Das Grauen im Museum
ausgestanden und Marcelines Verliebtheit verflogen war, konnte Denis wieder nach Hause kommen. Ich schrieb also einen langen Brief an meinen Vertriebsund Finanzagenten in New York und setzte ihm darin meinen Plan auseinander, den Jungen auf unbestimmte Zeit nach New York zu schicken. Ich bat ihn, uns zu schreiben, daß es im Interesse unserer Geschäfte absolut notwendig sei, daß einer von uns beiden in den Osten fuhr, und da ich wegen meiner Krankheit nicht in Frage kam, blieb Denis keine andere Wahl, als selbst zu fahren. Es wurde vereinbart, Denis in New York so mit wichtigen Arbeiten einzudecken, daß er alle Hände voll zu tun haben würde, bis ich es für richtig hielt, ihn wieder nach Hause zu holen.
Es lief alles nach Plan, und Denis brach nach New York auf, ohne den geringsten Verdacht geschöpft zu haben. Marceline und Marsh begleiteten ihn im Wagen nach Cape Girardeau, wo er den Nachmittagszug nach St. Louis nahm. Sie kamen in der Dämmerung zurück, und während McCabe das Auto in die Garage fuhr, hörte ich die beiden auf der Veranda miteinander sprechen. Sie saßen in denselben Stühlen vor dem hohen Fenster, in denen Marsh und Denis gesessen hatten, als ich ihr Gespräch über das Porträt mithörte. Diesmal entschloß ich mich bewußt, sie zu belauschen, ging leise in den vorderen Salon und legte mich auf das Sofa am Fenster.
Anfangs verstand ich gar nichts, doch dann hörte ich ein Stuhlrücken, und gleich darauf ein scharfes Einziehen des Atems und einen gekränkten Ausruf von Marceline. Dann sprach Marsh in sachlichem, beinahe abweisendem Ton. “Ich würde heute abend gerne noch arbeiten, falls du nicht zu müde bist.” Marcelines Antwort kam in dem gleichen gekränkten Ton wie der Ausruf kurz zuvor. Sie sprach Englisch, genau wie er.
“Ach, Frank, kannst du an gar nichts anderes mehr denken? Immer nur arbeiten! Können wir nicht einfach in diesem herrlichen Mondschein auf der Veranda sitzen ?”
Er antwortete ungehalten, und in seiner Stimme schwang neben der vorherrschenden Begeisterung des Künstlers eine gewisse Verachtung mit.
“Mondschein! Gütiger Gott, welch billige Sentimentalität! Für eine gebildete Frau hast du eine erstaunlich ausgeprägte Neigung zu trivialsten Groschenheft-Klischees! Mir geht es um große Kunst, und du schwärmst vom Mond banal wie ein Spotlight in einem Variete! Oder vielleicht erinnert er dich an die Sommertänze um die steinernen Säulen in Auteuil Teufel nochmal, wie diese stieläugigen Bauerntölpel dich da immer angestarrt haben! Aber nein das hast du ja jetzt alles hinter dir gelassen. Madame de Russy will nichts mehr mit Atlantischer Magie oder Schlangenhaar-Riten zu tun haben! Ich bin der einzige, der sich noch an die alten Dinge erinnert die Dinge, die durch die Tempel von Tanit herabkamen und auf den Bollwerken von Zimbabwe widerhallten. Aber ich möchte diese Erinnerungen nicht missen dies alles wird in das Bild auf meiner Leinwand verwoben das Bild, in dem all diese Wunder eingefangen werden und die Geheimnisse von fünfundsiebzig Jahrtausenden kristallisiert sind …”
Marceline unterbrach ihn mit einer Stimme, in der die verschiedensten Gefühle mitschwangen.
“Aber jetzt wirst dusentimental! Du weißt sehr gut, daß man die alten Dinge besser auf sich beruhen läßt. Ihr alle solltet auf der Hut sein, falls ich jemals die alten Riten aussinge oder heraufzubeschwören versuche, was in Yuggoth, Zimbabwe und R’lyeh verborgen liegt. Ich hätte dich für klüger gehalten!
Du bist inkonsequent. Ich soll mich für dieses kostbare Gemälde von dir interessieren, aber du läßt mich nie einen Blick darauf werfen. Immer dieses schwarze Tuch darüber! Schließlich ist es ein Bild von mir wieso darf ich es dann nicht sehen…”
Diesmal unterbrach Marsh sie, und seine Stimme klang merkwürdig hart und gepreßt.
“Nein, jetzt noch nicht. Du wirst es zu gegebener Zeit zu sehen bekommen. Du sagst, es ist ein Bild von dir das stimmt, aber es ist auch mehr. Wenn du wüßtest, wärst du wahrscheinlich nicht so ungeduldig. Armer Denis! Mein Gott, es ist eine Schande !”
Mir schnürte es plötzlich den Hals zu, als ich diese Worte hörte, die Marsh mit beinahe fiebrig hoher Stimme ausrief. Was konnte er damit meinen ? Plötzlich sah ich, daß er alleine ins Haus kam. Ich hörte die Haustür ins Schloß fallen und lauschte seinen Schritten nach, als er die Treppe hinaufging. Draußen auf der Veranda konnte ich immer noch Marcelines heftiges,
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