Das Haus im Moor
Hannah, das hat er.« Florence blickte wieder auf den Teig.
»Es gibt einfach keine Gerechtigkeit«, sagte Hannah und warf das Handtuch weg. »Oder muß er etwa meinetwegen bezahlen? Die Sünden der Väter?«
»Jetzt hör aber auf, Hannah, das ist dummes Geschwätz, und du weißt es.«
»Ach, Florence,« – Hannah holte tief Luft – »da bin ich mir nicht so sicher. Und weißt du was? Ich würde auf der Stelle sterben, ja, ich würde mein Leben hergeben, wenn ich ihm damit zu ein bißchen Glück verhelfen könnte!«
»Mutter! Hannah! Mutter!« Moira und Barney kamen über den Hof in die Küche gerannt und wedelten atemlos mit den Händen. »Es ist Licht an! Da oben ist Licht an!«
Florence und Hannah wechselten einen schnellen Blick, und Hannah sagte: »Dann sind sie also zurück.« Florence fragte Moira: »Wo ist Vin? Ist er noch in der Werkstatt?«
»Ja«, mischte sich Barney schnell ein, »und Davie ist zu ihm gegangen, um es ihm zu erzählen. Wir waren gerade oben in den Felsen, und von da aus haben wir das Licht gesehen.«
»Sollen wir hinaufgehen, Mutter?« fragte Moira, und Florence antwortete: »Ja, ja, geht nur und seht nach, ob genügend Holz da ist.«
»Holz ist da«, entgegnete Barney. »Wir haben schon welches hinaufgeschafft.«
»Sehr gut. Dann bringt noch ein bißchen Milch hinauf. Euer Vater soll euch eine Kanne voll mitgeben.« Florence bat die Kinder nicht, nachzusehen, wer dort oben war. Das würden sie ihr sowieso sagen.
Auf der anderen Seite des Hofes wartete auch Vincent auf diese Nachricht.
Ein halbe Stunde später kamen die Kinder wieder zurück, und Davie stürmte in die Werkstatt und schrie: »Oh, Vin! Du solltest mal sehen, was sie uns mitgebracht hat. Jeder von uns hat etwas bekommen, Mutter und Hannah sogar Tischlampen. Sie sind wunderschön.«
»Gut.« Vincent straffte den Oberkörper und fragte ruhig: »Sind alle gekommen?«
»Der Mann nicht, nur die Frau und Peter. Peter hat gefragt, ob du ihm mit den Lampen helfen könntest. Er hat Angst, daß wir sie kaputtmachen. Oh, sie haben haufenweise Sachen dabei.« Als Davie schon fast wieder an der Tür war, hielt er inne, wandte sich noch einmal zu Vincent um und brüllte, als ob er auf der anderen Seite des Hofes stehen würde: »Sie war krank, sie lag im Bett!« Und weg war er.
Krank im Bett. Das war’s also. Vincent hatte nie daran gedacht, daß sie krank sein könnte, an alles andere, aber daran nicht. Er holte tief Luft und fühlte sich wie befreit. Schnell schaltete er die Maschinen aus, rollte die Ärmel hinunter, schüttelte die Holzspäne von seiner Hose und zog seine Jacke über. Bevor er die Werkstatt verließ, fuhr er sich noch mit einem Kamm durchs Haar. Er hatte keinen Spiegel, aber er benutzte ohnehin ganz selten einen, weil ihm das, was er darin sah, nicht gefiel.
Als er über den Hof ging, rief sein Vater aus dem Stall: »Sie sind also zurück?« Vincent nickte nur.
Oben auf der Terrasse schnitt ihm der Wind ins Gesicht, und er ärgerte sich, daß er heute kein Feuer gemacht hatte. Er hatte jeden Tag den Kamin angezündet, nur heute nicht.
Er klopfte an die Tür und wartete. Peter öffnete ihm und strahlte ihn zu Begrüßung an. »Hallo, Vin. Wir sind gerade angekommen.«
»Ja, das sehe ich. Und der größte Teil unserer Familie ebenfalls. So sieht’s jedenfalls aus.« Moira, Barney und Joseph hatten sich um das Sofa versammelt. Dann wandte er sich an Constance, die ebenfalls dort saß, jetzt aber aufstand. »Hallo«, sagte sie.
»Hallo.«
»Es ist ein bißchen spät, um noch Fröhliche Weihnachten zu wünschen.« Sie blickte auf den Tisch, der mit Päckchen übersät war. »Aber ich bin wenigstens rechtzeitig zum neuen Jahr zurück.«
»Ich habe gehört, daß Sie krank waren.«
»Ich hatte die Grippe. Es war wirklich schlimm.«
Vincent sah sie eindringlich an. Ihr Gesicht war schmal und blaß, und die braunen Augen schienen zu groß dafür zu sein.
»Glauben Sie, daß es klug war, jetzt schon herzukommen?«
»Der Arzt hat gesagt, daß sie sich noch zwei oder drei Tage lang im Haus aufhalten soll«, warf Peter ein. Er kniete auf dem Boden und erklärte gerade die Vorzüge der Lok, die zu Barneys Eisenbahn gehörte.
Constance lächelte schwach und sagte: »Ich mußte einfach raus. Im Vergleich zu der Wohnung ist der Bungalow klein und erdrückend, und … und ich habe mich danach gesehnt, wieder hier zu sein.« Sie sah sich im Zimmer um.
»Das kann ich verstehen. Und es wäre auch alles in
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