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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Unterirdischen zu dem Glauben zu bekehren, dessen universelle Verbreitung eines der Ziele der Spanier war.
    Eine beherrschende Rolle in der zeitgenössischen Religion von Tsath spielte eine wiederbelebte und beinahe echte Verehrung für das seltene, heilige Metall Tulu, jenen dunklen, glänzenden, magnetischen Stoff, der in der Natur nirgendwo vorkam, den Menschen jedoch von jeher in Gestalt von Götterbildern und Kultgeräten vertraut war. In seinem reinen, unlegierten Zustand hatte das Metall den Menschen seit Urzeiten Respekt abgenötigt, und alle heiligen Chroniken und liturgischen Texte wurden in Zylindern aus diesem Metall in reinster Form aufbewahrt. Nun, da die Vernachlässigung der Wissenschaften zu einer Abstumpfung des kritischanalytischen Verstandes geführt hatte, hatten die Unterirdischen erneut begonnen, das gleiche Gespinst abergläubischer Vorstellungen um das Metall zu weben, wie es in primitiver Vorzeit existiert hatte.
    Die Religion diente auch zur Einteilung des Kalenders, ein Brauch, der aus einer Periode stammte, als Zeit und Geschwindigkeit als die wichtigsten Fetische im Gefühlsleben des Menschen galten. Die abwechselnden Perioden des Wachens und Schlafens, verlängert, verkürzt und umgestellt, wie es aus Stimmung und
    Bequemlichkeit genehm erschien, und bemessen nach den Schwanzschlägen des Großen Yig, der Schlange, entsprachen ungefähr den oberirdischen Tagen und Nächten, obwohl Zamacona das Gefühl hatte, daß sie fast doppelt so lang währten. Das unterirdische Jahr, das jeweils mit der Häutung des Yig begann, entsprach etwa anderthalb Jahren der äußeren Welt. Zamacona glaubte, diesen Kalender genau zu kennen, als er seine Handschrift schrieb, auf die er deshalb ohne Bedenken das Jahr
    1545 setzte, jedoch fehlt es in dem Dokument an Beweisen dafür, daß seine Zuversicht in dieser Angelegenheit voll gerechtfertigt war.
    Während der Sprecher der Männer von Tsath ihn weiter mit Informationen versorgte,
    fühlte sich Zamacona zunehmend beunruhigt und abgestoßen. Es war nicht nur der Inhalt dessen, was ihm mitgeteilt wurde, sondern auch die seltsame telepathische Art der Mitteilung sowie die wachsende Gewißheit, daß eine Rückkehr in die
    oberirdische Welt ausgeschlossen war, die den Spanier wünschen ließen, er wäre nie in dieses Reich der Magie, Abnormität und Dekadenz hinabgestiegen. Aber er wußte, daß ihm kein anderer Weg offenstand, als sich freundlich und willfährig zu zeigen, und beschloß deshalb, in alle Pläne seiner Besucher einzuwilligen und jede Auskunft zu geben, die sie von ihm verlangen mochten. Sie waren ihrerseits fasziniert von den Angaben über die oberirdische Welt, die er ihnen nicht ohne Mühe übermittelte. Es handelte sich tatsächlich um die ersten verläßlichen Nachrichten aus der
    oberirdischen Welt, die sie erhalten hatten, seit in grauer Vorzeit die Flüchtlinge aus Atlantis und Lemuria gekommen waren, denn alle späteren Besucher von draußen waren Angehörige begrenzter, lokaler Volksgruppen ohne jede Kenntnis der großen Welt gewesen, im günstigsten Fall Maya, Tolteken und Azteken, überwiegend jedoch Angehörige unwissender Stämme der Prärie. Zamacona war der erste Europäer, den sie je zu Gesicht bekommen hatten, und daß er ein junger Mann von Bildung und Intelligenz war, machte ihn zu einer noch wertvolleren Informationsquelle für die Unterirdischen. Die Besucher ließen lebhaftes Interesse an allem erkennen, was er ihnen mitteilte, und es war offensichtlich, daß er dazu beitragen würde, das nachlassende Interesse der müden Bewohner von Tsath an Fragen der Geographie und Geschichte neu zu beleben.
    Das einzige, was den Männern von Tsath zu mißfallen schien, war die Tatsache, daß neugierige und abenteuerlustige Fremdlinge nun schon in die Gegenden der Außenwelt vordrangen, in denen die Zugänge zu K’n-yan lagen. Zamacona erzählte ihnen von der Gründung Floridas und Neuspaniens und klärte sie darüber auf, daß in vielen Teilen der Welt Abenteurer für Unruhe sorgten Spanier, Portugiesen, Franzosen und Engländer. Früher oder später würden Mexiko und Florida sich zu einem großen Kolonialreich vereinigen, und dann werde es kaum noch möglich sein, Außenseiter von den sagenhaften Goldund Silberschätzen im Erdinneren fernzuhalten. Rasender Büffel wußte von Zamaconas Unternehmung. Würde er Coronado davon erzählen oder den großen Vizekönig benachrichtigen, falls er Zamacona nicht an dem vereinbarten Treffpunkt

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