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Das Haus der Tänzerin

Das Haus der Tänzerin

Titel: Das Haus der Tänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Lord Brown
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unser Bestes für sie getan. Ich würde es jederzeit wieder tun.«
    »Ich auch.« Freya nahm ihren Gehstock. Sie schlurfte zu Charles hinüber und strich ihm den Kragen glatt. »Du bereust nichts?«
    »Reue ist ein nutzloses Gefühl.«
    Freya dachte an die Nächte, in denen sie ihn, den Kopf auf dem Tisch, vorgefunden hatte, umgeben von Bildern von Gerda, Hugo und ihren Freunden. »Es ist Zeit, Charles. Denk zumindest einmal über Spanien nach.«
    »Spanien? Ich denke an kaum etwas anderes.«
    Sie küsste ihn auf die trockene, faltige Wange. »Wir beide.«

43

    Die Straße nach Barcelona, Januar 1939
    »So, wir haben es geschafft. Die allerletzten Unverbesserlichen, wie?« Charles schaute zu Hugo, als die Flugzeuge wieder im Sturzflug auf sie zukamen. »Wer hätte gedacht, dass ein paar Frischlinge wie wir mit Hemingway und Capa im Hotel Florida wohnen …«
    Seine Stimme wurde von dem Rattern der Maschinengewehre übertönt, dem Durcheinander von Schritten und Geschrei auf der Straße.
    »Du hattest recht. Es ist Zeit, nach Hause zu fahren, alter Junge. Ich kann keine Orangenschalenchips und keinen Salattabak mehr sehen. Wenn man sich überlegt, dass sich die Städte in den Nationalistenzonen kein bisschen geändert haben. Die Reichen sind gut gekleidet, ihre Bäuche, die Kirchen und die Stierkampfarenen sind voll. Das Leben ist so, wie es immer war. Wozu war das alles gut?« Er nahm Hugos Hand, verschränkte ihre Finger ineinander. Charles schluckte ein Schluchzen hinunter. »Ich weiß noch, wie du Witze gerissen hast, als wir uns angeschlossen haben: ›Vielleicht sollten wir uns einfach selbst in den Fuß schießen?‹ Vielleicht hätten wir genau das tun sollen. Vielleicht sollten wir es jetzt tun.«
    Charles schüttelte sich, als ihm die Szenen, die er in Barcelona beobachtet hatte, durch den Kopf gingen.
    »Wie konnten Mussolinis Schweine diese Päckchen, auf denen ›Schokolade‹ stand, auf die Straßen werfen, da sie doch genau wussten, dass unschuldige Kinder sie aufheben würden, die nicht im Traum gedacht hätten, dass das Bomben wären?« Schluchzend ließ er den Kopf hängen und beobachtete, wie Kinder, blutige Lumpen um Arme und Füße gewickelt, vorbeizogen, weinend vor Hunger und Schmerzen. Manche klammerten sich an ihren Eltern fest. Gegenüber von ihm kauerte eine Frau mit einem Neugeborenen an der entblößten Brust. Neben ihr lag eine alte Frau am Straßenrand. Sie hatte alle Hoffnung aufgegeben und wartete auf den Tod. Die Leute auf der Straße stiegen mit ihren Eseln und Maultieren um sie herum, während Lastwagen vorbeidonnerten und die Goyas, El Grecos und Vélazquez aus dem Prado in Sicherheit brachten.
    »Schau dir das an, Hugo«, sagte er. »Sie retten die verdammten Gemälde, aber was ist mit diesen armen Menschen?«
    Charles dachte an den Oktober zurück, als die Internationalen Brigaden auf dem Heimweg durch Barcelona gezogen waren. Tausende von Katalanen hatten die Avinguda Diagonal gesäumt und auf die Männer gewartet. In der Stadt knisterte es vor Angst und Misstrauen, und von der Regierung aus Valencia herbeibeorderte Gardisten hielten den Frieden durch eine reine Demonstration ihrer Stärke aufrecht. Allen war klar, dass das Ende jetzt nah war; alles Vertrauen und alle Hoffnung waren dahin.
    Kurz nach halb fünf Uhr hörte er sie kommen, Stiefel marschierten durch das Blütenmeer, und von den Balkonen regnete es Konfetti. Charles sträubten sich die Nackenhaare, und er bekam eine Gänsehaut. Zuerst kam eine Ehrenformation republikanischer Soldaten, dann Hunderte von Seeleuten, die aus voller Kehle sangen.
    »Es kann doch nicht vorbei sein, Hugo«, sagte er und hob sich die Kamera vors Auge.
    »Für uns schon. Die Internationalen Brigaden werden nach Hause geschickt.« Hugo reckte die Faust in die Luft, als die ersten der Internationalen vorbeimarschierten, eine deutsche Brigade. Auf der Straße lagen knöcheltief Blütenblätter, die sie mit ihren Stiefeln zertraten.
    »Ich habe auch keine Ahnung, was, zum Teufel, sich der Nichteinmischungsausschuss denkt«, sagte Charles verzweifelt. »Sie befehlen den Spaniern, uns alle nach Hause zu schicken, aber was ist mit all den Nazis und italienischen Faschisten, die für Franco kämpfen? Werden die auch gehen? Den Teufel werden sie tun. Das ist das Ende. Welche Chance haben die Republikaner jetzt noch gegen ihn?«
    Charles unterdrückte die Tränen, als zweihundert Soldaten von der Abraham-Lincoln-Brigade vorbeimarschierten. Während

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