Das Herz Von Elowia
aufgestellt. Zu Ihrer Überraschung war es nicht irgendein Krieger gewesen, sondern Antara, die mit einem wissenden Lächeln vor dem Zelt stand und mit dem Daumen hinein zeigte. »Du sahst wirklich erschöpft aus und so habe ich dir ein wenig geholfen.«
Lilith wäre ihr am liebsten um den Hals gefallen, doch sie fühlte sich so unendlich müde, dass sie nur ein leises »Dankeschön«, hervorbrachte und sich mit letzter Kraft ins Bett schlich und ohne Essen oder Trinken einschlief.
Sie träumte wieder und warf sich unruhig hin und her. Die Haare klebten ihn ihrem Gesicht und ihre Hände krallten sich in ihre Decke, die sie unter sich ausgebreitet hatte. Wie durch einen dichten Nebel kämpfte sie sich durch einen dunklen Wald. Die Äste waren dürre, knorrige Arme, die versuchten, sie in einen endlosen Abgrund zu ziehen. Wie aus dem Nichts spukte die zähe Nebelmasse Barrn hervor. Sie sah, wie Barrn sie aus leeren Augen anstarrte und mit erhobener Hand auf sie zu wankte. In seiner geballten Faust hielt er einen Dolch. Sie war wie gelähmt und der Boden schien unter ihr zu wanken, als Barrn ausholte und das Messer tief in ihren Stein rammte. Ein schriller Ton erfüllte die Luft und mit einem letzten, lauten Aufkreischen zersplitterte ihr Diamant in viele, bunte Glassplitter.
Sie wachte schreiend auf. Ihr Herz klopfte. Sie hatte unerträglichen Durst und sie bereute es zu tiefst, dass sie sich sofort schlafen gelegt hatte. Sie blinzelte in die rabenschwarze Dunkelheit hinein und tastete sich vorwärts. Ihre Finger stießen an etwas Kühles, Glattes. Behutsam tastete sie weiter. Sie erfühlte einen Henkel, und als sie den Krug vorsichtig hochhob, hörte sie ein leises Plätschern und kaltes Wasser lief über ihre Finger. Jemand hatte an sie gedacht und ihr Wasser ins Zelt gestellt. Gierig hob sie das Gefäß an ihre Lippen und trank. Es schmeckte herrlich. Sie ließ ihre Gedanken schweifen und rief sich ihren Albtraum ins Gedächtnis zurück. Immer wieder sah sie die Szene vor sich, wo Barrn mit seinem Dolch ihren Stein zerstörte.
Sie verschluckte sich und hustete. Tränen stiegen ihr in die Augen und sie stellte den Krug hektisch ab.
Sie rang nach Luft und gleichzeitig schnürte es ihr die Kehle zu. Es kam ihr so vor, als würde die Zeit stehen bleiben und alle Bilder ihrer Erinnerung mit einer gewaltigen Wucht auf sie einströmen. Barrn hatte ihren Dolch aufgehoben. Sie erinnerte sich an den Kampf mit den Wüstenräubern. Wie hatte sie dieses wichtige Detail nur verdrängen können? Im Traum war es ihr immer wieder erschienen, doch sie hatte ihm keine Bedeutung beigemessen.
Sie musste sich wieder hinlegen, so sehr zitterte sie. Er hatte ihren Dolch gesehen, der sonst jedem verborgen blieb und sein tödliches Geheimnis erst preisgab, wenn er sich tief in das Fleisch seines Feindes gegraben hatte. Jenen Dolch, den sie von diesem geheimnisvollen Mann bekommen hatte, diesem Mann, der auch vielleicht der Mörder ihrer Eltern war. Sie erinnerte sich noch genau an seine Worte, wie er damals geraunt hatte: »Es ist eine besondere Waffe. Bewahre ihn gut auf, denn nur sehr wenige Schmiede können eine solche Waffe herstellen. Es braucht viel Geschick und einen Stein der höchsten Stufe, um ein solches Wunderwerk zu vollbringen. Nur die Besitzer des Dolches können ihn sehen. Pass auf, dass du immer das Blut von seiner Klinge wischst, sonst verliert er seine Fähigkeiten.«
Sie nestelte an ihrem Stein und sie spürte, wie sich ihre Aufregung auf ihn übertrug und er gefährlich aufblitze. Wieder fühlte sie diese dunkle Seite in sich, die sich ihr raunend und wispernd offenbarte und in einem Chor aus tausend Stimmen flüsterte: »Töte, töte alle, vernichte, wüte, lass deinen Zorn und deine Wut bei all denen Gehör finden, die dich verspotten, dich beleidigen und dich geschlagen haben. Ich kann dich mächtiger werden lassen, als jedes Geschöpf Elowias, wenn du es nur zulässt. Sie werden leiden, wenn du dich über sie erhebst, so wie es dir zusteht.«
Sie schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Sie musste sich beruhigen, bevor sie die Kontrolle über ihren Diamanten verlor. Sie mochte sich nicht ausmalen, was passieren würde, wenn ihr Stein außer Kontrolle geriet und diese jungen und unerfahrenen Krieger angriff. Das würde sie sich nie verzeihen können. Die jungen Rev-Krieger mochten vielleicht denken, dass sie kämpfen konnten, aber sie wussten nicht, wie grausam das Gefecht wirklich war und wie tief der Verlust
Weitere Kostenlose Bücher