Das Horror-Telefon
Todes, sagst du.«
Dann lachte sie und warf den Kopf zurück.
Sie lachte weiter, bis sie sagte: »Ja, warum eigentlich nicht? Die Kälte des Todes. Ist ja ganz einfach. Nur die Kälte des Todes, nicht die aus der Tiefkühltruhe, sondern…«
»Madge, bitte…«
»Hör auf, so zu reden!« schrie sie. »Hör auf, verdammt noch mal. Ich drehe hier bald durch.« Sie deutete zum Fenster hin. »Dort, genau dort hat er gestanden. Es war Tom, es war dein toter Verlobter. Und er sah aus wie früher. Nur zitterte seine Gestalt, verstehst du? Das… das war ein Geist.«
»Ich weiß es doch.«
Madge wollte nachhaken, mußte aber erst Luft holen, bevor sie sich wieder fangen konnte. »Okay, Yvi, du weißt es. Und das sagst du mir einfach so?«
»Ja.« Die Antwort kam zögernd.
»Warum hast du mich dann nicht gewarnt und mich voll ins Messer laufen lassen?«
»Ich habe es erst heute erfahren.«
Madge starrte die Freundin aus verquollenen Augen an. »Wer hat dir das denn gesagt?«
»Keiner.«
»Und wie konntest du es erfahren?«
»Durch ihn.«
»Er… er…«, Madge holte tief Luft. »Kam er denn zu dir, verdammt noch mal?«
»Er meldete sich.«
Madge schlug die Hände vors Gesicht. »Ich packe es nicht!« keuchte sie. »Verdammt noch mal, ich komme nicht mehr zurecht! Ich… ich packe es einfach nicht!«
»Das ist auch schwer, aber…«
»Hör doch auf.« Sie befreite ihr Gesicht wieder und sprang auf. Unruhig lief sie im Zimmer auf und ab. »Hör zu, Yvi, ich will dir nichts Böses, wirklich nicht. Wir sind Freundinnen und vertrauen einander. Wir reden miteinander. Jede hat für die andere Verständnis, das ist alles okay. Aber irgendwo gibt es auch eine Grenze. Eine Grenze, die mir meine Nerven setzen, weil sie einfach nicht mehr mitspielen. Und dieser Punkt ist nun erreicht, Yvi. Ich… ich kann einfach nicht mehr. Hast du dafür Verständnis?«
»Sicher.«
Madge war vor der Freundin stehengeblieben. »Ich bin fertig. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll, was ich denken soll. Es ist alles so verdammt anders geworden. Für mich hat die normale Welt einen Knick bekommen. Sie ist abgekippt, einfach so. Sie ist nicht mehr dieselbe, wie sie noch vor zwei Stunden war. Ich habe ein anderes Bild bekommen, und es ist nicht besser geworden, das kannst du mir glauben, Yvi. Und da mache ich nicht mehr mit.«
Sie war vor Yvette stehengeblieben und schaute auf sie nieder.
»Ja, ich kann dich verstehen.«
»Und du?«
»Wieso?«
Madge hob die Arme und fuchtelte mit den Händen. »Was willst du denn tun? Mit dem Bewußtsein leben, daß es deinen Verlobten Tom Wade noch gibt? Daß er gar nicht gestorben ist? Kannst du das tatsächlich?«
»Ich hoffe es sehr.«
Madge lachte beinahe kreischend. »Das packe ich nicht. Du willst ihn also wieder empfangen.«
»Er ist aus dem Jenseits zurückgekehrt. Er hat mich angerufen, ich habe mit ihm gesprochen. Es war wunderbar, wieder seine Stimme zu hören. Du weißt doch, wie sehr wir uns geliebt haben. Und er war auch hier. Du bist selbst aus dem Bad gekommen, und dein Gesicht war dabei bleich wie Kreide. Im Bad ist er gewesen, dort hat er seine Spuren hinterlassen. Die Kälte, das Eis an den Wänden und auf dem Fußboden. Das alles hast du gesehen, Madge, und nun kannst du dir deine eigenen Reim darauf machen.«
»Nein, kann ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil es mir einfach nicht möglich ist, über gewisse Barrieren hinweg zu denken.«
»Das mußt du aber.«
»Nein!« schrie sie und ballte die rechte Hand zur Faust. »Wer tot ist, der ist tot. Und wenn er zurückkommt, dann nur, wenn ich mir einen dieser widerlichen Zombiefilme ansehe, wo ein paar irre Typen metzelnd durch die Gegend laufen, perfekt geschminkt sind und dir die Grausamkeiten den Magen hochdrücken. Das ist es doch, was ich meine, Yvi. Und deshalb mußt du mich verstehen.«
»Ja, alles in Ordnung.«
»Und du bist nicht böse, wenn ich dieses Spukzimmer oder die Horror-Wohnung verlasse?«
»Warum sollte ich?«
»Okay, dann ist es gut. Ich möchte dir noch eines versprechen, Yvi. Ich werde mit keinem anderen in Kontakt treten. Ich werde keinem anderen sagen, was ich erlebt und gesehen habe. Ist das okay?«
»Wie du meinst.«
»Danke.« Madge senkte den Kopf und ging zur Seite. Sie mußte sich wieder setzen. »Einen Schluck nehme ich noch. Darf ich?«
»Dumme Frage. Natürlich darfst du.«
Madge goß sich einen doppelten Drink ein. In den letzten Minuten hatte sie sich verändert. Sie war auch nicht
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