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Das Gold der Maori - Das Gold der Maori

Titel: Das Gold der Maori - Das Gold der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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immer Zuckerstangen. Also, komm!«
    Kathleen betrat den dunklen Flur hinter der Eingangstür mit klopfendem Herzen, aber um diese frühe Stunde war hier noch nichts los. Harry lotste sie eine Stiege hinauf, die zu einem weiteren, engen Korridor führte, von dem mehrere Zimmer abgingen. Hinter einer der Türen erklang Lachen und Plaudern. Harry klopfte, stieß die Tür aber auf, als darauf niemand reagierte.
    »Miss Daisy? Hier is’n Mädchen, vom Land. Gehört zu den Whiskeybrennern, das Liebchen von Michael Drury. Den haben sie grad mitgenommen, und jetzt weiß sie nicht, wo sie hinsoll.«
    Kathleen hielt den Kopf gesenkt, spähte aber doch ängstlich unter ihrem Schal hervor. Ihr Blick fiel auf einen Raum voller Spiegel, Flitter und Tand. Es schien eine Art Ankleidezimmer zu sein. Vier oder fünf Mädchen, nur leicht bekleidet, waren zu Kathleens Schrecken gerade dabei, sich mithilfe knallroter Strapse und Rüschenkleidern in schrillen Farben in bunte Nachtvögel zu verwandeln. Ein Mädchen schnürte sich, eines malte sich vor einem der Spiegel das Gesicht an.
    So oder ähnlich stellte sich Kathleen den Weg zur Hölle vor. Die Mädchen wirkten allerdings keineswegs diabolisch, sondernsahen ganz gewöhnlich aus. Einige waren auch nicht mehr so jung, wie sie auf den ersten Blick gewirkt hatten. Besonders die Frau, die sich jetzt Harry zuwandte, hatte die vierzig bestimmt bereits überschritten.
    »Und wir soll’n sie jetzt verstecken? Was bin ich? Ein Hotel?«
    »Nicht verstecken«, flüsterte Kathleen. »Keiner … keiner sucht mich. Und ich wollte auch gar nicht … ich … ich kann gleich wieder gehen …« Sie wandte sich um.
    Die Frau lachte. »Ach, und wohin willst du gehen? Kleine, allein auf der Straße, in dem Viertel … da nehmen sich die Kerle zu gern umsonst, wofür sie hier bezahlen müssen. Und den Michael kenn ich, das ist ein ehrlicher Junge. Der Whiskey war immer erste Sorte, grad der letzte …«
    Kathleen seufzte. An dieses Etablissement hatte Michael seinen Schwarzgebrannten also auch geliefert. Wie mochten die Frauen dafür bezahlt haben? Sie fühlte fast etwas wie Wut in sich aufsteigen.
    Miss Daisy – die ältere Frau schien die Besitzerin des Bordells zu sein – brachte das Wort Whiskey auf einen Gedanken. Sie förderte rasch eine Flasche unter einem der Schminktische hervor, goss ein Glas ein und reichte es Kathleen.
    »Hier, trink mal! Siehst ja aus, als hättste ein Gespenst gesehen.«
    »Ich muss dann wohl gehen«, meinte Harry.
    Miss Daisy lächelte ihn an und holte aus dem gleichen Versteck eine Zuckerstange. »Aber nicht ohne eine kleine Wegzehrung, mein Kleiner!«, lachte sie. »Der einzige Mann, den wir hier alle lieben«, erklärte sie dann, an Kathleen gewandt. »Die Mädchen streiten sich jetzt schon drum, wer ihn mal als ›Jungfrau‹ ins Bett kriegt!«
    Kathleen errötete wieder, aber Harry grinste die gutmütige Bordellbesitzerin an.
    »Nichts da, Miss Daisy, ich such mir ’n anständiges Mädchen, wie Michael es gemacht hat. Das hat er mir auch gesagt: Harry, hat er gesagt, such dir ’n gutes Mädchen! Und dann hat er mir vorgeschwärmt von seiner Liebsten und ihren schönen Augen, grün wie Irlands Glens, und ihrem goldenen Haar …«
    Miss Daisy lachte noch lauter und zog Kathleen spielerisch den Schal vom Kopf. Kathleen wehrte sich instinktiv, aber er fiel doch auf ihre Schultern herab und gab den Blick auf ihr Haar und ihr Gesicht frei.
    Miss Daisy pfiff durch die Zähne, auch ein paar der Mädchen gaben bewundernde Laute von sich.
    »Du meine Güte!«, stieß die Bordellbesitzerin aus. »Da kommt ein Mädchen vom Land, und man erwartet ein verhuschtes Mäuschen! Aber es erscheint eine wahre Prinzessin. Hat dich gut gefüttert, dein Michael …«
    Miss Daisys prüfender Blick wanderte weiter über Kathleens Körper. Kathleen zog den Schal tiefer. Ihr Bauch war eigentlich noch ziemlich flach, aber schon ihre Gestik ließ die erfahrene Miss Daisy die richtigen Schlüsse ziehen.
    »Oh, meine Kleine! Da hab ich schon gehofft, ich könnt dich vielleicht anwerben … aber du wärst mir nicht lange von Nutzen. Ist Michael der Glückliche?«
    Kathleen fuhr auf. »Natürlich Michael! Was denken Sie? Ich … wir … wir wollten heiraten … in Amerika … wir …«
    Plötzlich konnte sie weinen. Sie schluchzte in den Whiskey, den Daisy ihr hinhielt, und schließlich nahm sie tatsächlich einen Schluck. Es war der erste in ihrem Leben, und er brannte wie Feuer in ihrer Kehle.

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