Das Herz Des Daemons
anderen damit anzusprechen.« Er schob auf seinem Schreibtisch einen Brieföffner zusammen mit einem Notizkalender ein Stück beiseite und setzte sich bequemer hin.
»Gewöhnlich wissen wir, mit wem wir es zu tun haben. Das Blut einer alten Linie hat eine vollkommen andere, bedeutend verlockendere Witterung als das einer jungen.«
Erschrocken riss ich die Augen auf »Sie meinen ...«
»Ma si!« Sein Lächeln war so freundlich, dass es mir erst recht eine Gänsehaut über den Rücken schickte Ich schluckte. »Und warum lässt mein Blut Sie so vollkommen kalt?«
Er beugte sich ein wenig näher zu mir und ich lehnte mich unwillkürlich ein Stück weiter von ihm fort, was sein Lächeln vertiefte. »Wer sagt, dass Ihr Blut mich >kalt< lässt? Aber einerseits bin ich durch mein Wort gebunden, Sie zu beschützen - auch vor mir -, andererseits bin ich alt genug, um solchen Verlockungen widerstehen zu können. Signore DuCranier war sich dieses Umstands gewiss, sonst hatte er Sie nicht zu mir gebracht. Und überdies: Ich bin auch alt genug, um kein Narr mehr zu sein, Dawn. Abgesehen davon, dass Sie die Princessa Strigoja sind - und damit für jeden von uns als Blutquelle verboten, es sei d enn , Sie entschließen sich, jemandem die Gunst zu gewähren, ihn vonsich trinken zu lassen -, würde er «, er neigte den Kopf zur Tür hin, »mich - wie sagen die jungen Leute heute? Ah, si - in meine Einzelteile zerlegen, sollte er an Ihnen auch nur den Hauch eines Kratzers finden, wenn er zurückkommt. Eine Erfahrung, auf die ich gerne verzichte. - Von Ihren übrigen männlichen Verwandten wollen wir erst gar nicht reden.«
»Wie alt sind Sie, Mr di Uldere?«
Er ließ ein kurzes Schnalzen hören. »Per favore, wenn ich zu Ihnen Dawn sagen soll, müssen Sie mich Timothy nennen. - Ich wurde im Sommer des Jahres 1758 geboren und im Frühling 1782 erlebte ich meinen Wechsel zum Lamia.«
Überrascht hob ich die Brauen. »Sie sind über einhundert Jahre älter als ... er und haben dennoch Angst vor ihm?«
Nachlässig und zugleich elegant verschränkte er die Hände über einem Knie und neigte sich mir etwas weiter zu. »Mir ist bekannt, um welchen der Brüder es sich bei ihrem ... ah ... Beschützer handelt, Dawn«, offenbarte er mit einem verschwörerischen Lächeln. »Er hat sich bei seinem letzten Besuch bei mir dadurch verraten, dass der bevorzugte Drink seines Bruders für ihn ein wenig ... sagen wir ... scharf war.«
Mein Gesicht wurde heiß. »Ich wollte nicht ...«, setzte ich verlegen an, doch di Uldere winkte ab.
»... mich beleidigen? Ma no! Einem Fremden wie mir sofort all Ihre Geheimnisse anzuvertrauen, wäre ausgesprochen dumm und gefährlich. - Doch wo waren wir ... ach ja: Macht und Stärke haben nur bedingt etwas mit dem Alter zu tun. Die Blutlinie ist ein Faktor, den man ebenso wenig unterschätzen darf. Und die Linie der DuCranier-Familie lässt sich bis auf die dritten Söhne zurückverfolgen. Das in Verbindung mit den Fähigkeiten eines Vourdranj ... ?-Es gibt Ältere als mich, die es sich zweimal überlegen würden, ob sie sich einen der DuCranier-Zwillinge zum Feind machen.«
»Die dritten Söhne ?«
»So nennt man die dritte Generation der direkten Nachkommen der allerersten Lamia.« Er bedachte mich mit einem abschätzenden Blick, dann seufzte er kopfschüttelnd, während er zugleich etwas auf Italienisch murmelte, was ich nicht verstand. »Sie war eine libysche Prinzessin, der Legende nach sogar eine Tochter Poseidons«, erklärte er dann, »schön genug, dass Zeus selbst sich in sie verliebte und mit ihr Kinder zeugte. Was natürlich seiner Gemahlin Hera nicht gefiel. Sie verfluchte Lamia und mit ihr all ihre Kinder. - Und Zeus war mit ihr äußerst ... ah ... zeugungsfreudig. - Doch während die Prinzessin selbst zu einem wahnsinnigen Monster wurde, das das Licht der Sonne nicht mehr ertragen konnte und kleine Kinder stahl, nachdem sie deren Mütter und Väter ermordet hatte, waren ihre Söhne durch das Erbe ihres Vaters zu einem gewissen Grad
vor
Heras
Fluch
geschützt.«
Er
hob
andeutungsweise die Schultern. »Auch sie verwandelten sich, certo: Sie wurden zu fürchterlichen Kriegern, animalisch, unberechenbar, wild - beinah mehr Tier als Mensch -, und sie tranken wie ihre Mutter Blut; auch wenn sie sich meist auf das ihrer Feinde beschränkten. Aber sie verfielen nicht dem Wahnsinn und sie konnten das Licht der Sonne ertragen, auch wenn es sie schwächte und ihnen Unbehagen bereitete; weshalb
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