Das Haus in Georgetown
gesehen.“
„Haben Sie Fallen aufgestellt?“
„Nein, aber der Kammerjäger ist bestellt, und wir haben eine Katze.“
Er guckte sie an. „Und das genügt?“
„Keine Ahnung. Aber ich habe Angst, dass die Katze in die Falle geraten könnte. Sie ist klein und nicht zahm.“
„Sie haben eine streunende Katze im Haus?“
„Auf dem Speicher, aber ich vermute, sie schleicht überall herum, wenn wir schlafen. Sie muss ihre Jungen ernähren.“
„Junge?“
„Toll, was? Als ich verheiratet war, konnten die Kinder wegen David keine Haustiere haben. Jetzt ist das ganze Haus voll: Ratten, Katzen, Kätzchen ...“
„Ihr Mann hat den Kindern verboten, Haustiere zu halten?“ Aus einer Reihe von Gründen war er David Bronson gegenüber voreingenommen. Bronsons scheinheilige Versuche, die Welt nach seinen Wünschen umzugestalten. Eine Ehe voller Lügen, die seine Frau am Boden zerstört haben musste. Aber das mit den Tieren hörte sich irgendwie noch schlimmer an, es klang nach Tyrannenherrschaft.
Offenbar hatte sie seine Gedanken erraten, denn sie lachte schon wieder. „Pavel, David leidet unter diversen Allergien. Wasauch immer er mir erzählt beziehungsweise verschwiegen hat, er ist ein großartiger Vater. Er hat es sogar mit Spritzen versucht, um einen Hund anschaffen zu können. Aber sie haben nicht geholfen.“
„Sind Sie immer so gut im Gedankenlesen?“
Sie aß den größten Teil ihres Currys, bevor sie antwortete. „Das passiert, wenn man das einzige Kind ungeduldiger Eltern ist. Ich musste immer erahnen, aus welcher Richtung der Wind wehte.“
„Das ist eine ziemlich gute Erkenntnis.“
„Ich stecke voller solcher Erkenntnisse. Mehr als Sie je hören wollen. Alle frisch aus den letzten paar Monaten.“
„Wie es für Ihre Kinder ist, hier zu leben, weiß ich schon. Aber wie steht es mit Ihnen? Heute früh sind Sie ausgewichen.“
Sie nippte an ihrem Wein und ordnete ihre Gedanken. „Sie haben gesagt, dass Sie etwas mit Computern machen. Sie sind aber kein Journalist oder so?“
„Ob ich für einen Artikel über die Bronson-Familienkrise recherchiere?“
„So in der Art.“
„Nein.“ Er war mit dem Essen fertig und lehnte sich zurück. „Wir sind im Internet-Geschäft. Und wann immer es in meinem Büro ums Schreiben geht, lasse ich anderen den Vortritt.“
Sie entspannte sich sichtlich. „Dann werden Sie also kein Buch über mich verfassen.“
„Nur, wenn Sie eine neue Programmiersprache oder einen Virus erfunden haben. Ich bin nichts weiter als ein Nachbar.“ Er fühlte sich unwohl bei dieser Halbwahrheit. Wäre er nur ein Nachbar, würde er jetzt nicht hier sitzen. Er hätte sich nicht seit Jahren bei „Booeymonger“ herumgetrieben, er wäre nicht an diesemHaus vorbeigekommen, als Faith’ Klavier in Not geriet, und er hätte ihr keine Blumen und kein Abendessen gebracht.
Wäre er einfach nur ein Nachbar, dann säße er jetzt nicht in dem Haus, in dem Hope Huston entführt worden war.
„Ein guter Nachbar.“ Sie lächelte, drehte dann den Kopf und starrte in die Küche. Im nächsten Moment sprang sie auf und rannte durch die Tür.
Er war nur einen Schritt hinter ihr.
Die Küche füllte sich rasch mit Rauch. Faith riss die Ofentür auf, und von der unteren Heizspirale schossen Flammen in die Höhe. Pavel schob sie beiseite, und die Tür schnappte wieder zu.
„Nicht öffnen!“ Er schirmte sie mit seinem Körper ab, beugte sich vor, schaltete den Herd aus und zog sie dann weg.
Faith war vollkommen aus dem Häuschen. „Ich habe ihn auf Warmhalten gestellt. Im Ofen war nichts außer dem restlichen Brot. Wie konnte sich das entzünden?“
Pavel beobachtete durch das Fenster im Ofen, wie die Flammen allmählich erstarben. „Das war nicht das Brot. Die Spirale ist durchgeschmurgelt. Vielleicht ist der Thermostat hinüber gewesen. Das Ding ist mindestens dreißig Jahre alt.“
„Das darf doch nicht wahr sein!“
Seine Hände lagen noch auf ihren Armen. Sie zitterte, und ihre Augen glänzten. „Alles in Ordnung“, versicherte er. „Das Feuer erstickt allmählich. Niemand ist in Gefahr, solange Sie das Ding nicht mehr einschalten.“
„Schade eigentlich. Ich bin gut versichert, und ich könnte das Geld gebrauchen.“
Er versuchte vergebens, sich das Lachen zu verkneifen. Auch seine nächste Reaktion hatte er nicht unter Kontrolle: Er zog sie an sich und umarmte sie. „Faith, das geht in Ordnung. Öfen sindnicht so teuer. Ich kann mit Ihnen einen kaufen gehen, wenn
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