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Das Hospital der Verklärung.

Das Hospital der Verklärung.

Titel: Das Hospital der Verklärung. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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ausfüllte.Hinter Glas blickten einige abstoßende Gesichterstudien von Leonardo da Vinci dunkel auf Stefan herab; bei einer war das Kinn nach oben geschwungen wie die Spitze eines alten Holzschuhs, die Augenhöhlen hatten die Form runzliger Nester. Dort gab es Schädel mit spiraler Deformation zu sehen, ferner Phantasiegeschöpfe Goyas, deren Ohren zusammengelegten Fledermausflügeln glichen und deren Kiefer aufeinanderlagen. Zwischen den beiden Fenstern hing eine große Gipsmaske aus der Kirche Santa Maria Formosa; die rechte Gesichtshälfte gehörte einem obszön grinsenden Zecher, die linke war von einer Geschwulst ausgebaucht, darin ein vorquellendes Auge und spärliche, spatelförmige Zähne schwammen.
    Da Kauters bemerkte, daß Stefan sich neugierig umsah, zeigte er ihm bereitwillig noch diesen oder jenen Gegenstand seiner Sammlerleidenschaft. Er besaß ein gewaltiges Album voll Meunierscher Kupferstiche, die altertümliche Heilmethoden für Geisteskranke veranschaulichten: Rotieren in großen Holztrommeln, Fesseln mit sinnreich ausgeklügelten Marterstacheln, Gruben voller Klapperschlangen, die einen heilsamen Aufenthalt für die umnachteten Geister gewährleisten sollten, Eisenbirnen, die in den Mund gestopft und mit einer kleinen Kette am Hinterkopf befestigt wurden, um den Patienten am Schreien zu hindern.
    Als Stefan vom Schreibtisch wieder seinem Sessel zustrebte, gewahrte er auf den Schränken eine Reihe hoher Gläser, in denen violette und grau-bläuliche Gebilde zu erkennen waren.
    »Ach ja, das ist meine Kollektion«, sagte Kauters und wies der Reihe nach mit dem Rohrstock auf die Gläser. »Da ist ein Kephalothorakopagus, weiter ein Kraniopagus parietalis, sehr schönes Exemplar einer Mißbildung,und dann noch der sehr seltene Epigastrius. Der letzte Fötus dort ist ein herrlicher Diprosopus, dem so etwas wie ein Bein aus dem Gaumen wächst – leider ist er bei der Geburt ein wenig zu Schaden gekommen. Ich habe noch ein paar andere, aber weniger interessante …«
    Er entschuldigte sich für einen Moment und öffnete die Tür. Mit leisem Porzellangeklirr trat Frau Kauters ein. Sie trug ein schwarzgelacktes Tablett vor sich her, auf dem ein hochrotes Service mit Silberrand dampfte. Auch diesmal staunte Stefan nicht schlecht.
    Frau Amelia hatte einen großen, weichen Mund und harte Augen, denen ihres Gatten ähnlich. Wenn sie lächelte, entblößte sie ihre gewölbten, mattglänzenden Zähne. Sie konnte kaum als hübsch gelten, zog jedoch den Blick auf sich. Ihr schwarzes Haar war unterhalb der Ohren zu schweren Gehängen geflochten, die bei jedem Schritt schwankten, und da sie wußte, daß sie schöne Arme besaß, trug sie eine Bluse mit kurzen Ärmeln, im Dekolleté von einem dreieckigen Amethyst zusammengehalten.
    »Gefallen Ihnen unsere Figürchen?« fragte der Chirurg, während er Stefan die geschnitzte Zuckerdose in Form eines Wikingerschiffs reichte. »Nun, wenn man auf soviel verzichten mußte wie wir, hat man ein Recht auf Originalität.«
    »Unser Nest ist weich gepolstert«, sagte seine Frau und berührte mit den Fingerspitzen eine flauschige Katze, die lautlos ihren Sessel erklomm. Frau Amelias Hüftlinie, voll und träge, verlor sich in der schwarzen Spirale ihres Rockes.
    Stefan wunderte sich nicht mehr, er ließ einfach die Dinge auf sich wirken. Der Kaffee war vorzüglich, seit Jahren hatte er keinen solchen getrunken. Manche Teile der Einrichtung schienen der Phantasie jenes Hollywoodregisseurs entsprungen, der den »Salon eines ungarischen Fürsten« zeigen möchte, ohne Ungarn zu kennen. An Kauters’Wohnungstür endete, wie mit einem Messer abgetrennt, diese allgemeine Atmosphäre von Krankenhausmauern, auf Hochglanz polierten Kacheln und Zentralheizungen.
    Als Stefan so das gelbliche Gesicht des Chirurgen betrachtete, dessen Augenlider wie ungeduldige Falter hinter den Brillengläsern flatterten, da meinte er, dieses Zimmer spiegele Kauters’ Innenleben wider. Dieser Gedanke kam ihm, als das Gespräch Sekulowski streifte.
    »Sekulowski?« Der Chirurg zuckte die Achseln. »Wieso Sekulowski? Er heißt doch Sekula.«
    »Hat er seinen Namen geändert?«
    »Nein, wozu auch? Damals, als es den Skandal um sein Buch gab, hat er ein Pseudonym angenommen. Wie war doch gleich der Titel …«, wandte er sich an seine Gattin.
    Frau Amelia lächelte. »›Staatsfördernde Betrachtungen‹. Oh, Sie haben es nicht gelesen? Ach, wie schade. Nein, wir besitzen es nicht. Es hat seinerzeit soviel

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