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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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nicht sehr geändert haben, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß der alte Byrernst Gequälten was zu saufen schenkt. Um’s noch mal zusammenzufassen: Ich seh’s. Und da ich glaub, was ich seh, äh, ich … ich … Hierher, Kumpel, gib mir mal ’n großes, ja?« rief er. »Willste auch eins, Kumpel?«
    »Jo, ich glaub schon«, grinste Dämon zwei.
    Das war vor drei Bechern gewesen. Inzwischen waren sie streng gläubig.
    Ein paar Meter weiter hinten begafften die Dämonen namens Namen Schoysal und Nabob die Szene mit offenem Maul. Es war unglaublich.
    »Es ist unglaublich!« rief Schoysal teils beunruhigt, teils begeistert. Irgendein unbeschreibliches ›Etwas‹ lag in der Luft.
    »Tut der das, wonach es aussieht?« stammelte Nabob und kratzte sich mit einer arg krummen Kralle an der schuppigen Stirn.
    Schoysal nickte. Vor Jahren hatte er gehört, daß es so etwas an der Oberwelt gab. [3] Aber hier unten? Es war furchterregend.
    Aber irgendwie konnte er es auch nicht einfach ignorieren.
    Schon das Gefühl voyeuristischer Verbotenheit machte die Szene so eindringlich. Schoysal wußte, daß er auf keinen Fall zuhören sollte; ebenso wie er wußte, daß es seine dämonische Pflicht war, schreiend wegzulaufen und den Vorgang dem nächsten Knochenbrecherkommando zu melden. Aber …
    Seine spitzen Ohren kitzelten, als er zuhörte, und er konnte seine Katzenaugen nicht von dem Mann in der schwarzen Soutane lösen, der enthusiastisch über den Köpfen des bewegungslosen Publikums herumtollte.
    »Bürger von Höllien«, rief Zorn mit vor apostolischem Eifer wild umherfliegenden Händen. »Es füllt mir das Herz mit Funken fideler Freude, wenn ich sehe, daß ihr Syffels Wort mit offener Kehle willkommen heißt. Trinkt, trinkt und vergnügt euch allzeit, meine kleinen Schäfchen.«
    Man mußte schon zugeben, daß Zorn sich etwas zu sehr in die Sache hineinsteigerte. Alles, was Syffel ihm versprochen hatte, wurde tatsächlich wahr. Unzählige Bekehrungen in nur wenigen Minuten, und ein gefesseltes Publikum. Es war der Hymmel in Höllien.
    Doch zog eine einzelne Wolke der Rastlosigkeit auf dem blauen Himmel ewiger Glückseligkeit auf. Nun, da ihm eine hundertprozentige Bekehrung des glotzenden Pöbels geglückt war … Was konnte er noch mit ihm anfangen? Er konnte ja schließlich schlecht die Arme verschränken und rufen: »Bringt mir den nächsten Pöbelhaufen!« Ein begeistertes Publikum wirft man nicht einfach so weg. Was also konnte er ihnen noch über die Bierverehrung erzählen?
    Und da überkam es ihn. Warum sich nur auf Syffel beschränken? Er hatte ein williges Publikum, das einfach gemolken werden mußte.
    »Bürger von Höllien«, sprach er weiter, preßte die Hände in ekstatischer Freude an sein Herz und musterte die fürchterlich zerlumpte Kleidung der vor ihm stehenden Seelen. »Ihr habt heute wirklich Glück! Ihr steht kurz vor einer neuen, furchteinflößenden Offenbarung.« Die Menge keuchte auf. »Will sagen, furchteinflößend für die, die jetzt nicht hier sind. Sie werden überrascht sein, wie sie reagieren werden, wenn sie euch das nächste Mal zu Gesicht bekommen, weil ihr euch so wunderbar gewandelt habt!« Zorn stolzierte zum Rand des Hüttendachs und deutete auf einen fast nackten, auffallend mageren Mann mit versengtem Bart, Brandblasen und Rußflecken auf der Haut, der eine Schicht in der Grube der glühenden Kohlen hinter sich hatte.
    »Sie, mein Herr«, rief der Prediger. »Ja, Sie! Kommen Sie her, kommen Sie herauf. Seien Sie mein Gast.« Er streckte eine Hand aus und zerrte den Mann aufs Dach, bevor dieser sich wehren konnte. Ach, wie schön es doch war, ein gefesseltes Publikum zu haben.
    Fast ohne es zu bemerken, beugten Schoysal und Nabob sich mit wachsendem Interesse vor.
    »Mein Herr«, fuhr Zorn fort. »Ich hoffe, Sie finden es nicht aufdringlich von mir, wenn ich Sie frage, ob Sie mit Ihrer auffällig abgerissenen Erscheinung überglücklich sind?«
    »Was?« krächzte die gemarterte Seele.
    »Tragen Sie diese widerliche Gewandung aus freiem Willen?«
    »Häh?«
    »Willste ’n paar neue Klamotten, Kumpel?«
    »Na ja, wenn Sie mir welche anbieten, kann ich nicht nein sagen. Wissen Sie, es ist zwar nicht gerade kalt hier, aber …«
    »Aber ein Mann hat seinen Stolz!« legte Zorn ihm in den Mund.
    »Ja, ich glaube, das ist …«
    »Die reine Wahrheit! Der Körper eines Menschen sollte sein Geheimnis sein – nicht ein Stück öffentlichen Eigentums, das von jedem

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