Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
Junkarts saß da wie vom Blitz gestreift. Offenbar war ihm eingefallen, was ich im Garten zu ihm gesagt hatte, und jetzt ging ihm ein Licht auf, aber es war mehr, als er verkraften konnte. Mit belegter Stimme stammelte er: „Das ... das ist bizarr. Das würden Sie nicht tun ... Das könnte ich nie.“
Aber noch während er die Worte im Tonfall fassungsloser Verblüffung hervorstieß, spürte ich, wie diese schon vertraute stickige Schwüle in den Raum kroch, als wäre draußen ein Gewitter aufgezogen. Die Luft schmeckte mit einmal dumpf. Ich meinte den Duft von Blumen zu riechen, doch diesmal waren es keine frischen Blumen. Sie dufteten welk und maischig, mit einer schweren Süße, die den Atem verschlug wie der Duft von Heliotrop. Die Gläser in der Vitrine klirrten, als sei jemand daran gestoßen.
„Sie meinen“, fragte Junkarts, wobei er den Hals vorstreckte und den Kopf schief legte wie jemand, der um eine Ecke zu spähen versucht, „Sie könnten danebensitzen und zusehen, wie ich ... mit Ihrer Freundin ...“ Ein so heftiger Schauder überlief ihn, dass er die Arme an den Leib presste und die Finger ineinander verschränkte, bis die Knöchel weiß wurden. Dann erklärte er rundheraus: „Ich würde verrückt werden vor Eifersucht, wenn meine Frau ...“ Er brach ab, zu schockiert, um weiterzureden.
„Sie missverstehen die Situation“, antwortete Alec. Seine Stimme klang tiefer und dunkler als zuvor, und seine blauen Augen glänzten in einem eigentümlichen Licht. „Sie sind nicht mein Konkurrent. Sie betrügen mich nicht. Sie sind ein Teil von uns beiden – oder könnten es jedenfalls werden, wenn wir uns einigen. Wir verschmelzen zu einer Einheit. Sie sind notwendig, damit wir beide uns voll entfalten können ... und dass Sie
uns
brauchen, oder zumindest Charmion brauchen, das wissen Sie. Nun, uns beide gibt es nur im Doppelpack, das ist ein Teil des Deals. So generös bin ich nämlich auch wieder nicht, dass ich auf meinen Anteil am Kuchen verzichte.“ Er stand auf, schwer auf den Gehstock gestützt. „Sie entschuldigen mich ein paar Minuten. Mittlerweile denken Sie in Ruhe darüber nach, was ich gesagt habe.“ Damit verschwand er im Schlafzimmer, zweifellos, um sich eine weitere Linie zu legen, bevor das Drama seinen Höhepunkt erreichte. Alec hatte viel Sinn dafür, wie man seine Erlebnisse möglichst effektvoll gestaltete.
Mittlerweile saß ich im Wohnzimmer einem Mann gegenüber, der mir gar nicht zu erzählen brauchte, was er empfand. Die Unruhe rundum erzählte es mir, die schwere Luft, das kaum hörbare Summen, das wie das Geräusch eines laufenden Ventilators klang, der dumpf süße Duft welker Blumen. Er war völlig verwirrt, aber dass er gezwungen gewesen war, seine geheimsten Begierden offenzulegen, hatte ihn ebenso aufgereizt, wie es ihn geängstigt hatte; das bloße Gespräch darüber hatte die ständig schwelende Lust in ihm angefacht. Und nun wurde ihm plötzlich erlaubt, ja er wurde geradezu aufgefordert, sich dieser Lust hinzugeben! Er sah mich fragend an, wagte aber nicht seine Frage in Worte zu fassen.
Ich bestätigte: „Alec meint es ernst. Und mir würde es gefallen. Es ist mir sogar sehr wichtig, dass es geschieht.“
„Warum?“, fragte er, ohne mich anzusehen.
„Weil es für ihn genauso bedeutsam ist wie für mich. Haben Sie denn gedacht, ich würde ihn betrügen? Hinter seinem Rücken mit einem anderen Mann rummachen? Wenn Sie nicht wären, was Sie sind – wenn Sie ein Mann wären, der einfach nur mit mir schlafen will, weil ich ihm gefalle oder weil er denkt, dass ich bei Alec nicht kriege, was ich brauche – dann hätte ich Sie zum Teufel gejagt. Aber Sie sind einer von uns. Sie sind lebenswichtig für uns.
Tops
ohne
Bottoms
können nicht existieren.“
„Was ohne was kann nicht?“
„Oh. Verzeihung – Szenejargon. Tops sind Menschen wie Alec und ich, und Bottoms sind Menschen wie Sie. Wir gehören zusammen wie Yin und Yang. Keiner von uns kann ohne den anderen glücklich werden. Verstehen Sie? Deshalb sind Sie kein Konkurrent, kein Feind, auf den Alec eifersüchtig sein müsste. Sie sind einfach das, was wir brauchen, um zu leben.“
Seine durchdringenden braunen Augen fixierten mich. „Wie eine Spinne die Fliege braucht.“
„Vielleicht. Und Sie? Sind Sie denn keine Spinne? Was wollten Sie denn von mir, wenn nicht, dass ich Sie satt und geil und glücklich mache? Aber wir sollten einander keine Vorwürfe machen. Wie heißt es? ‚Ich bin Leben, das
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