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Das große Doppelspiel

Das große Doppelspiel

Titel: Das große Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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noch
Nebelschwaden, doch dann und wann tauchte der Mond zwischen den rasch
dahinziehenden Wolken auf. Die Lili Marlen glitt mit
gedämpften Motoren auf das Ufer zu. Die Bordgeschütze vorn
und achtern waren nun bemannt, und Hare hatte eine Pistole
schußbereit im Halfter an der Hüfte.
    Langsdorff stand am Ruder, und Hare und Craig
beobachte­ ten die Klippen mit Nachtgläsern. Geneviève
wartete hinter ihnen, und unmittelbar neben ihr stand René.
Plötzlich blitzte genau vor ihnen ein kleiner Lichtpunkt auf.
    »Da sind sie«, sagte Hare. »Sehr
gut.« Er legte Langsdorff die Hand auf die Schulter.
»Halten Sie darauf zu. Noch lang­ samer.«
    Vor ihnen ragte der Anleger des
stillgelegten Steinbruchs von Grosnez auf, ein hohes,
gerüstartiges Gebilde auf großen rostigen Eisenträgern,
an die das Wasser dumpf platschte. Die Lili Marlen prallte sanft dagegen, und sofort waren ein paar Mann von der Besatzung mit Leinen rübergesprungen.
    Sie entdeckte Schmidt, mit einer Schmeisser-MP in An­ schlag, an Deck.
    Am anderen Ende des Anlegers leuchtete ein Licht auf,
und jemand rief auf französisch: »Seid ihr’s?«
    »Der Große Pierre«, sagte Craig. »Gehen wir.«
    Sie und René gingen voraus. Craig und Hare
folgten. Auf dem Anleger drehte sie sich um und schaute zurück zum
Deck. Schmidt lächelte zu ihr hoch. »Lassen Sie sich nicht
von den Bastards unterkriegen, Mädel.«
    Craig trat zu ihr. »Ein kleines Geschenk
für Sie.« Er gab ihr eine Walther und ein Ersatzmagazin.
»Stecken Sie es in die Tasche. So was braucht ein Mädchen
heutzutage.«
    »Nicht hierzulande«, sagte Hare und legte
den Arm um ihre Schultern. »Passen Sie gut auf sich auf.«
    Craig sagte zu René: »Bringen Sie sie heil zurück, oder ich reiße Ihnen die Eier ab.«
    René zuckte mit den Schultern. »Wenn
Mademoiselle Gene­ viève etwas passiert, passiert es auch
mir, Major.«
    Craig sagte gelassen: »Okay, Engel, es geht los.
Die größte Vorstellung Ihrer Karriere. Hals- und Beinbruch,
wie man beim Theater sagt.«
    Sie drehte sich, den Tränen nahe,
schnell um und eilte, ge­ folgt von René, die Stufen zur
Rampe hinauf. Ganz hinten am Anleger stand ein Lastwagen, schattenhafte
Gestalten liefen hin und her, und dann trat ein Mann aus dem Dunkel und
kam auf sie zu. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nie ein so
absto­ ßendes Individuum gesehen. Er hatte eine schmuddelige
Schlä­ germütze auf und trug eine schmutzige alte
Tuchjacke, Gama­ schen und ein Hemd ohne Kragen. Der Dreitagebart
und die Narbe auf seiner rechten Wange trugen nicht dazu bei, ihn
ein­ nehmender zu machen.
    »Großer Pierre?« sagte René.
    Geneviève steckte die Hand in die Tasche und
umklammerte den Kolben der Walther. »Das kann er unmöglich
sein«, flü­ sterte sie René zu, so
erschüttert, daß sie ins Englische verfiel.
    Narbengesicht blieb etwa einen Meter von ihnen
entfernt stehen und lächelte. »Tut mir furchtbar leid,
daß ich Sie enttäu­ sche, Miss«, sagte er im
reinsten Oxford-Englisch, »aber wenn Sie den Großen Pierre
erwarten, bin ich Ihr Mann.«
    Hinter ihm kamen zehn oder zwölf Männer mit
Gewehren und leichten MGs aus dem Schatten der Klippen. Sie standen
einfach da und starrten sie an, und keiner von ihnen sagte ein Wort.
    Sie flüsterte dem Großen Pierre zu:
»Ich weiß nicht, was sie mit den Deutschen machen, aber ich
bekomme es mit der Angst, wenn ich Sie ansehe.«
    »Ja, es sind tolle Burschen, nicht wahr?«
Er klatschte in die Hände. »Los, ihr Mistkerle«, rief
er im besten Argot. »Rauf auf die Kiste und paßt auf, wenn
ihr den Mund aufmacht. Denkt daran, daß wir eine Dame dabei
haben.«

    Der Lastwagen war ein Holzvergaser. Die Männer
vom Gro­ ßen Pierre waren zwei Kilometer vorher auf der
Straße ausge­ stiegen, und er fuhr nun zügig und pfiff
ohne Melodie vor sich hin.
    »Und wenn wir einer deutschen Streife begegnen?« sagte Geneviève.
    »Einer deutschen was?« Er roch aus dieser Nähe wirklich ausgesprochen abscheulich.
    »Streife«, wiederholte sie. »Patrouille.«
    »Nicht in dieser Gegend. Sie
patrouillieren nur, wenn es sein muß. Das heißt,
tagsüber und zahlreich. Wenn heute nacht im Umkreis von zwanzig
Kilometern jemand unterwegs wäre, wüßte ich es, glauben
Sie mir.«
    Sie hätte am liebsten laut gelacht, weil das
Ganze so herrlich makaber war. »Sie scheinen wirklich alles
bestens organisiert zu haben.«
    »Sie klangen am Telefon immer so schön
damenhaft. Gut, daß ich jetzt auch weiß, wie

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