Das Herz des Highlanders: Roman (German Edition)
hinteren Räder drehten durch, das Auto bäumte sich auf und rutschte seitlich rückwärts. Grace trat mit voller Kraft auf die Kupplung, ging in den ersten Gang und gab wieder Gas. Die Maschine heulte auf, die Räder drehten erneut durch, und der Wagen ruckelte ein paar Zentimeter vorwärts. Sie wiederholte das Ganze in umgekehrter Reihenfolge, doch das Fahrzeug bohrte sich nur tiefer in den gefrorenen Restschnee, und schließlich hustete der Motor noch einmal vergrämt und soff ab.
Grace schlug mit einem saftigen Fluch auf das Steuerrad, begrub das Gesicht in den Händen und brach in Tränen aus. Verdammt. Sie hätte heute Morgen im Bett bleiben und dem Baby beim Schlafen zusehen sollen. Was gingen sie eigentlich die Nachbarn an? Das Einzige, was sie davon hatte, war Kummer.
Michael MacBain war wütend auf sie, und das weil sie in bester Absicht vorgeschlagen hatte, die MacKeages könnten dabei helfen, seine Bäume zu retten. Morgan, Callum und Ian tobten aus demselben Grund. Und Grey?
Tja, dieser Tag, der eigentlich der schönste ihres Lebens hätte sein sollen, weil sie sich aus vollem, liebendem Herzen diesem Mann hingegeben hatte, war restlos verdorben.
Grace fragte sich, ob Greys Ärger darin begründet lag, dass sie ihn dummerweise mit einem Ultimatum konfrontiert hatte, bevor sie sich liebten – einem Ultimatum, dass er Michael helfen müsse. Selbst von ihrem Standpunkt aus gesehen machte das den Eindruck, als hätte sie ihren Körper als Handelsobjekt eingesetzt.
Verflucht. Sie hatte diesen Tag mit ihren arroganten Absichten und rücksichtslosen Vorgehensweisen total vermasselt.
Grace wischte sich ärgerlich die Tränen aus dem Gesicht, schnallte ihren Sicherheitsgurt los und wollte aus dem Wagen steigen. Aber die Tür bewegte sich nicht von der Stelle. Sie sah aus dem Fenster und stellte fest, dass die heimtückische
Schneewehe sie ins Auto eingeschlossen hatte. Also kurbelte sie das Fenster herunter, krabbelte hinaus und jonglierte über die vereiste Schneefläche auf die Straße.
Sie bückte sich und schaute unter die Stoßstange. Der Rahmen des Wagens hatte ganz oben auf der gefrosteten Schneewehe aufgesetzt, die Vorderräder hingen in der Luft, und die Hinterräder steckten in einem Loch, das die durchdrehenden Reifen ins Eis gebrannt hatten.
Grace richtete sich auf und spähte in beide Richtungen. Sie war zwar gerade in die Straße abgebogen, die zur Weihnachtsbaum-Farm führte, doch sie war immer noch näher beim Wintersportzentrum als bei den Bigelows. Aber hatte sie jetzt Lust, zurück zum Wintersportzentrum zu gehen und die MacKeages um Hilfe zu bitten?
Grace schnaubte. Nicht nach dem, was vorgefallen war. Sie wandte sich in Richtung Weihnachtsbaum-Farm und lief vorsichtig los.
Zweimal fiel sie hin und zerrte sich einen Rückenmuskel bei einem weiteren Versuch, auf der eisigen Straße nicht auszurutschen. Sie brauchte für die etwa drei Kilometer fast anderthalb Stunden, und während dieser Zeit fragte sich Grace, wie sie ihr Leben wieder unter Kontrolle bekommen könnte. Wie war es möglich, dass sie innerhalb von drei Tagen von einer intelligenten, allseits anerkannten Wissenschaftlerin mit klar umrissener Zukunft zu einer liebeskranken Idiotin mutiert war?
Als sie den Hof der Bigelows betrat, war es Grace gelungen, ihre Frage zu beantworten. Sie blieb inmitten der Einfahrt stehen und beobachtete Michael MacBain, der Holz hackte, als hinge davon sein Leben ab.
Michael. Das Baby. Und Mary.
Grace sank das Herz. Michaels Schmerz, sein Zorn, sein offensichtlicher Kummer strahlten in beinah spürbaren Wellen zu ihr aus. Sie hatte eine Schwester verloren, aber einen Neffen
bekommen, den sie lieben konnte; Michael hatte nichts als Leere.
Plötzlich drehte er sich zu ihr um, wobei er die Axt locker in der Hand hielt. Grace ging weiter in die Einfahrt, und Michael kam ihr entgegen.
Er musterte sie besorgt. »Wo ist Ihr Auto?«, fragte er und schaute flüchtig hinter sie, als erwarte er, es könnte ihr folgen. Er streckte die Hand aus und nahm ihren Arm. »Hatten Sie einen Unfall? Sind Sie verletzt?«
Grace zuckte mit den Schultern. »Ich bin nur von der Straße gerutscht«, erklärte sie ihm und lächelte, um ihm klar zu machen, dass es ihr gut ging. »Aber das Auto steckt in den Resten einer vereisten hohen Schneewehe. Ich brauche Hilfe, um es wieder rauszuziehen.«
Michael ließ die Axt auf den Boden fallen und legte beide Hände auf ihre Schultern, wobei er sie noch einmal
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