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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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ärgerliches Atmen hören. Zutiefst verstört schlich ich mich davon, und ich hatte so eine Ahnung, daß noch schwerwiegende Probleme zu lösen sein würden, ehe Denis heimkehren konnte. Nach diesem Abend war die Spannung im Haus noch schlimmer als vorher. Marceline war es gewohnt, umschmeichelt und verwöhnt zu werden, und schon die wenigen harten Worte von Marsh hatten sie tief gekränkt. Im Haus war nicht mehr mit ihr auszukommen, denn nun, da der arme Denis nicht mehr da war, ließ sie ihre Launen an jedem aus, der in der Nähe war. Wenn sie im Haus niemanden fand, mit dem sie streiten konnte, ging sie zu Sophonisbas Hütte hinaus und sprach stundenlang mit der wunderlichen alten Zulu-Frau. Tante Sophy war als einzige so unterwürfig, wie Marceline es sich wünschte, und als ich einmal versuchte, eines ihrer Gespräche zu belauschen, hörte ich Marceline etwas von »alten Geheimnissen« und einem »unbekannten Kadath« flüstern, während die Negerin in ihrem Stuhl hin und her schaukelte und ab und zu unartikulierte Laute der Ehrerbietung und Bewunderung von sich gab.
    Nichts vermochte sie jedoch von ihrer Vernarrtheit in Marsh abzubringen. Sie wirkte mürrisch und verbittert, wenn sie mit ihm sprach, fügte sich aber zunehmend seinen Wünschen. Ihm kam das zupaß, denn jetzt konnte er sie für sein Bild posieren lassen, wann immer er Lust zum Malen hatte. Er gab sich Mühe, ihr zu zeigen, wie dankbar er ihr dafür war, aber ich meinte, eine Art Verachtung oder sogar Abscheu unter seiner ausgesuchten Höflichkeit zu entdecken. Ich für meinen Teil haßte Marceline jetzt regelrecht! Es hätte zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn mehr gehabt, beschönigend von einer bloßen Abneigung zu sprechen. Ich war nur froh, daß Denis in New York war. Seine Briefe, die nicht annähernd so zahlreich waren, wie ich es mir gewünscht hätte, verrieten mir, daß er sich Sorgen machte. Mitte August entnahm ich Marshs Bemerkungen, daß das Bild beinahe vollendet war. Ich hatte den Eindruck, daß er immer sarkastischer wurde, während sich Marcelines Laune etwas besserte, weil die Aussicht darauf, das Bild nun bald sehen zu können, ihrer Eitelkeit schmeichelte. Ich erinnere mich heute noch an den Tag, an dem Marsh sagte, er werde innerhalb einer Woche fertig sein. Marcelines Miene heiterte sich auf, doch nicht ohne daß sie mir einen giftigen Blick zuwarf. Mir kam es vor, als ob sich ihr Haar dabei sichtbar enger um den Kopf schlängelte.
    “Ich bin die erste, die es sehen darf!” stieß sie hervor. Dann lächelte sie Marsh zu und sagte: »Und wenn es mir nicht gefällt, zerschneide ich es in Stücke !” Marshs Gesicht nahm den kuriosesten Ausdruck an, den ich bei ihm je gesehen hatte, als er ihr antwortete.
    “Ich weiß nicht, ob ich deinen Geschmack getroffen habe, Marceline, aber ich versichere dir, es ist großartig! Nicht daß ichmir viel darauf einbilde Kunst schafft sich selbst, und diese Arbeit mußte getan werden. Aber wart’s ab !”
    In den nächsten Tagen hatte ich ein seltsames Gefühl der Vorahnung, so als ob die Vollendung des Bildes nicht eine Erlösung, sondern eine Katastrophe bedeuten würde. Auch hatte mir Denis nicht geschrieben, und mein Agent in New York sagte mir, mein Sohn plane eine Reise aufs Land. Ich fragte mich immer wieder, wohin das noch alles führen sollte. Welch eine seltsame Mischung von Elementen Marsh und Marceline, Denis und ich! Wie würden diese Elemente schließlich aufeinander reagieren ? Wenn meine Angst übermächtig wurde, versuchte ich, sie auf meine Hinfälligkeit zurückzuführen, aber an diese Erklärung wollte ich selber nicht so recht glauben.«

    »Also die Bombe platzte am Donnerstag, dem 26.August. Ich war zur gewohnten Zeit aufgestanden und hatte gefrühstückt, aber es war wegen der Schmerzen in meinem Rückgrat nicht viel mit mir anzufangen. Es war mir in letzter Zeit gar nicht gut gegangen, und ich war gezwungen gewesen, Opiate zu nehmen, wenn die Schmerzen unerträglich wurden. Es war außer der Dienerschaft niemand in den unteren Räumen, aber ich konnte Marceline oben in ihrem Zimmer hören. Marsh schlief unter dem Dach neben seinem Atelier und hatte sich angewöhnt, so lange aufzubleiben, daß er selten vor Mittag herunterkam. Gegen zehn Uhr wurden meine Schmerzen so stark, daß ich eine doppelte Dosis meines Betäubungsmittels nahm und mich auf das Sofa im Salon legte. Das letzte, was an mein Ohr drang, waren Marcelines Schritte im Obergeschoß. Die Ärmste wenn sie

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