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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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entkorkten oder Zudringliche ohrfeigten. Es hieß, sie sei schroff und ihre Seele sei hart, weil’s Juana Baura ihr so geraten, die sie das Mißtrauen gegenüber den Männern, die Liebe zum Geld und die Gewohnheit des Alleinseins gelehrt haben soll. Als die Wäscherin verschied, veranstaltete die Chunga eine üppige Totenfeier: beste Schnäpse, Hühnerbrühe, Kaffee, die ganze Nacht hindurch und so viel man nur wollte. Und als die Kapelle eintrat, voran der Arpista, sahen die, die bei Juana Baura Totenwache hielten, gespannt zu, die Augen voller Bösartigkeit. Aber Don Anselmo und die Chunga umarmten sich nicht, sie gab ihm die Hand genau wie dem Bullen und dem Jüngling. Sie hieß sie eintreten und kümmerte sich um sie mit der gleichen förmlichenHöflichkeit wie um die übrigen, hörte aufmerksam zu, als sie traurige Weisen spielten. Man nahm wahr, daß sie Herrin ihrer selbst war, und ihr Ausdruck war mürrisch, aber überaus ruhig. Der Arpista dagegen wirkte melancholisch und verwirrt, sang, als bete er, und ein Bengel kam herein, um ihm auszurichten, daß man im Haus hinterm Schlachthaus ungeduldig werde, die Kapelle hätte um acht Uhr anfangen sollen, und jetzt sei es nach zehn. Nach Juana Bauras Tod, sagten die Mangaches, würde die Chunga beim Alten in der Mangachería wohnen. Sie aber zog um in die winzige Bar, es heißt, sie habe auf einem Strohsack unter der Theke geschlafen. Zu der Zeit, als die Chunga und Doroteo sich trennten und als sie zur Eigentümerin wurde, spielte die Kapelle Don Anselmos schon nicht mehr im Haus hinterm Schlachthof, sondern in dem in Castilla.
    Die winzige Bar der Chunga machte schnelle Fortschritte. Sie selbst strich die Wände, schmückte sie mit Fotografien und Drucken, bedeckte die Tische mit vielfarbig geblümten Wachstüchern und stellte eine Köchin an. Die kleine Bar verwandelte sich in eine Wirtschaft für Arbeiter, Lastwagenfahrer, Eisverkäufer und Stadtpolizisten. Doroteo zog nach der Trennung nach Huancabamba, Jahre danach kehrte er nach Piura zurück und, die Leute sagten, »so geht’s nun mal im Leben« , wurde Stammgast in der winzigen Bar. Er wird wohl gelitten haben, wenn er die Verbesserungen dieses Lokals betrachtete, das einst seins gewesen war.
    Aber eines Tages schloß das Bar-Restaurant seine Türen, und die Chunga verschwand sang-und klanglos. Eine Woche später kehrte sie ins Viertel zurück und führte einen Zug Handwerker an, die die Adobewände einrissen und andere aus Ziegelsteinen aufrichteten, Wellblechdächer legten und Fensteröffnungen schufen. Lächelnd, emsig verbrachte die Chunga den ganzen Tag auf der Baustelle, half den Arbeitern, und die alten Leute tauschten höchst erregt vielsagende, erinnerungsschwere Blicke, »sie baut’s wieder auf, Bruderherz«, »der Apfel fällt nicht weit vom Stamm«, »was man erbt, das stiehlt man nicht«. Zu dieser Zeit spielte die Kapelle schon nicht mehr im Haus in Castilla, sondern in dem im Stadtteil Buenos Aires, und auf dem Weg dorthin bat der Arpista den Bullen und den Jüngling Alejandro, im alten Viertel haltzumachen. Sie kletterten durch den Sand hinauf, und der schon fast blinde Alte, bei der Baustelle angelangt, geht’s voran? hat’s schon Türen? macht’s einen guten Eindruck, wenn man davorsteht? wie sieht’s denn aus? sein Eifer und seine Fragen verrieten einen gewissen Stolz, den die Mangaches noch mit Scherzen förderten: »So was, die Chunguita, Arpista, die wird uns noch reich, haben Sie das Haus gesehen, das sie da baut?« Er lächelte dann vergnügt; wenn dagegen die geilen alten Knacker auf ihn zukamen, »Anselmo, sie baut’s uns wieder auf !« , spielte der Arpista den Verblüfften, den Geheimnisvollen, den Unwissenden, ich weiß von nichts, ich muß jetzt gehen, wovon redet ihr denn? welches Grüne Haus?
    Eines Morgens stellte sich die Chunga, das Gebaren resolut und wohlhabend, die Schritte fest, in der Mangachería ein und schritt durch die staubigen Gäßchen und erkundigte sich nach dem Arpista. Sie traf ihn schlafend an, in der Hütte, die Patrocinio Naya gehört hatte. Auf seinem ärmlichen Lager ausgestreckt, einen Arm über das Gesicht gewinkelt, schnarchte der Alte, und die weißen Haare auf seiner Brust waren schweißnaß. Die Chunga trat ein, schloß die Tür, und draußen verbreitete sich unterdessen die Nachricht von diesem Besuch. Die Mangaches brachen zu Spaziergängen in der Nähe auf, spähten durch das Rohrgeflecht, preßten die Ohren an die Tür, teilten

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