Das Hexenmal: Roman (German Edition)
übel!«, jammerte die junge Frau. Und schon würgte sie und erbrach sich.
»Wo soll ich dir einen Sud aufbrühen? Lass uns in ein Wirtshaus gehen, Franziska. Wir haben genügend Geld, um uns ein weiches Bett und eine anständige Mahlzeit leisten zu können.«
Doch die junge Frau gab nicht nach.
»Bitte, lass uns anderswo ein Schiff suchen. Ich habe hier kein gutes Gefühl …«
Verständnislos sah Johann sie an und seufzte. Dann blickte er müde zum Stadttor, das bald verschlossen werden würde. Die Dunkelheit war hereingebrochen, und nur der volle Mond erhellte ihnen den Weg zurück. Stumm gingen sie nebeneinander her. Den ganzen Tag hatte Johann sich auf ein kühles Bier und eine anständige Mahlzeit gefreut. Stattdessen würde es wieder nur trockenes Brot und Wasser aus einem Bach geben.
Um tiefer in den Wald zu gelangen, hatten sie den staubigen Weg verlassen. Unbewusst war Johann einem Geruch gefolgt, der in der Luft hing. Plötzlich standen sie vor einem kleinen Feuer, an dem zwei Männer und eine Frau kauerten und gebratenen Fisch aßen.
Burghard, Clemens und Katharina hatten das Paar nicht kommen hören. Sprachlos sahen sich die fünf jungen Menschen an, allesamt überrascht, auf andere Reisende mitten im Wald gestoßen zu sein.
Johann schaute gierig auf den Fisch, der an einem Spieß über dem Feuer briet. Franziska hingegen presste sich eine Hand vor den Mund, da ihr von dem Geruch übel wurde.
Mitfühlend fragte Burghard: »Ist sie krank?«
Katharina war bereits aufgesprungen, um Franziska zu helfen. Als sie im Schein des Feuers Johanns Gesicht besser sehen konnte, erstarrte sie für einen Augenblick. Doch auch er hatte sie an ihrem zu Zöpfen geflochtenen Haar erkannt.
»Du bist das Mädchen, das beim Heiler war«, stellte er erstaunt fest. »Was machst du hier – mitten im Wald und auf der anderen Seite des Berges?«
»Wer will das wissen?«, fragte Clemens unwirsch.
»Entschuldigt«, stammelte Johann, »es geht mich natürlich nichts an.«
»So sehe ich das auch!«, raunzte Clemens und aß weiter seinen
Fisch, ließ Johann dabei aber nicht aus den Augen. Katharina gab Franziska etwas zu trinken, während Johann einige Nüsse hervorkramte und begann, die Schale zu knacken.
»Ah, dein Weib ist guter Hoffnung …«
Fragend blickten alle zu Burghard.
»Nüsse helfen gegen Übelkeit.«
Nun war das Eis gebrochen, und Katharina und Burghard stellten sich dem jungen Paar vor.
Der Mönch, dem der hungrige Blick des jungen Mannes nicht entgangen war, fragte ihn daraufhin freundlich: »Möchtest du Fisch?«
Johann nickte dankbar und ergriff das Stück Baumrinde, auf dem ihm der Fisch gereicht wurde. Gierig aß er Stück für Stück. Dabei schaute er fragend Franziska an, doch die lehnte dankend ab und zerkaute lieber einige Nüsse.
»Also hatte der Magier doch Recht!«, lächelte Katharina.
Nachdem sie gegessen hatten, bot Katharina Johann und Franziska einen Nachtplatz am Feuer an. Fragend blickte Johann zu Clemens.
»Was schaust du mich an? Ich bin nicht der Anführer. Bleibt oder geht. Es steht euch frei.«
Johann war froh über die Schlafstelle im Kreis der Fremden. Während der Tage auf der Flucht hatte er nicht gewagt, tief und fest zu schlafen. Nachts war er oft aus einem unruhigen Halbschlaf aufgeschreckt, aus Angst, drohende Gefahr nicht rechtzeitig zu bemerken.
Hier mit anderen zusammen, hoffte er nun, sich entspannen zu können. Auch Franziska schien aufzuatmen, was Johann freute. Satt und zufrieden rollte er sich am Feuer neben ihr zusammen.
Kaum war er eingeschlafen, träumte er wieder von Bonner. Dieses Mal brannte hinter ihm ein Scheiterhaufen, und Johann glaubte, Franziska im Feuer zu erkennen. Wieder presste sie das Kind an sich und rief dabei Johanns Namen.
Schreiend setzte er sich auf. Sogleich waren auch die anderen wach. Johann sah in ihre besorgten Gesichter. Als er erkannte, dass er nur geträumt hatte, hörte sein Herz auf zu rasen.
»Möchtest du uns erzählen, was du geträumt hast?«, fragte Burghard. Zuerst zögerte Johann, doch dann sprudelten seine Ängste heraus.
Der Morgen graute bereits, als Clemens als Letzter seine Geschichte erzählt hatte.
Fünf junge Menschen hatten in dieser Nacht keinen Schlaf gefunden. Jeder war vom Schicksal des anderen berührt. Und so beschlossen sie, gemeinsam einen Weg zu finden, um unerkannt die Werra zu überqueren. Erst wenn sie im Hessenland wären, würden sie einer neuen Zukunft entgegenblicken
Weitere Kostenlose Bücher