Das Herz Des Daemons
Gesicht wieder zur Decke und legte den Arm über die Augen.
»Hatte Gérard meinen Vater bisher nur auf dem politischen Parket angegriffen, reichte ihm das jetzt nicht mehr. Die ganze alte Fehde kochte hoch. Gérard wollte nur noch Rache. Er hat sie bekommen.« Seine Stimme klang dumpf. »Unsere Eltern wurden als Mitglieder der Résistance - was sie nie waren - verhaftet und aufgehängt. Adrien und ich konnten gerade noch entkommen, hatten aber keine Chance, die Hinrichtung zu
verhindern,
obwohl
wir
alles
daransetzten.«
Sekundenlang drückte er seinen Arm härter auf die Augen.
»Wenigstens
ging
es
für
sie
schnell.
Genickbruch. Sie waren sofort tot.« Die Worte kamen rau und stockend über seine Lippen.
Ich richtete mich neben ihm auf einen Ellbogen auf, ohne zu wissen, was ich tun sollte, um ihm zu sagen, dass ich da war. Meine Kehle war eng. Schließlich legte ich meine Hand nur ein wenig fester auf seine Brust.
»Freunde von der Résistance, haben uns versteckt. Und Cathérine. Sie hatten vor, uns aus Marseille zu schmuggeln.
Cathérine
hat
sich
an
dem
Tag
umgebracht, als wir fortwollten.« Ganz langsam, wie gegen seinen Willen, kroch seine Hand zu meiner, legte sich über sie. »Gérard hat uns von seinen Handlangern quer durch Europa jagen lassen. Irgendwie haben wir es schließlich bis nach Griechenland geschafft und uns dort den Vourdranj angeschlossen. Damit wurden wir für ihn unantastbar. Eine andere Chance, zu überleben, hatten wir nicht. Und das wollten wir. Denn jetzt wollten wir Rache.« Einen Moment schwieg er, bevor er die Lippen kurz zu einem dünnen Strich zusammenpresste und weitersprach. »Wir haben versucht zu beweisen, dass er es war, der unsere Eltern an den Galgen gebracht hat. Aber natürlich hat er keine Spuren hinterlassen. Doch wer sonst sollte diese unsinnige Anklage gegen sie erhoben haben.« Seine Finger schlossen sich um meine. Er holte sehr lange Atem. »Ich habe, abgesehen von Adrien, meine ganze Familie auf dem Gewissen. - Und er hat meinetwegen auch alles verloren«, sagte er schließlich leise.
»Du hast versucht deinen Freund zu retten.« »Wie heißt es so schön: Auch die gute Absicht bringt die böse Tat hervor.«
Ich setzte mich gänzlich neben ihm auf. »Wo hast du denn diese blödsinnige Weisheit her. Klingt wie Shakespeare. Ich hätte dem guten Will mehr Hirn zugetraut.«
Julien hob den Arm und sah mich ungläubig an.
»Verstehst du denn nicht? Wenn ich Raoul nicht ...«
»Ja klar. Und wenn das Wildschwein die Eichel nicht übersehen hätte, hätte kein Baum draus wachsen können, um den Wanderer zu erschlagen.«
»Was?« Jetzt sah er mich an, als hätte ich definitiv den Verstand verloren.
»Wer bist du? Jesus?«
Er riss die Augen noch weiter auf. Die Hand auf seine Brust gestemmt beugte ich mich über ihn. »Du musst nicht alle Schuld der Welt auf dich nehmen. Das zu versuchen,
wäre
blanker
Größenwahn,
-
Und
größenwahnsinnig bist du nicht, Julien DuCranier.« Ich schüttelte leicht den Kopf. »Du wolltest nichts anderes, als deinen Freund retten. Und du konntest nicht ahnen, dass Gérard seinen eigenen Sohn von wegen Vampir und Schande, so fertigmachen würde. Oder dass Raoul nicht genug Verstand haben würde, um seinen Vater Vater sein zu lassen und zu euch zu kommen, nachdem dein Vater ja offenbar bereit war, ihn auch weiter als Freund seiner Tochter zu akzeptieren.«
»Ich hätte es ahnen müssen. Ich kannte Gérards Ansichten ...«Julien stützte sich auf seine Ellbogen.
»Nein, hättest du nicht. Und selbst wenn: Was hättest du getan? Raoul den Deutschen überlassen? Eher wärst du bei ihm geblieben.« Ich kletterte endgültig auf ihn.
»Es ehrt dich, dass du die Schuld auf dich nehmen willst, aber es ist auch dumm. Denn du hast keine.«
Meine Knie rechts und links von seiner Taille und obendrein jetzt auch noch seine Beine unter der übergeschlagenen und zusammengeschobenen Decke, saß er unter meinem Gewicht ziemlich effektiv fest - sah man davon ab, dass er mich dank seiner Kraft nach wie vor mühelos hätte abschütteln können. Sein Blick wurde geradezu missttrauisch, als ich eine Hand neben ihm auf dem Bett abstützte und mich, die andere noch immer auf seiner Brust, vorbeugte. »Ein Vater liebt seinen Sohn, egal was er ist oder was er angestellt hat. Sollte er nach meinem Verständnis zumindest. Gérard hat in diesem Punkt gnadenlos versagt. Er war es, der Raoul dazu gebracht hat, in die Sonne zu gehen. Es
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