Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
Minuten.«
»Wahrscheinlich ist sie nach unten frühstücken gegangen«, sagte Melissa.
»Wir müssen sie knapp verfehlt haben«, sagte James.
Jennifer legte die Zeitschrift beiseite. »Ich kann ja mal sehen, ob ich sie irgendwo finde«, sagte sie, offensichtlich erpicht, möglichst viel Abstand zwischen sich und die anderen zu legen.
»Das wäre nett. Vielen Dank«, sagte Val, als Jennifer das Zimmer verließ.
Ein paar Minuten später ertönte ein vertrauter Klingelton. Val folgte dem Klang bis ins Schlafzimmer und tastete mit der Hand unter den Laken in Briannes Bett, bis sie das BlackBerry gefunden hatte. »Ehrlich, manchmal denke ich, sie würde auch ihren Kopf vergessen, wenn er nicht festgewachsen wäre …« Sie warf einen Blick auf die eingegangene Nachricht.
Gestern Nacht war abgefahren , las sie. Kann es kaum erwarten, es wieder zu tun . Was zum Teufel hatte das zu bedeuten?
»Ist sie von Evan?«, fragte James von der Tür.
»Nein. Kein Name. Nur eine Nummer.«
Im selben Moment flog die Tür auf, Brianne stürzte ins Zimmer, als ob sie verfolgt würde. Als sie ihr BlackBerry in der Hand ihrer Mutter sah, blieb sie wie angewurzelt stehen.
»Hast du was vergessen?«, fragte Val.
»Gib das her«, sagte Brianne. »Es ist meins.«
» Gestern Nacht war abgefahren «, zitierte Val aus dem Gedächtnis. » Kann es kaum erwarten, es wieder zu tun ?«
»Du hast kein Recht, meine Nachrichten zu lesen.«
»Was bedeutet das: Gestern Nacht war abgefahren ?«
»Es bedeutet gar nichts. Sasha war in einem Club, von dem ich ihr erzählt hatte. Offensichtlich war das ziemlich abgefahren. Was soll das Theater?«
»Sasha?«
»Ja, Sasha. Die, die bei Lululemon arbeitet und einen orangefarbenen Mustang fährt.« Brianne griff nach ihrem BlackBerry. Val versteckte es eilig hinter ihrem Rücken. »Was soll das? Gib es her.«
»Wieso? Du gehst ja offensichtlich nicht besonders pfleglich damit um.«
»Es ist deine Schuld, dass ich es vergessen habe«, gab Brianne zurück. »Weil du mich so gehetzt hast.«
Val schüttelte den Kopf. »Okay, gut. Es ist meine Schuld. Aber für einen Wochenendausflug hast du genug SMS geschrieben. Das BlackBerry bleibt bei mir, bis dein Vater hier ist.«
»O verdammte Scheiße. Warum machst du dich nicht mal locker? Gönn dir noch einen Drink, Oma«, fügte sie höhnisch hinzu.
»Okay, Brianne. Ich denke, das reicht.«
»Willst du wissen, was ich denke?«, fauchte Brianne. »Ich denke, Dad ist gerade noch rechtzeitig rausgekommen.«
Was den genauen Ablauf der nachfolgenden Ereignisse betraf, war Val sich hinterher nicht ganz sicher. Irgendwie schleuderte sie mit der einen Hand das Handy an die gegenüberliegende Wand, als Jennifer das Zimmer gerade wieder betrat, während sie Brianne mit der anderen eine schallende Ohrfeige verpasste. »Im Speisesaal ist sie nicht«, sagte Jennifer, als das BlackBerry nur Zentimeter an ihrem Ohr vorbeisegelte.
Und dann schrien alle durcheinander.
KAPITEL 10
»Okay, wie würdest du das hier beschreiben, wenn du für die New York Times darüber berichten müsstest?«, fragte James, als die drei Freunde über die steilen bewaldeten Hänge des Prospect Mountain stapften.
An einem großen Fels mit Blick ins Tal blieb Val stehen und rückte den breitkrempigen Tilley-Hut zurecht, den sie am Morgen im Shop des Hotels gekauft hatte. »Wahrscheinlich würde ich etwas in der Richtung sagen wie: ›Man genießt eine spektakuläre Aussicht auf den knapp tausend Meter tiefer liegenden, 32 Meilen langen, kristallklaren und strahlend blauen Lake George und eine sich meilenweit erstreckende Landschaft aus duftenden Nadelhölzern und Laubbäumen, die wie ein farbiges Feuerwerk aus den Berghängen schießen.‹«
James nahm seinen neuen Hut ab und wedelte ihn wie einen Fächer vor seinem Gesicht. »Genau das wollte ich auch gerade sagen.«
»Es ist wirklich spektakulär.« Unter dem Schirm ihrer schwarzen Baseballkappe mit dem roten Logo Welcome to the Adirondacks ließ Melissa den Blick über den Horizont schweifen. »Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass es so heiß ist.«
»Das kommt davon, wenn man ein schwarzes T-Shirt trägt«, sagte Val. »Du weißt doch, dass Schwarz die Hitze staut. Wie sind die Schuhe?« Val hatte ihre Freunde in einen der zahlreichen Shops des Hotels geführt, um passende Kleidung und Schuhe für die Wanderung am Prospect Mountain zu erwerben. Sie hatte die Einkäufe auf ihre Zimmerrechnung buchen lassen und entschieden, dass
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