Das Hotel
behilflich sein?«
Maria nickte und fand den richtigen Schlüssel. Nachdem sie die Tür geöffnet hatte, wurde sie Zeugin einer ausgiebigen Mutter-Tochter-Hund-Wiedervereinigung. Sie war gerührt. Seit dem Tag ihrer Entführung hatte sie keinen normalen Menschen mehr gesehen – von der Liebe, die sich vor ihr entfaltete, ganz zu schweigen. Aber sie mussten weiter. Es gab noch weitere Gefangene, und Eleanor besaß Waffen und zahlreiche Psycho-Kinder.
Eine ganze Horde davon.
» Wir müssen uns beeilen«, mahnte sie.
Letti schien ihre Tochter gar nicht mehr loslassen zu wollen. Sie schaffte es dennoch. » Kelly, das ist Maria. Sie hat uns gerade das Leben gerettet.«
» Nachdem JD das meine gerettet hat«, antwortete Maria.
Kelly reichte Maria die Hand. Sie sah ihrer Mutter sehr ähnlich.
» Hier gibt es noch mehr Leute«, erklärte Kelly. » Eine schwangere Frau und einen Jungen namens Cam. Wenn ich mich nicht täusche, ist das Ihr Bruder.«
Maria stockte der Atem. » Hast … Hast du Cam gesagt?« Ohne auf eine Antwort zu warten, formte Maria die Hände zu einem Trichter und brüllte: » Cam!«
» Maria!«
Sie rannte den Flur entlang und öffnete die Zelle, aus der seine Stimme gekommen war. Als sie Cam sah – ihren Bruder Cam –, wie er mit schiefem Grinsen im Gesicht vor ihr stand, fing sie hemmungslos zu heulen an.
Sie umarmte ihn so fest, dass er aufschrie.
Sie stand kurz vor dem Zusammenbruch, so sehr überwältigte sie alles. Für einen Moment verschwand der Albtraum, in dem sie sich seit einem Jahr befand, und wurde von glücklichen Kindheitserinnerungen, Sicherheit und Liebe verdrängt.
» Wir haben dich gefunden«, sagte Cam. » Felix und ich. Wir haben das ganze Jahr über gesucht.«
Maria hielt Cam an den Schultern fest, und ihre Augen weiteten sich. » Felix? Felix ist auch hier?«
» Sie haben ihn zu einem Typen namens Ronald gebracht.«
Ronald? Oh, nein …
» Ronald ist kein Typ. Ronald ist ein …«
» Helft mir!«
Die Frauenstimme kam aus der gegenüberliegenden Zelle. Maria ließ widerwillig von ihrem Bruder ab und eilte hin. Die Frau war älter als sie, etwa Ende Dreißig, und trug ein zerfetztes Schürzenkleid. Sie hatte lange verfilzte Haare wie Maria, und ihr Bauch war so dick, dass sie wohl kurz vor dem Ende ihrer Schwangerschaft stand.
» Gott sei Dank«, schluchzte die Frau, fiel auf die Knie und fing zu weinen an. » Ich habe schon so lange darum gebetet, endlich gerettet zu werden.«
Maria schenkte ihr keine echte Aufmerksamkeit. Sie dachte nur an Felix und Ronald.
Ich muss hier raus. Ich muss ihm helfen.
» Wie heißen Sie?«, fragte Letti die Frau.
» Sue Corall.«
» Sind Sie alleine hier, Sue? Oder gibt es noch jemanden?«
» Meinen Mann, Larry.«
» Ist Ihr Mann auch hier?«
Sue antwortete nicht, und ihre Augen wurden glasig.
» Sue?«
» Ich … Ich glaube, er ist in der nächsten Zelle. Jimmy … der Bucklige … Er … Er hält sich …«
Letti nahm Maria, die auf eine andere Zellentür starrte, die Schlüssel ab.
Die kenne ich. Das ist meine Zelle. Eher sterbe ich, als dass ich mich da wieder hineinstecken lasse.
Letti fand den Schlüssel, steckte ihn ins Schloss, drehte ihn um und öffnete die Tür einen Spalt. » Oh … Mist.« Sie wandte sich ab, ehe sie die Tür richtig geöffnet hatte. Sue humpelte zu ihr, doch Letti ergriff sie an den Schultern und hielt sie davon ab, die Zelle zu betreten.
» Das ist mein Mann!«, flehte Sue.
» Sue … Sie sollten wirklich nicht …«
» Lassen Sie mich los!«
Letti ließ die Frau durch, und Maria beging den Fehler, ihr zu folgen. Der Gestank traf sie zuerst. Fäkalien, Urin, Fäule und Verwesung.
Doch der Anblick war weitaus schlimmer.
» Wow«, stieß Cam aus.
Sues Mann lag auf dem Boden.
Zumindest das, was von ihm übrig geblieben war.
Ihm fehlten ein Bein, die linke Hand, die Hälfte des rechten Arms, ein Ohr und ein Auge. Stümperhafte Nähte auf seinem Körper ließen vermuten, dass auch innere Organe entfernt worden waren. Seine Schultern waren ausgerenkt und standen in unnatürlichen Winkeln von ihm ab.
Die Hände hinter den Rücken gebunden und dann in die Tiefe gestürzt. Das arme Schwein.
Sue schrie auf, fiel neben ihrem Mann auf die Knie und nahm sein Gesicht in die Hände. Er stöhnte bei ihrer sanften Berührung auf.
Zähne hat er auch nicht mehr.
Larry sagte etwas. Selbst ohne Zähne konnte Maria es verstehen.
» Tö… Tötet mich. Bitte … Macht ein Ende.«
» Helft ihm
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