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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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sie am anderen Ende des Flurs ihre Schulsachen zusammenpackte. Nach einer Woche hatte sich Faith geweigert, sie zur Schule zu fahren, wenn es nicht regnete. Sie waren jetzt City-Kids, und Bewegung tat ihnen gut.
    „Ich muss erst ein paar Leute fragen.“ Faith fuhr mit der Hand durch Alex’ rote Locken.
    Er verdrehte die Augen. „Ich kann ihn vom Tierarzt durchchecken lassen und so.“
    Sie versuchte ihre Fantasie im Zaum zu halten und nicht an ausgebüxte Laborratten der Medizinischen Fakultät der Georgetown-Uni zu denken – Gedanken, die sich um Beulenpest und neue Stämme des Ebola-Virus drehten. „Mal schauen, ob ich einen der Studenten aufspüren kann, die hier gewohnt haben. Die müssten was über Lefty wissen. Dann sehen wir weiter.“
    In ihm schien Hoffnung aufzukeimen. „Unternimm aber nichts, bis ich wieder zu Hause bin, versprochen?“
    Sie schickte die beiden zur Schule und blickte ihnen nach, wie sie in Richtung Wisconsin Avenue verschwanden. Sie fragte sich, was diese ausgemachten Feinde einander jeden Tag erzählten, wenn sie die ansteigende Avenue hinauf- und später wieder hinunterliefen. Seit jenem Sommer, in dem beide von den Windpocken heimgesucht worden waren, hatten sie nicht mehr so viel Zeit miteinander verbracht.
    Es gelang ihr, Lydia zu erreichen, bevor diese zu ihren täglichen Besorgungen aufbrach. Ihre Mutter war zwar nicht erfreut über die Störung und die Neuigkeiten bezüglich der Ratte, es gelang ihr jedoch, die Nummer eines ehemaligen Mieters herauszufinden. Faith war sich sicher, dass sie den jungen Mann aus dem Bett klingelte, kannte aber kein Erbarmen.
    Als sie den Hörer auflegte, hatte sie zumindest in Erfahrung gebracht, dass Lefty keine Gefahr darstellte. Einer der Studenten hatte ihn aus einem Psychologielabor „befreit“, bevor er in die ewigen Rattenjagdgründe eingehen konnte. Zu Hause hatten sie ihn einfach laufen lassen. Wenn Alex eine Ratte wollte, die sich in Labyrinthen zurechtfand, war Lefty erste Wahl.
    Faith räumte gerade die Küche auf – was sich dieser Tage darauf beschränkte, den Müll hinauszutragen –, als das Telefon läutete. Es war Pavel.
    „Alles startklar für Freitag?“
    „Und wie.“ Sie klang ein wenig übereifrig. Was Verabredungen betraf, war sie wirklich aus der Übung.
    „Kommen Sie doch etwas früher, damit ich Ihnen alles zeigen kann. Soll ich Sie abholen?“
    „Nicht nötig, ich gehe zu Fuß. Ich bin wirklich gespannt, an was Sie in Ihrem Haus gerade herumbasteln.“
    „Aber Vorsicht, es könnte Sie entmutigen.“
    Sie brauchte tatsächlich dringend Abwechslung, wenn sie sich schon auf die Begutachtung einer halb fertigen Renovierung freute. Eine Zeit war schnell vereinbart, aber Pavel schien keine Lust zu haben, das Gespräch schon zu beenden. „Was haben Sie heute vor?“
    Sie hatte ihm von Lydias Besuch und deren Informationen über Violet erzählt. „Heute Vormittag kümmere ich mich um dieSchränke. Und nach dem Essen will ich zur Bibliothek, um nach Möglichkeit etwas über den Garten herauszufinden.“ Sie hielt inne. „Eigentlich über das ganze Haus. Ich möchte für meine Mutter gerne einen historischen Abriss erstellen. Ein Dankeschön für ihre Großzügigkeit.“
    Pavel blieb so lange stumm, dass sie sich schon fragte, ob die Leitung tot war. Als er antwortete, hörte er sich sehr unsicher an. „Ihr Haus ist ein geschichtsträchtiger Ort. Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut tut, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen?
    „Sie meinen die Entführung meiner Schwester?“ Sie hatte letzte Nacht viel darüber nachgegrübelt, denn im Bett hatte sie mehr Zeit zum Nachdenken, als ihr lieb war. Mit Pavel darüber zu reden kam ihr ganz natürlich vor. Obwohl sie sich noch nicht lange kannten, waren sie längst über das übliche, oberflächliche Blabla hinaus.
    Sie versuchte ihre Gedanken in Worte zu fassen. „Mein ganzes Leben lang war diese Entführung eine Art Wolke, die vor der Sonne hing. Das stört mich ungemein, und ich glaube, dass es auch meiner Mutter nicht gut tut. Ich möchte unserem Leben und diesem Haus wieder eine Perspektive geben.“
    Sie konnte fast sehen, wie Pavel sich ihre Worte durch den Kopf gehen ließ. Wenn ihn etwas umtrieb, blinzelte er immer und strich sich oft mit den Fingerspitzen über seine Bartstoppeln. Seltsam, dass ihr das so präsent war.
    „In unser aller Leben gibt es Dinge, um die wir gern einen Bogen machen“, sagte er. „Manchmal ist es gut, wenn uns jemand zwingt,

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