Das Herz des Ritters
sich ihr nun zuwandte und feststellte, dass sie ihn beobachtete, verriet der stürmische Ausdruck in seinen Augen, dass er ihre Gefühle teilte.
Dass auch er diese Begierde verspürte.
Verführerisch lächelnd lenkte er sein Pferd näher an das ihre heran und ergriff ihre Hand, um sie an die Lippen zu führen. Doch dann erregte plötzlich etwas in der Ferne seine Aufmerksamkeit. Fest schlossen sich seine Finger um die ihren, während er die Augen suchend auf den Horizont richtete und sein Pferd zügelte. Dann ließ er ihre Hand abrupt los und bedeutete der Karawane, anzuhalten.
»Was ist denn?«, fragte Zahirah halblaut. Ihre schwarze Stute tänzelte nervös, erschreckt über das Stampfen und Schnauben seines weißen Hengstes.
»Eine Spiegelung bei diesem Hügel dort«, sagte er mit leiser, grimmiger Stimme zu ihr und Logan, der sich inzwischen zu ihnen an die Spitze der Karawane gesellt hatte.
Zahirah folgte den Blicken der Männer zu einer kleinen Anhöhe etwa hundert Schritt entfernt. Zuerst erkannte sie nichts außer einem formlosen Felsen und struppigem Gebüsch, dann aber nahm sie eine Bewegung dahinter wahr. Auch in den Trümmern eines Steinhauses auf der gegenüberliegenden Seite blitzte die Klinge einer Waffe im Licht der Sonne auf und verriet ihnen ein weiteres Versteck der Assassinen. Der Karawane war zu beiden Seiten der Weg abgeschnitten, stellte Zahirah fest und schluckte schwer. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu.
Eine weitere Vorwarnung gab es nicht.
Mit lautem Kampfgebrüll stürmten die Assassinen aus ihren Verstecken und strömten auf sie zu. Einige hielten Krummsäbel und Lanzen mit Eisenspitzen in der Hand, andere waren mit Bögen und tödlich aussehenden, mit Metalldornen gespickten Streitkolben bewaffnet.
»Zu den Waffen!«, rief Sebastian und lenkte sein Schlachtross als lebender Schutzschild vor Zahirah, während er nach seiner Armbrust griff. »Geh, Mylady!«, befahl er und hob das Kinn in Richtung einiger Zypressen zu seiner Linken. »Such dir ein Versteck und warte dort, bis alles vorüber ist. Schnell!«
Getreu ihrem Versprechen, seine Anweisungen zu befolgen, wendete Zahirah ihre Stute und wollte schon lospreschen, als eine wahre Flut von Brandpfeilen vor ihr niederprasselte. Die Flammen entzündeten das trockene Gras und verursachten ein Flammenmeer, das kein Durchkommen mehr zuließ. Sie warf einen Blick über die Schulter zurück und sah, dass auch auf der anderen Seite Bogenschützen aufgetaucht waren. Sie brachten die Pfeile in Anschlag und ließen sie lossurren. Innerhalb eines Wimpernschlags waren beide Fluchtwege durch das Feuer abgeschnitten.
»Hunde!«, knurrte Sebastian. »Bleib hinter mir, Zahirah, und rühr dich nicht vom Fleck, bis ich es dir sage.«
Er legte die Armbrust an und schoss den ersten Bolzen ab. Zielsicher durchschnitt er die rauchgeschwängerte Luft, grub sich tief in die ungeschützte Brust eines Assassinen und riss ihn zu Boden. Auch die anderen Männer zielten mit ihren Waffen auf die Angreifer; Kampfgebrüll und das Surren der Pfeile erfüllten Zahirahs Ohren.
Sie schrie auf, als ein feindlicher Pfeil an ihr vorbeischoss. Um Haaresbreite hätte er sie und Sebastian getroffen. Eines der Kamele hinter ihnen hatte nicht so viel Glück. Der Pfeil bohrte sich durch seinen Hals, und das Tier sank schwer zu Boden. Die Getreidesäcke auf seinem Rücken brachen auf, und das Korn ergoss sich auf die Straße. Die anderen Kamele röhrten vor Furcht, aufgeschreckt durch den Schlachtenlärm versuchten sie zu fliehen und prallten dabei gegen die Karren.
Nie hatte sich Zahirah so hilflos gefühlt. Sie hielt sich an den Zügeln ihrer Stute fest und duckte sich hinter Sebastian, wie er es befohlen hatte, obwohl ihr Instinkt ihr riet, die Kreuzritter beim Kampf um die Karawane zu unterstützen. Die Assassinen rückten immer näher, und das Gefecht weitete sich zu einem erbitterten Mann-gegen-Mann-Kampf aus.
Sie keuchte auf, als einer der englischen Soldaten in vorderster Front von einem Schwerthieb getroffen wurde, der ihn vom Pferd stürzen ließ. Ein anderer wurde von einer Lanze aufgespießt. Mit dumpfem Aufprall gingen Pferd und Reiter zu Boden.
Sebastians geschickter Umgang mit der Armbrust hatte mehrere Angreifer das Leben gekostet, doch sein Pfeilvorrat war zu einem höchst ungelegenen Zeitpunkt aufgebraucht. Während er vergeblich nach einem weiteren Bolzen tastete, griffen zwei von Zahirahs Clanmitgliedern ihn mit erhobenen Waffen und mordlüsternen
Weitere Kostenlose Bücher