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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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geschieden ist. So wird es in ihrem Abschiedsbrief nachzulesen sein. Verstehst du jetzt?«
    Heinrich ist ein herzensguter Mann, aber es mangelte ihm mitunter an Raffinesse.
    »Eine Selbstmörderin kann keiner vor Gericht bringen.«
    »Du willst deinen eigenen Tod vortäuschen?«, fragte er ungläubig.
    »Genau, denn eine Tote können sie schwerlich wegen Mordes verurteilen. Und schon ist mein Motiv zum Teufel. Dass ich an Pits Geld wollte. Und flugs fragt sich der Richter: Und wer wäre nun der Nutznießer? Da käme er schnell auf den Neffen. Und dann würde der gute Mann ins Grübeln kommen, nämlich ob es sich wirklich um einen Freitod gehandelt hat oder ob man nicht uns beide aus dem Weg hat räumen lassen wollen.«
    »Du bist ganz schön durchtrieben«, murmelte Heinrich, aber es sprach mehr Bewunderung als Tadel aus seinen Worten. »Aber wenn man dich für tot hält, wird Pits Vermögen trotzdem an seine Erben fallen, weil du keine eigenen Erben hast.«
    »Wer sagt denn so etwas? Natürlich habe ich eigene Erben!«, entgegnete ich listig und reichte Heinrich meinen Hut. »Vertrau mir! Es wird alles gut. Beeil dich! Und schicke mir einen fähigen Burschen, mich abzuholen, wenn es so weit ist. Das Einzige, was nicht passieren darf, ist, dass mich jemand bemerkt, wenn ich an Bord gehe.«
    Heinrich musterte mich fragend. Er hatte wohl immer noch nicht verstanden, wie mein Plan genau aussah. Doch das war auch besser so. Ich war mir ziemlich sicher, er würde mir Vorhaltungen machen, wie ich Lene so etwas antun konnte und mich zwingen, sie in alles einzuweihen. Und das konnte und wollte ich nicht riskieren. Sie würde wahrscheinlich schon beim ersten Verhör zusammenbrechen und mit der Wahrheit rausplatzen. Nein, den Rest des Planes würde ich Heinrich erst verraten, wenn wir auf hoher See waren.
    Ich wartete, bis er fort war, und wollte mich ans Werk machen. Das Dokument sollte zusammen mit Pits Testament beim Notar Brodersen abgegeben werden. Ich griff in meinem Koffer und holte die Pläne hervor. Doch wo war das Schriftstück? Hektisch begann ich im Koffer zu wühlen. Da fiel es mir wieder ein. Ich hatte das Testament vor Schreck fallen gelassen und es dann in meiner Panik dort liegen gelassen.
    Mir blieb keine Wahl, als mich noch einmal zu Pits und meinem Haus hinüberzuschleichen. Denn ohne das Testament meines Mannes wäre auch mein eigenes völlig wertlos. Das schien mir nicht ganz ungefährlich für den Fall, dass Christian tatsächlich im Park lauern sollte, aber ich musste es wagen. Unterwegs traf ich zu meiner großen Erleichterung keinen Menschen. Ich konnte nur hoffen, dass das Testament bei der Durchsuchung des Hause nicht in Christians gierige Hände gefallen war … Als ich ins Zimmer trat, erwartete mich ein unbeschreibliches Chaos. Alle Schubladen waren herausgezogen, die Schränke durchwühlt. Ich wollte die Hoffnung schon aufgeben, da überkam mich eine letzte Hoffnung. Ich bückte mich und kroch unter den Schreibtisch. Mein Herz machte einen Sprung, als ich das Dokument erblickte. Hastig nahm ich es an mich. Ich ließ das Schreiben im Ausschnitt meines Kleides verschwinden und schaffte es ungesehen, unser Haus zu verlassen und durch die angelehnte Tür zurück in die Diele und in mein Zimmer zu schlüpfen.
    Mein Herz pochte bis zum Hals, und ich musste mehrmals tief durchatmen, um mich meiner Mission zu widmen. Eigentlich konnte nichts schiefgehen, wenn Pits und auch mein Testament dem Notar übergeben wurden. Trotzdem kam ich ins Schwitzen, während ich jedes dieser schicksalhaften Worte mit äußerster Konzentration zu Papier brachte.
    Ich habe alles niedergeschrieben, was sich heute zugetragen hat, und bereite mich darauf vor, das Haus zu verlassen. Für immer?, frage ich mich bang, und meine Augen werden feucht. So groß wie mein Heimweh jetzt schon ist, wo ich noch gar nicht fort bin, könnte ich es mir im allerletzten Augenblick womöglich noch anders überlegen. Aber immer, wenn ich merke, dass ich schwach werden könnte, denke ich an die beiden Männer, deren letzte Willen mir heilig sind. Pit würde im Grabe niemals Ruhe finden, wenn er mit ansehen müsste, wie sein Neffe sich sein gesamtes Vermögen unter den Nagel reißen würde. Von Vater gar nicht zu reden. Ach, wie gern würde ich die beiden zu Grabe tragen, aber das wird mir nicht vergönnt sein.
    Noch einmal greife ich nach dem fertigen Dokument, studiere erneut, was ich soeben verfasst habe, und reibe mir beim Durchlesen vor

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