
bejahte. »Mein Mandant sitzt wegen Mordes an der
Krankenschwester und wegen eines Leichenfunds auf den
Westmännerinseln in U-Haft. Die Frau scheint sich für
Adolf und diese Tätowierung interessiert zu haben. Das hat
mich zu Halldóra Dögg geführt. Könntest du
mir das vielleicht näher erläutern? Ich bin mit dem Fall
gerade in einer ziemlichen Sackgasse. Es wäre eine Katastrophe
für meinen Mandanten, wenn der Mörder nicht ausfindig
gemacht wird.«
Svala
schnalzte mit der Zunge. »Von einer Tätowierung
weiß ich nichts. Aber ich weiß einiges über diese
Krankenschwester und Halldóra Dögg.« Sie holte
tief Luft. »Halldóra hat Adolf wegen Vergewaltigung
angezeigt. Er beteuert, unschuldig zu sein. Ich hab zwar schon
ziemlich viele Dreckskerle in ähnlichen Fällen
kennengelernt, die alle ihre Unschuld beteuert haben, aber bei ihm
hab ich komischerweise den Eindruck, dass er die Wahrheit sagt.
Also, nicht dass er ein Unschuldslamm wäre oder so. Der Mann
ist äußerst unsympathisch, aber deshalb muss er noch
lange nicht gegen das Gesetz verstoßen haben. Allerdings
sieht es {304 }ganz so aus, als würde er verurteilt –
das Mädchen ist nämlich ziemlich überzeugend. Zumal
ihr anscheinend die Pille danach verabreicht wurde. Es gibt eine
Zeugin, die diese Pillen für Adolf gekauft haben will, und
zwar mehrmals. Dürfte schwierig werden, den Richter davon zu
überzeugen, dass das in edler Absicht passiert
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