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Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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sein. Es kann nicht sein«, wiederholte sie und sah Val an.
    Val musste nicht fragen, was sie meinte. Sie wusste genau, was Jennifer dachte, was sie alle dachten. Sie hatten schon den ganzen Morgen das Gleiche gedacht, seit Jennifer erklärt hatte, dass der Henry Voight, den sie am Abend zuvor getroffen hatte, nicht der Henry Voight war, dessen Foto in der Dienststelle der Park Ranger an der Wand hing.
    Sie dachten an die Morde in den Berkshires.
    War es denkbar, dass die Mörder, von denen sie im Fernsehen und Radio gehört hatten, die Monster, die für die Ermordung der älteren Ehepaare in den Berkshires verantwortlich waren, Massachusetts verlassen hatten und in das Gebirge des benachbarten Staates New York gekommen waren? Streiften sie in diesem Augenblick auf der Suche nach weiteren Opfern durch die Adirondack Mountains? Hatten sie David Gowan und den echten Henry Voight getötet? Hatten Brianne und Tyler das gleiche Schicksal erlitten?
    Nein, das war albern, tadelte Val sich. Selbst wenn die Täter sich in der Gegend aufhielten, was mehr als unwahrscheinlich war, hatten sie es auf alte Leute abgesehen. Was also sollten sie von David Gowan oder Henry Voight gewollt haben? Und an Tyler oder Brianne hatten sie bestimmt auch kein Interesse.
    Aber was war mit dem jungen Mann, dessen Leiche man – in Einzelteilen – unweit eines der Tatorte gefunden hatte? Einem jungen Mann, der nach Vermutungen der Polizei nur ein Opfer der Umstände gewesen war und das extreme Pech gehabt hatte, den Tätern zufällig über den Weg zu laufen? Was, wenn Brianne genauso zufällig auf den Schauplatz eines Verbrechens gestoßen war? Was, wenn sie …?
    Was, wenn … was, wenn, was wenn?
    Schluss damit, sagte Val sich, bevor sie den Gedanken zu Ende denken konnte. Hör sofort auf. »Okay«, sagte sie, um nicht laut loszuschreien. »Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Fantasie mit uns durchgeht.«
    »Richtig«, stimmte Melissa ihr zu. »Wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen.«
    »Brianne geht es prima«, sagte James vielleicht ein bisschen zu überzeugt. »Nachdem sie diese verdammten High Heels los war, ist sie bestimmt problemlos hier weggekommen. Wahrscheinlich erholt sie sich in diesem Augenblick mit Tyler in irgendeinem schäbigen Hotelzimmer von der ganzen Tortur. Vielleicht treiben die beiden es gerade miteinander, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, was wir durchmachen.«
    »Gott, ich hoffe, du hast recht.« Val fand es durchaus ironisch, dass diese Vorstellung jetzt das Einzige war, was sie davor bewahrte durchzudrehen. Vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden wäre sie deswegen beinahe ausgeflippt.
    »Kein Grund, von einem Verbrechen auszugehen«, sagte Jennifer. »Diese Hand …«
    »… liegt vermutlich schon seit Wochen dort«, fuhr James fort.
    »Irgendein armes Schwein ist von einem Bären erwischt worden«, sagte Melissa mit einem bekräftigenden Nicken.
    »Wir sollten zum Zeltplatz zurückkehren«, meinte Jennifer. »Wir müssen diese Sache sofort den Park Rangern melden. Wir müssen ihnen berichten, was wir gefunden haben.«
    »Ja«, pflichtete ihr Melissa bei.
    »Wir müssen sie ihre Arbeit machen lassen«, bekräftigte James.
    »Val?«, fragte Jennifer und sah sie fragend an.
    »Ja. Schon gut«, sagte Val. »Okay.« Welche Wahl blieb ihr letztendlich? Der Fund von Briannes Schuh hatte immerhin bestätigt, dass Brianne tatsächlich in diesen Wäldern unterwegs gewesen war. Eigentlich ein Grund weiterzusuchen. Aber die Entdeckung der Hand hatte alles verändert. Was immer die Ursache war, ob Mensch oder Tier, es war zu gefährlich, auf eigene Faust weiterzumachen. Sie mussten die Ranger unverzüglich von ihrem schauerlichen Fund unterrichten. Sie mussten die Profis ihren Job machen lassen.
    »Vielleicht sollten wir zum Wagen zurücklaufen«, schlug James vor.
    »Das dauert zu lange«, sagte Val. »Hier entlang geht es schneller.«
    »Und dort ist ganz bestimmt eine Straße?«, fragte Jennifer.
    »Evan und ich sind früher ständig in diesen Wäldern gewandert«, erklärte Val ihr und sah, wie die jüngere Frau zusammenzuckte, allerdings nicht aus dem Grund, den Val anfänglich vermutet hatte.
    »Er sollte jetzt bei Ihnen sein«, sagte Jennifer zu Vals Überraschung. »Es ist nicht richtig, dass er nicht hier ist.«
    Schweigend gingen sie zehn Minuten weiter. Val klammerte sich an Briannes Schuh wie an einen Rettungsring, als ob allein er sie aufrecht halten würde. Und vielleicht tat er das ja auch,

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