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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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sich zuzogen, wie der arme Frank vor meinen Augen zu Tode gequetscht wurde, und währenddessen hörte ich ständig dieses grauenhafte leise Jammern von fernher.
    Das ist alles. Ich zog das Samttuch wieder über das Bild und ich hoffe, es wird nie mehr gelüftet. Das Ding muß verbrannt werden. Es ist mir nicht gelungen, den armen, toten Frank aus der Umklammerung zu befreien der schwarze Zopf umschlingt ihn wie eine eiserne Spirale und scheint sich überhaupt nicht mehr zu bewegen. Es ist, als hegte dieser schlangenhafte Haarstrick eine perverse Zuneigung zu dem Mann, den er getötet hat -als wollte er sich an ihn schmiegen, ihn umarmen. Du wirst den armen Frank mit dem Ding zusammen verbrennen müssen, aber überzeuge dich um Himmels willen, daß wirklich nichts als Asche übrigbleibt. Genauso das Bild. Beides muß verschwinden. Die Welt ist nur sicher, wenn sie verschwinden.”
    Denis hätte vielleicht noch mehr gesagt, aber das ferne Geheul setzte wieder ein und ließ uns verstummen. Zum ersten Mal erkannten wir nun, was es war, denn der Wind hatte nach Westen gedreht und trug nun verständliche Worte an unser Ohr. Wir hätten es uns längst denken müssen, denn ähnliche Worte waren oft aus derselben Quelle gekommen. Es war die runzlige Sophonisba, die uralte Zulu-Hexe, die sich gegenüber Marceline so unterwürfig gezeigt und jetzt in ihrer Hütte diese Klage angestimmt hatte, die uns wie ein schauriger Abgesang auf diese alptraumhafte Tragödie anmutete. Wir verstanden einige der Worte und wußten, daß geheime, urzeitliche Verbindungen zwischen dieser wilden Zauberin und jener anderen Erbin verschollener Geheimnisse bestanden, die an diesem Tag ihr Ende gefunden hatte. Die Worte verrieten uns, wie tief sie in dämonischen, urweltlichen Überlieferungen verwurzelt war.
    “Iä! lä! Schab-Niggurath! Ya-R’Lyeh! N’gagi n’bulu bwana «Vo/o/Ja, Jo, Aame
    Missy Tanit, Aame Missy Isis! Meißer Clulu komm raus auße Wasser un hol dein Kinner sin tot! Sin tot! Dein Haus keine Herrin mehr hat. Meißer Clulu. Alt-Sophy, sie weißes! Alt-Sophy, sie hat’n schwazzn Stein außn Großen Zimbabwe in Affrika geholt. Alt-Sophy, sie hat getanzt in de Monschein rund um de Kokodilstein, bisse de N’Bangus eingefang un an die Menner von Schiff vakauft ham! Keine Tanit mehr! Keine Isis mehr! Keine Hexnfrau mehr für Feuer zum Brennen in de großn Steinhaus! Ja, jo! N’gagi n’bulu bwana n’lolo! lä! Schab-Niggurath\Sies tot! Alt-Sophy weißes!”
    Damit war ihr Singsang noch nicht zu Ende, aber ich konnte ihr nicht länger zuhören. Der Ausdruck auf dem Gesicht meines Sohnes sagte mir, daß die Worte ihn an etwas Schreckliches erinnert hatten, und die hervortretenden Sehnen seiner Hand, die sich um den Griff der Machete spannte, verhießen nichts Gutes. Ich wußte, er war verzweifelt, und sprang auf ihn zu, um ihm die Waffe zu entreißen, bevor er neues Unheil anrichten konnte.
    Doch es war zu spät. Ein alter Mann mit einem kaputten Rückgrat hat körperlich nicht mehr viel zu bieten. Es gab ein schreckliches Handgemenge, aber es vergingen nur wenige Sekunden, und es war um Denis geschehen. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob er mich nicht auch töten wollte. Aus den letzten Worten, die er keuchend hervorstieß, hörte ich etwas des Sinnes heraus, daß alle ausgelöscht werden müßten, die, sei es durch Blutsverwandtschaft oder Heirat, mit Marceline verbunden gewesen waren.«

    »Ich wundere mich heute noch, daß ich in jenem Augenblick nicht den Verstand verlor — oder in den Stunden danach. Vor mir lag die sterbliche Hülle meines Jungen, des einzigen Menschen, der mir etwas bedeutet hatte, und drei Meter weiter, vor der verhängten Staffelei, lag der Leichnam seines besten Freundes, umschlungen von dieser tödlichen schwarzen Spirale. Unten lag<> der skalpierte Leichnam dieses weiblichen Monsters, von dem mein Sohn mir Dinge erzählt hatte, die ich fast zu glauben geneigt war. Ich war zu benommen, um die Wahrscheinlichkeit der Haargeschichte zu analysieren, und selbst wenn ich das nicht gewesen wäre, hätte der schaurige Singsang aus der Hütte der alten Sophy genügt, für den Augenblick jeden Zweifel zu ersticken.
    Wenn ich klug gewesen wäre, hätte ich getan, wie mir Denis geheißen hatte das Bild und das Schlangenhaar auf der Stelle verbrannt und meine Neugier bezähmt, aber ich war zu erschüttert, um klug zu sein. Ich nehme an, ich stammelte närrisches Zeug am Leichnam meines Sohnes bis mir dann

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