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Das Jesusfragment

Das Jesusfragment

Titel: Das Jesusfragment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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uns die beiden Bilder nützlich sein könnten.«
    »Ich glaube, der Kupferstich enthält Notizen meines Vaters. Hier unten sehe ich nichts, aber wenn wir bei Ihnen sind, schauen wir uns das genauer an.«
    Sie half mir hochzuklettern. Schweigend verließen wir das Haus, klebten das Siegel der Polizei sorgfältig wieder an die Tür und eilten zum Auto zurück. Niemand schien uns gesehen zu haben, und ich stieß einen erleichterten Seufzer aus, als Sophie den Motor anließ.
    Die dunkle Nacht lag schwer über den Straßen von Gordes. Um die Straßenlaternen lagen breite gelbe Lichtkreise wie Luftblasen in einem riesigen Aquarium. Das ganze Dorf lag in tiefem Schlaf. Sophie fuhr durch die engen, kopfsteingepflasterten Gassen bis zu der breiten abschüssigen Straße, die in das dunkle Tal hinunterführte.
    Als wir endlich bei ihrem Haus angekommen waren, sah ich, wie sich Sophies Gesichtszüge verkrampften. Sie bremste unvermittelt und schaltete die Scheinwerfer aus.
    »Was tun Sie da?«, fragte ich überrascht.
    »Vor unserem Haus steht ein Auto!«
    Ich wandte den Kopf zur Seite. Das Haus stand nur wenige Meter entfernt. Äste versperrten die Sicht auf die Fassade. Ich reckte mich von meinem Sitz hoch und sah das Auto, das vor dem Haus parkte. Das Nummernschild war nicht zu erkennen. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass es sich um die große schwarze Limousine meiner beiden Angreifer handelte.
    »Die Raben!«
    »Scheiße!«, rief ich und schlug auf das Armaturenbrett. »Scheiße und nochmals Scheiße! Was sollen wir jetzt tun?« Sophie hatte den Audi direkt vor der Schranke angehalten, hinter der das Grundstück begann. Das Schweigen, das sich zwischen uns ausbreitete, schien eine Ewigkeit zu dauern.
    Die Haustür ging auf, und ein hochgewachsener Mann in einem langen schwarzen Mantel erschien auf der Türschwelle.
    Sophie legte sofort den Rückwärtsgang ein und ließ den Wagen über den Sandweg auf die Straße zurückrollen. Der Mann eilte zur Limousine. Dann trat ein zweiter Rabe aus dem Haus. Plötzlich ertönte ein lauter Knall, dann ein Scheppern, und ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, dass auf uns geschossen wurde. Der zweite Mann rannte auf uns zu, den Arm nach vorn gestreckt. Ein grelles Licht flammte auf, dann ertönte ein zweiter Schuss. Die Kugel zersplitterte den rechten Außenspiegel.
    »Scheiße!«, wiederholte ich ziemlich dämlich und duckte mich hinter das Armaturenbrett.
    Sophie schaltete die Scheinwerfer wieder ein und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Der Audi fuhr mit heftigem Knirschen los. So weit außerhalb des Dorfes gab es keine einzige Straßenlaterne, und man konnte den Straßenrand kaum erkennen. Eine kurvenreiche Straße. Gefährlich. Die Straße, auf der mein Vater gestorben war. Es lief mir kalt den Rücken herunter. Ich schloss die Augen und versuchte, das Bild zu verdrängen. Das Bild meines leblosen Vaters in einem zerbeulten Auto. Seinen blutigen Körper.
    Das Auto scherte immer wieder aus, aber Sophie lenkte mit ruhigen Bewegungen, damit wir nicht im Graben landeten. Ich war mir sicher, dass sie besser fahren konnte als ich, schließlich hatte ich bereits bemerkt, dass sie die Geschwindigkeit liebte. Ich klammerte mich an die Lehne des Sitzes und wandte den Kopf, um nach unseren Verfolgern zu sehen. Die Limousine hatte die Schranke passiert. Sie fuhr auf der Straße hinter uns her.
    »Halten Sie sich fest«, rief Sophie und lenkte den Wagen scharf nach links.
    Ich wurde gegen die Tür geschleudert und prellte mir heftig die Schulter. Am Ende der Kurve ließ ich mich rasch auf den Sitz zurückfallen, zurrte meinen Gurt wieder fest und verzog das Gesicht. In diesem Moment fiel ein weiterer Schuss. Dann noch einer. Mit einem trockenen, metallischen Knall durchschlugen die Kugeln das Blech des Autos.
    Ich warf Sophie einen Blick zu. Sie hatte die Lippen zusammengepresst und ihre Stirn war gerunzelt. Sobald die Sicht es erlaubte, gab sie wieder Gas. Der Audi wurde bei den heftigen Beschleunigungen hin- und hergeschüttelt. Ich geriet in Panik. Es gab keinen Ausweg mehr. Die Männer würden uns auf dieser langen dunklen Straße einholen.
    Im Rückspiegel sah ich, wie die Scheinwerfer der Limousine immer größer wurden. Dann schaute ich auf den Tacho. Sophie fuhr fast hundert Stundenkilometer. Bei tiefster Nacht. Auf einer kleinen kurvigen Strecke mit unvorhersehbaren Abgründen. Der geringste Fahrfehler würde uns in den Tod stürzen.
    Und unsere Verfolger näherten sich

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