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Das Herz Des Daemons

Das Herz Des Daemons

Titel: Das Herz Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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war sein Hass, der ihn dazu getrieben hat, deine Eltern falsch zu beschuldigen. Ihr Tod geht auf sein Konto - nicht auf deines. Und er war es, der dich und Adrien aus Marseille vertrieben und gejagt hat. Er! Er und seine Handlanger!
    Abel nicht du! Du. Konntest. Nichts. Dafür!«
    Ich spreizte meine Finger auf seiner Brust und beugte mich noch weiter vor. Seine Augen wirkten im Kerzenlicht gefährlich dunkel. »Unddeine Schwester - entschuldige, wenn ich das so direkt sage - war eine selbstsüchtige Ziege.«
    Ich hätte nicht gedacht, dass Julien sich nur auf den
    Ellbogen noch ein gutes Stück weiter aufrichten konnte. Doch er konnte es, denn plötzlich war ich beinah Nase an Nase mit ihm - und Brust an Brust. Ich zog meine Hand zwischen uns hervor und legte sie ein weiteres Mal gegen seine Wange. Sein Atem zischte zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ohne den Blick von ihm zu nehmen, legte ich den Kopf ganz langsam ein kleines Stück zur Seite und entblößte meine Kehle. Juliens Atemzüge stockten, seine Augen hingen für eine halbe Sekunde an meinem Hals, dann zuckten sie zu meinem Gesicht zurück. Ich sah ihn weiter an, fuhr mit dem Daumen sacht über seine Wange. »Sie hätte dir dankbar sein sollen, dass du ihr denJungen, den sie liebte, zurückgebracht hast. Zwar als Vampir, aber am Leben - was ja offenbar für sie nichts geändert hat. Aber was tut sie?« Ich suchte Juliens Blick. »Dass Raoul sich umgebracht hat, war schlimm für sie. Und ich hätte nicht mit ihr tauschen wollen. Aber sie hatte kein Recht, dich dafür verantwortlich zu machen. Er hat diese Entscheidung getroffen. - Es. War. Nicht. Deine. Schuld!«
    Für eine sehr lange Zeit waren nur Juliens harte Atemzüge zu hören. Keiner von uns rührte sich.
    Irgendwann wandte er den Blick zur Seite. »Das hat Adrien auch immer gesagt.« Seine Stimme war heiser.
    »Und du hast ihm so wenig geglaubt, wie du jetzt mir glaubst. - Gut. Wenn du unbedingt den Sündenbock für Gérard spielen willst, kann ich dich nicht daran hindern. Aber lass dir eines gesagt sein, Julien DuCranier ...« Julien keuchte, als ich mein Gewicht auf seine Hüfte verlagerte, mich noch näher zu ihm beugte, sein Gesicht in beide Hände nahm und zu mir zurückdrehte. »Ich liebe dich! Was du getan hast oder glaubst getan zu haben, ändert nichts daran und wird es auch nie tun.« Ich strich mit den Lippen über seine, ehe ich ihn so behutsam küsste, wie er es immer mit mir tat. Er war unter meiner Berührung erstarrt.
    »Und noch etwas: Wenn du für den Tod deiner Eltern und deiner Schwester verantwortlich bist, dann bin ich auch dafür verantwortlich, dass Samuel meine Eltern ermordet hat. Du bist also nicht besser oder schlechter als ich.«
    Der Kuss, den ich ihm diesmal gab, war deutlich züchtiger als der erste. Er schaute mich an. In seinen Augen glaubte ich Trauer und Scham zu sehen, aber auch Verwirrung und sogar Ärger. Einen Moment lang erwiderte ich seinenBlick, dann stieg ich ein bisschen umständlich von seiner Hüfte herunter - irgendwie hatte die Decke sich um meine Knie gebauscht -, legte mich wieder neben ihn, drehte ihm den Rücken zu und zog das Bettzeug über mich.
    Es war still. Nicht einmal Juliens Atem war zu hören. Ich beobachtete seinen Schatten, den die kleine Kerzenflamme vor mir an die Wand warf. Er hatte sich hinter mir aufgesetzt und schien auf mich herabzusehen. Für eine schiereEwigkeit völlig reglos - bis er sich vorbeugte. Sein Atem strich über meinen Hals. Ich schloss die Augen, versuchte so zu tun, als würde ich nichts bemerken. Mein Herz schlug viel zu schnell. Er murmelte etwas über mir; ich konnte es nicht verstehen, doch es schien Französisch zu sein und klang wie eine Zeile aus einem Gedicht oder einem Gebet. Im nächsten Moment berührten seine Lippen meine Schläfe. Dann legte er sich so dicht hinter mich, wie es ihm die Bettdecke erlaubte, zog mich in seine Arme und an seine Brust. Ich rührte mich nicht, während er seine Finger mit meinen verwob und den Kopf an meine Schulter lehnte. Schließlich lag auch er regungslos, und ich wusste, dass er ebensowenig an Schlaf dachte wie ich.
    Die Kerze brannte ruhig vor sich hin und malte unsere Schatten an die Wand. Irgendwann erlosch sie und wir lagen im Dunkeln beieinander.
    Hatte er jemals etwas gestohlen? Er konnte sich nicht daran erinnern. Bitter verzog er den Mund. Nicht dass er sich an besonders viel erinnern konnte. Alles, was vor dem Augenblick lag, als er an diesem

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