Das Höllenventil Kommissar Morry
Jerry? Wie heißt er in Wirklichkeit?" wollte Helen wissen.
„Fragen haben Sie!"
„Warum antworten Sie mir nicht?"
Der Skipper grinste. „Ich darf nicht", meinte er dann nach kurzer Pause. „Wir werden Sie in den Orient verschaukeln. Oder nach Afrika. Nach menschlichem Ermessen werden Sie niemals Gelegenheit finden, in die Vereinigten Staaten zurückzukehren. Aber die Vorsicht gebietet es, daß wir diese Möglichkeit immerhin einkalkulieren. Deshalb kann ich Ihnen keine Namen nennen."
„Sie sind ein Schuft!"
Er zuckte die Schultern. „Schon möglich. Aber in diesem verdammten Leben kann sich nun mal nicht jeder leisten, ein Gentleman zu sein."
„Schicken Sie Jerry zu mir!"
„Ich will ihm gern ausrichten, daß Sie ihn sprechen möchten. Doch ich bezweifle, daß er Ihnen diesen Wunsch erfüllen wird. Der gute Jerry ist im Grunde genommen feige. Er bringt es zuweilen fertig, einen Menschen zu töten. Aber den Mädchen, die er nach Übersee verschaukelt, kann er nicht in die Augen blicken."
„Sagten Sie, daß er zuweilen einen Menschen tötet?" fragte Helen atemlos.
„Sicher! Er ist der sogenannte ,Kinomörder'. Haben Sie von dem noch nichts gehört? Sie hätten heute morgen bloß mal in die Zeitungen zu sehen brauchen."
„Deshalb hat er mich also nicht in die Zeitung blicken lassen", murmelte Helen.
„Wie bitte?"
„Nichts. Sagen Sie ihm, daß ich ihn hasse. Daß er eines Tages seine verdiente Strafe bekommen und daß —" Helen unterbrach sich. Sie war erschöpft und mutlos. Was für einen Zweck hatte es, Jerry zu beschimpfen?
„Sie wollen ihn also nicht sehen?"
„Nie wieder!"
„Ich werd's ihm sagen", meinte der Mann und stieß sich von dem Türrahmen ab. „Sie bekommen noch ein Abendessen, bevor wir losfahren. Wenn Ihnen die Hocker zu hart sind, können Sie das Bett runterklappen. Sonst noch Fragen?"
Helen schwieg.
„Bis später!" sagte der Skipper und ging hinaus. Helen hörte, wie er von außen den Schlüssel zweimal herumdrehte. Dann war Stille. Zu hören war nur das leise Plätschern der Wellen, die gegen den Schiffsrumpf schlugen.
Helen klappte den Tisch nach unten und setzte sich. Sie stützte den Kopf in die Hände und merkte, wie in ihren Augen die Tränen zu brennen begannen.
7
„Sie müssen ihn finden!" keuchte Desmond, hochrot im Gesicht. „Sie müssen ihn finden, ehe es zu spät ist! Wofür sind Sie denn Inspektor? Ihnen muß doch etwas einfallen, verdammt noch mal! Es geht um meine Tochter, um Helen!"
„Es wäre besser gewesen, Sie hätten Ihre Verpflichtungen sorgfältiger erfüllt, Mr. Desmond", sagte Barker. „Man schickt seine Tochter nicht mit dem erstbesten Mann auf Reisen! Schon gar nicht, wenn man keine Ahnung hat, wer er eigentlich ist!“
„Aber wir haben ihn doch gekannt, Inspektor!" verteidigte sich Desmond. „Volle zwei Monate —"
„Sie waren niemals in seiner Wohnung. Sie wissen nicht einmal, womit er sein Geld verdiente. Ihnen genügte die Überzeugung, daß er Geld hatte, was?“
Mr. Desmond tupfte sich mit einem Taschentuch die Stirn ab. „Er machte einen so fabelhaften Eindruck", erinnerte er sich, „und Helen war sogar schon in seiner Wohnung."
„Leider können Sie uns nicht sagen, wo sich diese Wohnung befindet."
„In der Nähe des Central Parks. Das ist alles, was ich weiß", murmelte Mr. Desmond.
Außer dem Tankstellenpächter befanden sich noch Leutnant Smith und Milton Perry im Office des Inspektors.
Der Leutnant saß auf der Ecke des Schreibtisches und sagte seufzend: „Fest steht, daß der Mann, den wir suchen, nicht Dickerson heißt. Wir haben alle in New York lebenden Leute dieses Namens überprüft. Keiner entspricht der Beschreibung des Mörders."
Gus Desmond fuhr sich mit einer verzweifelt anmutenden Geste durch das Haar. „Der Gedanke, daß Helen sich in der Gewalt dieses Unholds befindet, raubt mir den Verstand!"
„Wie haben sich die beiden eigentlich kennengelernt?" fragte der Inspektor.
„In einem Speiselokal. Er hat sie angesprochen, als sie neben ihm saß."
„Was war das für ein Speiselokal?"
„Keine Ahnung, Inspektor."
„Haben sich Ihre Tochter und dieser Mann oft getroffen?"
„Mindestens zweimal in der Woche."
„Und ich hatte anfangs keine Ahnung davon", bemerkte Milton bitter. „Sie hat mich erst sitzen lassen, nachdem sie meinte, ihn fest an der Angel zu haben."
„Ja", meinte Bark er, „das mag sie gedacht haben. Aber wir wissen, daß sich die Sache genau umgekehrt verhält. Miß
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