Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)
ab.
Augenblicke später nur war eine Antwort da.
Wie bitte?!
Ich schrieb rasch zurück. Wieso bist du online? Es ist doch Höllenstunde!
Von wegen Höllenstunde. Erlebe die Hölle auf Erden, auch genannt Geburtstagsparty eines Nachbarkinds. Habe mich mit iPhone in Wäschekammer verbarrikadiert. Mein Ohr erträgt es nicht, wenn Würstchen im Schlafrock verschlungen werden. Lucas wird niemals verkaufen. Er liebt das Haus. Außerdem ist das dein Erbe. Sag ihr, sie soll ihre dreckigen Pfoten davonlassen.
Noch bevor ich antworten konnte, traf die nächste E-Mail ein.
Hast du eben gesagt, Horror-Henrietta bräuchte Geld? Ob sie die Diebin ist?
Sehr komisch , schrieb ich zurück.
Das war kein Witz.
Hör auf, Charlie.
Das war KEIN Witz. Gleich wieder da. Wimmerndes Kind will dringend rein.
Ich wollte mit Charlie gar nicht über Henrietta reden. Charlie, ich habe gehört, dass Aidan neuerdings in Washington lebt. Hast du ihn mal gesehen?
Ich löschte die E-Mail. Und versuchte es erneut.
Charlie, hattest du in letzter Zeit Kontakt zu Aidan? Lucas hat erzählt …
Ich löschte auch diese E-Mail. Raus damit. Frag ihn einfach.
Charlie, weißt du, ob Aidan eine Neue hat? Falls ja, ist es etwas Ernstes?
Ich löschte auch diese Version.
Bevor ich einen vierten Anlauf nehmen konnte, schrieb mir Charlie wieder.
Aber KÖNNTE es nicht Henrietta sein? Auch sie kommt oft in all die Häuser, oder? Vielleicht geht es ihr bloß um den Kick, so wie manchen berühmten Schauspielern. Aber frag mich nicht, wie du das Lucas beibringst …
Ich schrieb sofort zurück. Aidan erwähnte ich noch immer nicht.
Henrietta scheidet absolut aus. Sie hat zu tun, sie muss sich auf dem französischen Immobilienmarkt umsehen.
Hoffentlich hast du recht. Uuuh, draußen klirren Fensterscheiben. Seh mal lieber nach. Cx
Charlie war wieder offline, doch der Zweifel war gesät. Könnte es wirklich Henrietta sein?
Henrietta?
Auf keinen Fall. Nur weil sie vorhatte, ihren Mann zu verlassen, weil sie mit Lucas ein neues Leben beginnen wollte und kein Geld hatte, aber dringend welches brauchte und ständig Zugang zu den Häusern hatte … Das hieß gar nichts. Ausgeschlossen.
Ich wandte mich wieder meinen E-Mails zu und scrollte durch die Inbox. Zwischen sehr viel Spam entdeckte ich eine Mail von meiner Mutter. Seit ich ihr mitgeteilt hatte, dass ich in London war, hatte sie mir zwei sehr heitere Mails geschrieben, sich für die Information bedankt, mir Anekdoten aus dem Fernsehstudio geschildert und von Walters jüngsten gärtnerischen Plänen berichtet. Ich erwartete etwas Ähnliches.
Beim Lesen verschlug es mir den Atem.
Darling Ella,
du bist immer in unseren Gedanken, ich hoffe, das weißt du, doch in diesem Monat umso mehr. Es ist mir kaum vorstellbar, dass Felix uns vor beinahe zwanzig Monaten verlassen hat. Aber ich wollte dich wissen lassen, dass wir zu seinem Gedenktag eine Messe lesen lassen. Ich hoffe, das ist in deinem Sinne. Ich bin keine Frömmlerin geworden, keine Sorge, doch das schenkt mir großen Frieden.
Alles Liebe von Walter und mir, mein Darling.
Mum xxx
Ich schrieb sofort zurück.
Liebe Mum, lieber Walter,
ich danke euch sehr. Das bedeutet mir sehr viel.
E xxx
Ich musste Tränen fortzwinkern. Unterdessen traf eine neue E-Mail von der MerryMakers -Adresse ein. So rasch schon Antwort? In Australien war erst früher Morgen. Ich klickte auf die E-Mail. Sie stammte nicht von Mum, sondern ihrem Produktionsteam. Sie enthielt den Link zu einem Interview, das Mum einem großen Fernsehsender gegeben hatte. Ich musste mich, wie üblich, erst durch die vielen Ausrufezeichen arbeiten, die jede Mail des MerryMakers -Team vermüllten. Diesmal waren alle völlig aus dem Häuschen. Das Interview war ein gewaltiger Schritt. Zwischen den Stars des Kabelfernsehens und dem »richtigen« Fernsehen gab es nur wenige Überschneidungen.
Ich öffnete den Link und klickte auf »Play«. Es ging los. Ein gebräunter Moderator begann mit der Vorstellung. Er kündigte »Australiens irrste Mum« an, »die köstliche Köchin«, »die musikalische Muse am Mixer und die Meisterin munterer Mahlzeiten, die leibhaftige Merry aus MerryMakers !«
Mum erschien auf dem obersten Absatz einer etwas wackeligen Treppe und lief in Windeseile die Stufen herunter. Wie sie das schaffte, mit ihren hohen Absätzen und ihrem kurzen Rock, das weiß der Himmel. Um ihren Kopf wippten blonde Locken. Wie üblich trug sie heitere, leuchtende Farben. Sie setzte sich und
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