Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)
Unterschied.« Ich hoffe sehr, dass ich das eines Tages lerne.
Ich habe dann ein bisschen Windowshopping gemacht und sogar ein paar Outfits anprobiert, und als ich dann in die Nebenstraßen gegangen bin, habe ich das Café entdeckt, in dem ich neulich war, und keine Ahnung, was, aber irgendetwas hat mich hingezogen. Ich habe vorher noch schnell meine Münzen gezählt und hatte gerade genug für einen Tee. Also bin ich in das Café. Die Frau aus Australien war allein hinter der Theke.
Sie war auch diesmal nicht besonders nett zu mir. Sie hatte sich wohl daran erinnert, dass ich neulich eine Ewigkeit bei ihr rumgesessen habe, aber ich habe tief Luft geholt, und bevor ich groß darüber nachdenken konnte, habe ich mich ihr zu Füßen geworfen und sie angefleht, mir irgendeine Arbeit zu geben, Kartoffelschälen, Toilettenputzen, egal was, Hauptsache, ich bekomme ein paar Pfund. Ich habe ihr erklärt, dass ich kein Geld mehr hätte, aber nicht wegen Drogen oder so was, ganz bestimmt nicht, aber dass ich als junge Australierin, so wie sie vielleicht früher auch, eine gute Samariterin nötig hätte. Es hat mir echt geholfen, dass ich mir auch in dem Moment vorgestellt habe, das Ganze wäre ein Film. Dadurch war es weniger beängstigend, weil ich mir eingeredet habe, das wäre die Figur aus meinem Film und nicht ich, Jessica Baum, die all das sagt.
Und die Frau hat daraufhin gefragt: »Wie, überhaupt kein Geld?« Und ich habe ihr erzählt, dass ich anfangs welches hatte, mir das aber gestohlen wurde. Und sie: »Du bist beraubt worden?« Und dann habe ich ihr spontan ALLES erzählt, dass ich anfangs in einem Hotel gewohnt habe (ich habe aber nicht gesagt, in welchem), dass ich mich mit meiner Mum und meinem Dad gestritten hätte (ich habe aber nicht gesagt, wieso), und dass ich so dämlich war, die Kreditkarte zu zerschneiden, und dass sich Ben meiner erbarmt hat und mich bei sich übernachten lässt, und seinen Freund ebenfalls (ich habe aber nicht gesagt, dass ich mit ihm geschlafen habe), und dass ich wach geworden bin und Ben und die Typen aus dem Club gehört habe und dann, als ich wieder wach geworden bin, meine Handtasche zwar noch da war, mein Handy und mein Portemonnaie aber nicht.
»Du kanntest keinen von den Typen? Und den einen hattest du eben erst in deinem Hostel kennengelernt?«
Ich habe sie wegen dem Hostel nicht korrigiert. Ich habe nur genickt. Da ist sie völlig ausgetickt. »Du kannst verdammt noch mal von Glück sagen, dass du nicht vergewaltigt und ermordet worden bist. Wie kann man denn so blöd sein und bei einer Horde wildfremder Männer übernachten? Große Güte. Hat deine Mutter dir denn gar nichts beigebracht?«
Da hätte ich echt weinen können, denn NATÜRLICH hätte meine Mum niemals gewollt, dass ich in so einen Schlamassel gerate, aber es ist mir gelungen, NICHT zu weinen, und ich habe es mit einem Witz versucht: »Sie hat mir nur das Kochen beigebracht. Und sie ist eine ziemlich schlechte Köchin.«
Und dann, ich konnte es nicht fassen, hat die Frau einen Schritt nach hinten gemacht und gesagt: »Ich kenn dich doch, oder? Du bist aus dieser Fernsehshow, dieser albernen Kochshow mit Mutter und Tochter. Mad Mary oder so was.«
»MerryMakers.«
» MerryMakers , ganz genau. Ist Merry deine Mum?«
Ich war noch NIE so dankbar, dass Mum im Fernsehen Kult ist! Wie sich dann nämlich herausstellte, war die Cafébetreiberin – Angela – über Weihnachten bei ihrer Familie in Sydney und ist eines Nachmittags im Kabelfernsehen auf MerryMakers gestoßen und hat sich unzählige Folgen angesehen, sogar die Wiederholungen. Und auf einmal war sie wie ausgewechselt. Ruft dem Typen aus der Küche etwas zu. Ein Iraner oder Russe oder so. Er ist nämlich ihr Mann, nicht ihr Boss. Und dann hat sie Victor, so heißt er, gefragt: »Haben wir für die Kleine hier heute irgendwas zu tun? Sie steckt ein bisschen in der Klemme.«
Er ist rausgekommen und hat mich gleich gefragt: »Warum hilft dir deine Familie nicht?«
»Ich will auf eigenen Beinen stehen«, habe ich geantwortet. Ich wollte nicht schon wieder ins Detail gehen.
Und dann konnte ich auf der Stelle anfangen zu arbeiten! Es waren zwar nur drei Stunden, aber ich habe echt geschuftet. Ich habe gespült und Kartoffeln geschält und bestimmt hundert Plastikflaschen mit Tomatensoße und Senf gefüllt. Am späten Nachmittag war viel los, da sind die Arbeiter von einer nahe gelegenen Baustelle gekommen, weil die Feierabend hatten, und alle
Weitere Kostenlose Bücher